Buch lüftet GeheimnisseDie vielen Rätsel um den Recherhof bei Schmidtheim

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Bodo Bölkow (l.) und Klaus Jonas vom Dahlemer Arbeitskreis Kultur & Geschichte mit der neuesten Publikation zur Geschichte des Recherhofs bei Schmidtheim.

Bodo Bölkow (l.) und Klaus Jonas vom Dahlemer Arbeitskreis Kultur & Geschichte mit der neuesten Publikation zur Geschichte des Recherhofs bei Schmidtheim.

Einst war der Recherhof bei Schmidtheim von großer Bedeutung. Nun wird das eine oder andere Geheimnis in einem Buch gelüftet.

Viele Rätsel ranken sich um die Motte Zehnbachhaus und den Recherhof auf der Grenzgemarkung zwischen Schmidtheim und Blankenheim. Jetzt hat Ralf Gier einige der Fragen beantwortet.

Der Hobbyhistoriker, der familiäre Wurzeln in Stadtkyll hat, sichtete über zehn Jahre die Archive der Grafen von Manderscheid-Blankenheim und der einstigen Kronenburger Unterherrschaft Schmidtheim.

Die Motte und der heute verfallene Recherhof liegen an der Urft zwischen Schmidtheim und Blankenheim, nur durch die Bahnlinie Köln-Trier getrennt und bald auch entlang des Rhein-Venn-Radweges zu erreichen. Zum einen ist da der markante Hügel der Motte im Mündungsdreieck von Zehnbach und Urft. Ein Holzsteg führt auf die Insel, eine Sitzgruppe ist am Ufer aufgestellt, auch eine touristische Hinweistafel.

Stand auf dem Hügel bei Schmidtheim wirklich ein befestiger Wehrturm?

Doch ob auf dem Hügel einst, wie vielfach kolportiert, tatsächlich ein befestigter Wehrturm stand, der die mit archäologischen Stichgrabungen 2007 und 2011 bestätigte Nutzung des Areals für die Eisenverhüttung überwachte oder als Rückzugsraum für die Beschäftigten diente, ist nach wie vor nicht bewiesen.

Dafür könnte sprechen, dass die Motte wie der später ausgehobene Wassergraben des Zehnbachs teilweise auf oder nahe der Grenze zweier Herrschaftsbereiche liegen: des der Grafen von Manderscheid-Blankenheim und der Kronenburger Unterherrschaft Schmidtheim. Man habe keine Reste einer möglichen Befestigung gefunden, so Gier in der 242 Seiten starken Publikation des Arbeitskreises Kultur und Geschichte der Gemeinde Dahlem, dem 16. Band zur Heimat- und Kulturgeschichte.

Gebäude wurde Zehnbachhaus genannt

Anderes aber ist nun dank der akribischen Forschungen von Ralf Gier umso klarer. 1897 etwa, damals waren die Motte und das umgebende Gelände vom Grafen Beissel von Gymnich gekauft worden, der die Fischteiche und Weiden nutzen wollte, interessierte sich der passionierte Angler Georg Musseleck für das Areal.

Er pachtete es und ließ ein kleines, einstöckiges Gebäude mit Steildach errichten. Es wurde Zehnbachhaus genannt, und die Motte hatte ihren Namen, der selbst nach Aufgabe der Fischzucht Mitte der 1930er-Jahre Bestand hatte.

Nur 100 Bücher gedruckt

Vom Haus ist heute nichts mehr zu sehen. In dem Buch, reich bebildert und in der bescheidenen Auflage von 100 Exemplaren von einer Internetdruckerei hergestellt, geht es auch um historisch gesehen ungleich Wichtigeres: Der Recherhof, ebenfalls im Besitz des Grafen Beissel, liegt unweit der Motte.

Es ist eine seit Jahren unbewohnte, verfallende Ruine. Hier war mutmaßlich ebenfalls seit dem Mittelalter ein landwirtschaftlicher Betrieb. Unklar ist auch nach Ralf Giers Recherchen, ob er wegen der strategischen Lage an der Grenze zwischen Blankenheimer und Kronenburger Besitz auch eine Art Befestigung mit Wehrmauern und mehr hatte.

45 Gehminuten von Schmidtheim entfernt: Hof war einst von großer Bedeutung

Wie bedeutsam der rund 45 Gehminuten von Schmidtheim entfernt liegende Hof einst war, zeigt sich nicht nur anhand derjenigen, die hier einst lebten. Ralf Gier hat eine komplette Genealogie der Besitzer und Pächter veröffentlicht.

Während der Zeit der napoleonischen Besetzung der Eifel kam dem Hof eine Schlüsselrolle zu. Für das Jahr 1812 ist nachgewiesen, dass er wegen seiner Lage in der Mitte der neu geschaffenen Mairie Marmagen das Rathaus war. Das fernab jeder Besiedlung gelegene Bürgermeisteramt, erreichbar nur über Wald- und Feldwege, hat nach Giers Recherchen wohl bis 1837 bestanden.

Das war das Todesjahr von Max Philipp Ganser sen., dem Besitzer des Hofs, dessen Familie „als einflussreich in Blankenheim galt“, so Bodo Bölkow, Vorsitzender des Dahlemer Arbeitskreises. Selbst die Ruine ist noch so gut erhalten, dass sich im Buch ein mit Fotos dokumentierter Ortsrundgang und Lagepläne finden. Wie überhaupt die zahlreichen historischen Karten einiges zum Verständnis beitragen.

2008 wurde auf Initiative des damaligen Dahlemer Bürgermeisters Reinhold Müller zwischen der NRW-Stiftung, der Ortsgruppe Schmidtheim des Eifelvereins und dem Grafen Beissel ein Pflegevertrag zur Motte Zehnbachhaus geschlossen, der 25 Jahre Gültigkeit hat. So sind die Begehbarkeit und die Sichtbarkeit der nur 25 Meter im Durchmesser großen Aufschüttung und des umlaufenden Wassergrabens gesichert. Den Recherhof sieht man als Ruine am Wiesenhang gegenüber.

Ralf Gier, „Von der Motte zum Burghaus – Das Geheimnis des Recherhofs, seine Bewohner und die Bedeutung für Schmidtheim“. Herausgegeben vom Arbeitskreis Kultur und Geschichte der Gemeinde Dahlem. 242 Seiten, mit 125 Bildern, 12,50 Euro. Erhältlich im Bürgerbüro der Gemeinde Dahlem.

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