CDU im Interview zur Landtagswahl„Die Flut hat unsere Gesellschaft gestärkt“

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Klaus Voussem (v.l.), Dr. Ralf Nolten und Oliver Krauß sind die drei Kandidaten der CDU für die Landtagswahl im Kreis Euskirchen.

  • Wahlkreis Euskirchen I: Für Klaus Voussem sind bessere Katastrophen-Frühwarnsysteme und klimaresilientes Bauen wichtig.
  • Wahlkreis Euskirchen II: Auch außerhalb der Zentralorte will Ralf Nolten Flächen für Wohnen, Handel und Gewerbe ausweisen lassen.
  • Wahlkreis Euskirchen III: Für Oliver Krauß hat die nachhaltige Entwicklung der Verkehrswege größte Bedeutung.

Kreis Euskirchen – Die Redaktion befragte die Kandidaten der CDU im Kreis Euskirchen nach Themen wie Erneuerbaren Energien, die Flutkatastrophe und die Motivation für ihr politisches Engagement.

Was hat Sie bewogen, in die Politik zu gehen?

Voussem: Meine ersten politischen Schritte habe ich in der Kommunalpolitik gemacht. Ich wollte konkrete Politik für meine Heimat machen und diese aktiv mit gestalten. Nach wie vor empfinde ich es als eine große Ehre, die Interessen der Menschen vor Ort zu vertreten und Anwalt der Region zu sein.

Nolten: Ich möchte gestalten, habe immer eigene Ideen, Initiativen entwickelt, Anträge geschrieben und versucht, auch andere zu überzeugen. Denn Politik ist das Einbinden vieler zur Realisierung eines Projektes.

Krauß: Mit meiner Schulzeit zusammen fielen die Friedensbewegung, Kundgebungen gegen die USA, „No Future“-Sticker, die Auseinandersetzungen um den „NATO-Doppelbeschluss“. Solche Anfangskraft wollte ich unterstützen.

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Klaus Voussem, hier mit NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst.

Warum wollen Sie wieder in den Landtag?

Voussem: Viel gemacht, viel zu tun. Das trifft es am besten. Wir haben in den vergangenen Jahren eine echte Erfolgsstory im Kreis Euskirchen geschrieben, indem wir als CDU-geführte Landesregierung über 76 Millionen Euro an Fördermitteln hierher geholt haben. Dabei waren größere Projekte wie der Neubau von Bürger- und Feuerwehrhäusern, sanierte Sportstätten, aber auch viele kleine Nachbarschaftsprojekte, die wir realisieren konnten.

Wir haben die Landespolitik weggeführt vom Großstadtdenken und auch die ländlichen Regionen in den Blick genommen. Daher möchte ich an meine geleistete Arbeit anknüpfen und diese fortführen, denn da geht noch mehr.

Nolten: Nach 30 Jahren in kommunaler und regionaler Arbeit, als Fraktionsvorsitzender, kommunaler Sprecher in regionalen Gremien, weiß ich, woran es vor Ort hapert. Da möchte man die größeren Einflussmöglichkeiten, die ich als Landtagsabgeordneter habe, auch nutzen. In den letzten fünf Jahren habe ich schon bei der Abwassergebührenhilfe, beim Programm Feuerwehrgerätehäuser, bei Fragen der Wasserwirtschaft, der Wirtschafts- und der Vereinsförderung Impulse setzen können.

Krauß: Hochwasser, Pandemie, gewaltbereite Bedrohung, Klimawandel oder Konfliktmigration – schafft unsere Gemeinschaft im maßlosen Wandel keinen Zusammenhalt, verliert sie Schutz und Chancen. Ich bewerbe mich für eine Politik, die eigene Initiative in allen Generationen ermutigt, Hindernisse für Freiheit und Sinnerfahrung überwindet und der Jugend ein Zukunftsversprechen gibt.

Was ist für die Landespolitik das zentrale Thema für den Kreis Euskirchen?

Voussem: Die Schrecken der Flutkatastrophe haben offengelegt, wo die Politik nachbessern muss. Wir müssen den Hochwasser- und Bevölkerungsschutz verbessern, denn das nächste Starkregenereignis kommt bestimmt. Es darf uns aber nicht mehr so schutzlos treffen. Gerade das Frühwarnsystem muss verbessert werden, etwa durch mehr Sirenen, im Notfall sollen auch Kirchenglocken die Menschen warnen – Hauptsache, die Warnung kommt an.

Innenminister Herbert Reul hat dazu einen 15-Punkte-Plan erarbeitet, um solche Ereignisse besser bewältigen zu können. Daneben wollen wir auch das dritte Kita-Jahr beitragsfrei stellen, denn so entlasten wir Familien und bieten Kindern bestmögliche Entwicklungschancen.

Nolten: Die verkehrliche Erschließung  – Lückenschluss der A 1, Ortsumgehung Roggendorf – liegt nun wieder stärker in der Hand des Bundes. Der Neubau der Kindertagesstätten, der Ausbau der OGS, die Sanierung der Schulen sind die größten Herausforderungen für Kommunen und Land.

Krauß: Der Wiederaufbau nach der Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 hat weiterhin oberste Priorität. Das Land muss starker Partner bleiben für Klimaanpassung und neuen Schutz vor Hochwasser und Starkregen. Nur wer keine Angst haben muss, kann wirklich frei leben.

Die Mobilisierung für ein lebenslanges Lernen darf nicht nachlassen. Neustarts müssen auch in der älteren Generation gelingen, attraktive Berufsbilder dem Fachkräftemangel begegnen, Inklusion und Integration gut gemacht werden.

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Dr. Ralf Nolten

Was ist das zentrale Thema für den Kreis Euskirchen, wenn der Wiederaufbau nach der Flutkatastrophe ausgeklammert wird?

Voussem: Unsere Region lebt von der Mobilität – und diese Mobilität wollen wir erhalten und verbessern. Über 26 Millionen Euro wurden seit 2017 in den Erhalt unserer Landstraßen investiert. Noch nie gab es mehr Geld dafür. Die Elektrifizierung der Eifelstrecken, bessere ÖPNV-Anbindungen und ein verzweigtes Fahrradwegenetz bieten Mobilität für alle. Dennoch muss Mobilität bei den hohen Energiepreisen weiterhin bezahlbar sein. Daher möchte ich mich weiterhin dafür einsetzen, dass ländliche Regionen berücksichtigt werden.

Nolten: Aktuell wird der Regionalplan Köln erstellt. Hier brauchen wir vor allem für den Südkreis die Möglichkeit, Wohn-, Gewerbe- und Einzelhandelsflächen auch außerhalb der Zentralorte auszuweisen. Nur so kommen wir zukünftig mit den Nutzungen aus den Überschwemmungsbereichen heraus. Im Umfeld des Nationalparks brauchen wir die Ausweisung von Flächen für die Entwicklung eines Angebotes für Erholungssuchende und Touristen. Damit wir auch 2040, 2050 noch vom Nationalpark profitieren können.

Krauß: Vorgezogene Elektrifizierung der Eifelstrecke und der Erfttalbahn, beschleunigte Realisierung der S-Bahn nach Köln, begleitende Infrastrukturmaßnahmen an den Bahnübergängen, Ausbau des Weilerswister Bahnhofs zu einer Mobilstation.

Die nachhaltige Entwicklung unserer Verkehrswege hat größte Bedeutung für alle Generationen, bedarfsgerecht, nachhaltig, in sozialer und wirtschaftlicher Verantwortung, für Einzelhandel und Gewerbe. Zentrale Aufgabe bleibt die nachhaltige Entlastung unserer Ortschaften von Schwerlastverkehr und Emissionen.

Wie soll der Ausbau von Erneuerbaren Energien vorangetrieben werden?

Voussem: Der Ausbau der Erneuerbaren Energien ist nicht mit einem Fingerschnippen getan. Wir müssen Energiesicherheit, Bezahlbarkeit und Umweltbelange miteinander denken, nicht gegeneinander. Denn eine warme Wohnung darf kein Luxus sein. Wir halten am Kohleausstieg bis 2030 fest. Die Akzeptanz für Windenergie wollen wir durch Beteiligung der Kommunen und Anwohner am Ertrag erhöhen.

Nolten: Unter Einbeziehung der Menschen. In meinem Wahlkreis ist der Ausbau der Windenergie schon weit fortgeschritten. Freiflächenphotovoltaik stehe ich kritisch gegenüber – wer das Fünf-Hektar-Ziel ernst nimmt, sollte stattdessen verstärkt Dachflächen von Wohnhäusern und Gewerbehallen nutzen.

Krauß: NRW ist Treiber der Energiewende, reduziert Treibhausgasemissionen mit Tempo, entwickelt sich zum Wasserstoffstandort Nummer eins in Europa.

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Oliver Krauß

Welche Chancen kann die Flut  für den Kreis bieten?

Voussem: Die Flutkatastrophe lehrt uns, Städtebau neu zu denken und Politik anders zu gewichten. Wenn wir etwas bauen, dann klimaresilient. Es wurden  Chancen ergriffen, die vorher nicht möglich waren, etwa bei der Elektrifizierung der Eifelstrecken. Ich habe mich im Verkehrsausschuss dafür eingesetzt, dass wir Wiederaufbau und Elektrifizierung zusammen durchführen können. Das ist ein echter Mehrwert für die Region. Es gibt aber auch Chancen im Miteinander, denn die Katastrophe hat unsere Gesellschaft hier gestärkt.

Nolten: Der Neu- und Ausbau der technischen und sozialen Infrastruktur wird nach neuestem Standard erfolgen. Das ist ein Wettbewerbsvorteil. Gleiches gilt für die private Bauvorsorge. Während Kommunen andernorts bei der Überarbeitung ihrer Brandschutzbedarfspläne zum Bevölkerungsschutz in der Theorie unterwegs sind, haben die Kommunen hier praktische Erfahrungen gemacht.

Krauß: Die Hochwasserkatastrophe zwingt zur Neubewertung von Risiken. Die Konzepte staatlichen Schutzes und überörtlicher Hilfe müssen darauf reagieren. Nicht zuletzt aber kommt es auf die Stärkung örtlicher Kompetenz an, um künftig zu bestehen. Feuerwehr, soziale Dienste, Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, Krisenreaktionskräfte, die genaueste Ortskenntnis haben. Je mehr Ressourcen aktiviert werden, desto mehr Widerstandskraft entsteht.

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Was schätzen Sie am Kreis Euskirchen?

Voussem: Der Kreis Euskirchen ist meine Heimat. Hier fühle ich mich zuhause, denn er bietet Arbeit, Erholung und Natur. Es gibt immer wieder neue Ecken zu entdecken, das macht den Charme aus. Einzigartig machen unsere Heimat aber die starken Gemeinschaften, die den Herzschlag unserer Gesellschaft bilden und diese mit ihrem Brauchtum, etwa zu Karneval, ausfüllen.

Nolten: Die Eifel hat zu jeder Jahreszeit ihren Charme. Die Landschaft prägt die Menschen – sagt man. Ich mag die offene, kernige, unverblümte, aber durchweg freundliche Art der Eifeler.

Krauß: Die Mitmenschlichkeit, die ich erfahre, und die Plätze und Gelegenheiten des Zusammenseins.

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