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Für SolarparkStreit um Fällung einer Hecke in Schmidtheim führt zu Eklat im Gemeinderat

Lesezeit 5 Minuten
Auf einer Wiese sind Bäume und eine lange Hecke zu sehen. Sie sollen gefällt werden, damit ein Solarpark gebaut werden kann.

Soll diese Hecke samt Bäumen gefällt werden oder nicht? Darüber hat sich im Gemeinderat von Dahlem ein heftiger Streit entwickelt.

Bei Schmidtheim sollen für einen Solarpark eine 200 Meter lange Hecke und einige Bäume gefällt werden.

Während die Gemeinde Dahlem für ihre Vorrang- und Ausbaupolitik bei den erneuerbaren Energien vielfach gelobt wird, sorgen zwei Vorhaben für neue Freiflächen-Photovoltaik-Gebiete bei Schmidtheim für Ärger. Der Streit ist jetzt im Gemeinderat eskaliert.

Die Meinungsverschiedenheiten speziell zwischen Grünen-Ratsherr Ulrich Böttger, Bürgermeister Jan Lembach und Werner Lorse, Sprecher der CDU-Mehrheitsfraktion, sind nicht neu. Die aktuelle Zuspitzung jedoch schon, die darin gipfelte, dass die Grünen-Fraktion aus Protest den Sitzungssaal verließ. Was war passiert?

Auf Areal an der B51 bei Schmidtheim wurde ein Baustopp verhängt

Investor MK solutions & consulting GmbH aus Euskirchen, vertreten durch Geschäftsführer Michael Kohlstadt, plant zwei Solarparks bei Schmidtheim. Zum einen handelt es sich um ein rund 13 Hektar großes Areal an der B51. Wie berichtet wurden dort im vergangenen Jahr die Arbeiten gestoppt: Mutmaßlich war eine Teilfläche eines FFH-Schutzgebiets bedroht. Der Kampfmittelräumdienst, der vorsorglich den Boden auf mögliche Munitionsrückstände untersuchen sollte, musste unverrichteter Dinge das Gelände räumen.

Mittlerweile steht fest, dass es sich nicht um ein FFH-Gebiet, sondern um FFH-typische Pflanzenstandorte handelt. Das Biotopgutachten fehlt immer noch. Das hatte Grünen-Ratsfrau Sabine Gombert bereits im Fachausschuss kritisiert. Dafür hat der Investor zwischenzeitlich 3,1 Hektar Ausgleichsfläche ermitteln lassen, zudem wird ergänzend zu den ursprünglichen Planungen eine Hecke als Sichtschutz gepflanzt.

Die Änderungen können nun in der Offenlegung des Flächennutzungs- und des Bebauungsplans eingesehen werden. Es können Stellungnahmen und Einwände abgegeben werden. Die Verwaltung hat alles in einer Dokumentation zusammenzufassen, danach wird im Fachausschuss beraten, bevor der Beschluss im Gemeinderat ansteht. Kritisiert etwa die Untere Naturschutzbehörde, dass ein Biotopgutachten für das Areal nach wie vor nicht vorliegt, kann sie das innerhalb dieses Verfahrens nachfordern. Im Extremfall kommt es so nach der vorzeitigen Beteiligung der Träger öffentlicher Belange, die schon erfolgt ist, und der jetzt anstehenden Offenlage zu einer weiteren Beteiligungsrunde. Was den Bau des Solarparks weiter verzögern würde.

Nördlich von Schmidtheim gibt es Ärger um eine 200 Meter lange Hecke

Schon bei diesem Tagesordnungspunkt hatte es im Ausschuss und im Gemeinderat das eine oder andere Wortgefecht zwischen Böttger, Lembach und Lorse gegeben. Noch heftiger wurde es, als es um die Offenlage von Flächennutzungs- und Bebauungsplan für ein 15 Hektar großes, derzeit als landwirtschaftliche Fläche genutztes Areal nördlich von Schmidtheim ging. Die Flächen gehören laut Kohlstadt drei Privatleuten, darunter ein CDU-Ratsmitglied, das sich durch Zurücksetzen vom Plenumstisch an Beratung wie Beschlussfassung nicht beteiligte.

Etwa in der Mitte werden die Wiesen von einer 200 Meter langen Hecke mit teilweise 70 Jahre alten „Überhöhern“ (Bäumen) geteilt. Nach einer ersten Einschätzung der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) ist die Hecke zu erhalten, da sie das Landschaftsbild präge. Doch bei einem Ortstermin am 5. Mai mit dem Flächeneigentümer, Investor Michael Kohlstadt und der UNB rückte die Aufsichtsbehörde von dieser Einschätzung ab.

Nun kann die Hecke verschwinden – weil sie, wie der Investor versicherte, dem Brandschutz für die PV-Module entgegensteht. Zudem verringere die Hecke wegen des unvermeidlichen Schattenwurfs auf die Modultische die Erträge, was das Gesamtprojekt in seiner Wirtschaftlichkeit gefährde, so Kohlstadt. Die Untere Naturschutzbehörde argumentiert seitdem, dass Ausgleichsmaßnahmen entlang der Straße anzupflanzen seien. Eine fünf Meter breite Hecke soll auch Sichtschutz auf das 15 Hektar-Gelände bieten.

Dahlemer Grünen-Politiker erhebt den Vorwurf der Kungelei

Diese Änderungen veranlassten Ulrich Böttger zu einer Vermutung. Man wolle offenbar dem – im Sitzungssaal anwesenden – CDU-Ratsherrn und dem Investor einen Gefallen tun. Die UNB-Teamleiterin Rebekka Vogel, so der Vorwurf Böttgers, sei bei dem Ortstermin eingeknickt. Das blieb nicht unbeantwortet. Scharfer Widerspruch kam von Bürgermeister Lembach wie CDU-Sprecher Lorse. Lorse verbat sich die unausgesprochene Unterstellung, man kungele zugunsten eines Parteifreundes.

Das Bild zeigt Ulrich Böttger, der für Bündnis 90/Die Grünen im Gemeinderat von Dahlem sitzt.

Ulrich Böttger (Grüne) verließ nach der Abstimmung die Ratssitzung.

Böttger wies auch die Behauptung, die Hecke sei aus Brandschutzgründen zu beseitigen, zurück. Er habe mit Kreisbrandmeister Peter Jonas über die mögliche Brandgefahr gesprochen. Ergebnis laut Böttger: „Der sieht da null Risiko. Es geht offenbar wirklich nur um die wirtschaftlichen Interessen des Investors, wenn die Hecke fällt.“

Achim Blindert, Allgemeiner Vertreter von Landrat Markus Ramers und Dienstvorgesetzter der UNB im Kreishaus, verteidigte laut Lembach in einem Telefonat die Meinungsänderung der ihm unterstellten Mitarbeiterin: Blindert habe ihm mitgeteilt, so Lembach, dass das zum einen vorkomme und zum anderen Ausgleichsmaßnahmen möglich seien. Der Erhalt der Hecke sei also nicht verpflichtend. Eine besondere Wertigkeit des Grüns wird nicht mehr gesehen. Offenbar ist die „Hecke des Ärgers“ nicht mehr als landschaftsbildprägend zu bewerten.

Nach der Abstimmung kommt es zum Eklat im Gemeinderat

Grünen-Ratsherr Böttger beantragte nach einem weiteren heftigen Wortwechsel eine geheime Abstimmung über Offenlegung des Flächennutzungs- wie des Bebauungsplans beim strittigen 15-Hektar-Areal nördlich von Schmidtheim. Zuerst sei über den gegenüber dem der Verwaltung weiterführenden Antrag abzustimmen, der die Offenlage mit Erhalt der Hecke vorsieht. Der Antrag wurde von den 16 stimmberechtigten Gemeinderatsmitgliedern mit 14 zu 2 abgelehnt.

Bei der anschließenden, ebenfalls auf Antrag Böttgers geheimen Abstimmung zur Verwaltungsvorlage ohne diesen Zusatz war das Ergebnis deutlich knapper: Dieses Mal waren neun für die Offenlage, sieben dagegen. Dieses überraschende Ergebnis sorgte auch bei der CDU kurz für Unruhe. Doch viel stärker brodelte es offenbar bei Böttger. „Das hier erinnert mich an China. Wir werden die Sitzung verlassen“, so seine erboste Ankündigung. Sprachs, und dann verließen er und Fraktionskollegin Sabine Gombert den Saal. Ein Eklat.

Danach wirkte auch Bürgermeister Jan Lembach irritiert. Er verwechselte den nächsten Tagesordnungspunkt. „Das mit China muss ich erst mal verarbeiten“, so Lembach entschuldigend. Immerhin: Ordnungsrufe hatte es zuvor während der Debatte nicht gegeben und auch keinen formalen Wortentzug. Für den Beobachter aber bot der Gemeinderat von Dahlem an diesem Sitzungstag ein trauriges Bild.