Öffentliche TelefoneNach den gelben Zellen werden auch die Nachfolger abgeschafft

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Die gute alte Telefonzelle steht schon längst im (Freilicht-)Museum.

Kreis Euskirchen – Mal ganz ehrlich: Wann haben Sie zuletzt von einem öffentlichen Telefon aus jemanden angerufen? Oder auch nur jemanden gesehen, der so etwas tut? Mitte der neunziger Jahre? Oder damals, kurz nach der Jahrtausendwende, als Sie bei der Mannschaftstour des Fußballvereins den Anschluss an die Teamkollegen und den Bus, in dem Ihr Handy in der Jackentasche steckte, verloren hatten und, äh, ganz leicht beschwipst zu Hause anriefen, um vom Dernauer Weinfest abgeholt zu werden?

Wir sind uns also einig: Öffentliche Telefone, Telefonzellen gar, braucht man nicht mehr, gibt es wahrscheinlich auch schon längst nicht mehr, seitdem jeder mit einem Mobiltelefon in der Hosentasche herumläuft.

Abbau der verbliebenen 18 öffentlichen Telefone in Zülpich

Umso überraschender ist in diesem Zusammenhang eine Pressemitteilung aus dem Zülpicher Rathaus, dass noch in diesem Jahr die 18 (sic!) verbliebenen öffentlichen Telefone im Zülpicher Stadtgebiet von der Telekom demontiert werden sollen (siehe „Abbau in Zülpich“).

Interessant. Hätte man gar nicht gedacht, dass es da noch so viele gibt. Wie sieht das denn im benachbarten Mechernich aus? „Ich glaube, die sind bei uns alle schon vor drei Jahren abgebaut worden“, erinnert sich der für städtische Liegenschaften zuständige Verwaltungsmitarbeiter im Mechernicher Rathaus. Bis auf die in Kommern-Süd: Da habe der Ortsvorsteher damals für den Erhalt des Telefons plädiert.

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Die Telekom baut ihre öffentlichen Basistelefone nach und nach ab.

Inzwischen gibt es da aber auch kein, schon wieder äh, Dings mehr – wie heißen die Dinger eigentlich, die irgendwann einmal die guten alten Telefonzellen ersetzt haben? Hier hilft ein Blick ins Online-Lexikon Wikipedia: „Zumeist handelt es sich bei Öffentlichen Telefonen um sogenannte Telefon-Stationen (TelS), welche nur noch eine säulenartige Tragekonstruktion mit dem Telefonmodul besitzen.“

Noch mehr Fachwissen erhoffe ich mir von der Telekom-Pressestelle: Wie viele öffentliche Telefone gibt es denn eigentlich noch im gesamten Kreis Euskirchen?

Bundesweit noch 14.000 Telefone in Betrieb

Eine Antwort kommt schneller als befürchtet: „Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir Ihnen keine Zahlen/Details zu öffentlichen Telefonen in einzelnen Städten/Gemeinden zur Verfügung stellen können. Wir halten diese Zahlen für die externe Kommunikation nicht vor.“ Aha.

Meine Vermutung ist: Die wissen das selbst nicht so genau. Eine Zahl liefert die Telekom dann aber doch: „Bundesweit sind aktuell noch ca. 14 000 öffentliche Telefone in Betrieb.“

Fehlender Umsatz zeigt mangelnden Bedarf

Aber es werden wahrscheinlich laufend weniger, denn: „Fehlender Umsatz ist ein klares Indiz dafür, dass der Wunsch nach einer Versorgung mit öffentlichen Telefonzellen offensichtlich nicht mehr besteht“, schreibt die Telekom weiter.

Denn der Unterhalt einer Telefonzelle (den vertrauten Namen haben sie auch bei der Telekom noch drauf) koste Geld, etwa für Strom, Standortmiete und Wartung. „Steht der Umsatz über einen längeren Zeitraum in keinem Verhältnis mehr zur Nutzung, bauen wir die Telefonzellen ab“, heißt es im Statement der Telekom. Eine Zustimmung zum Abbau sei nicht mehr erforderlich: Mit der Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG), die seit 1. Januar 2021 gilt, sei die Grundversorgungspflicht im Bereich öffentliche Telefonstellen entfallen.

In Zukunft eine Rarität

18 Telefonstellen in Zülpich bald weg

Im Gebiet der Stadt Zülpich will die Telekom nun auch die verbliebenen 18 öffentlichen Telefonstellen abbauen. Das teilte Stadtsprecher Torsten Beulen in einer Pressemeldung mit. Der Grund für den Abbau sei eine Änderung im Telekommunikationsgesetz (TKG).

Telefonstellen nicht mehr verpflichtend

Öffentliche Telefonstellen seien bislang als Teil der Universaldienstleistungen vorgesehen. Das Gesetz sei seit dem vergangenen Jahr aber durch das neue TGK ersetzt worden, das die Telefonstellen nicht mehr verpflichtend vorsieht. 

Arbeiten finden im Laufe des Jahres statt

Die Arbeiten sollen im Laufe des Jahres 2022 stattfinden und betreffen die Orte Bessenich, Bürvenich, Füssenich, Geich, Hoven, Langendorf, Linzenich, Lövenich, Mülheim, Nemmenich, Niederelvenich, Rövenich, Schwerfen, Sinzenich, Ülpenich, Wichterich sowie die Zülpicher Kernstadt. Meist handelt es sich um so genannte Basistelefone, wie auf dem nebenstehenden Foto in Niederelvenich.

Dennoch stelle die Telekom auch weiterhin eine „bedarfsgerechte Versorgung mit öffentlichen Telefonstellen sicher“, frohlockt der Unternehmenssprecher, „vor allem dort, wo es wirtschaftlich Sinn macht: zum Beispiel an Bahnhöfen, Flughäfen oder auf Messegeländen.“

Und jetzt kommt der Hammer: „Mit ihrem Nutzungsverhalten sind Kundinnen und Kunden die Architekten des Telefonzellen-Netzes.“ Heißt: Selbst schuld, wenn wir die Dinger abbauen müssen – wenn ihr öffentliche Telefone haben wollt, dann müsst ihr sie auch nutzen!

Es gibt sie noch im Kreisgebiet

Wenn Sie, lieber Leserinnen und Leser, sich jetzt ermutigt fühlen, den nächsten sonntäglichen Pflichtanruf bei Erbtante Hedwig von einer Telefon-Station aus zu erledigen: Es gibt sie noch, die guten Dinge(r). In Bad Münstereifel werden zwar von den zwölf noch bestehenden Telefonen in Kürze neun abgebaut, wie Laura Huppertz aus dem kurstädtischen Presse-Team recherchiert hat, aber die Zellen in der Marktstraße (Kernstadt), in der Holzheimer Straße 2 in Eschweiler und in der Frankenstraße 50 in Reckerscheid bleiben erhalten.

An einer Station kann man noch mit Münzen bezahlen

Auch in Euskirchen gibt es noch ein paar Telefon-Stationen, bei der in der Kirchstraße 6b kann man sogar noch mit Münzen bezahlen. Und angeblich auch SMS verschicken – fragen Sie mich aber bitte nicht, wie das geht. Das ist bestimmt noch komplizierter als faxen.

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Gleich drei öffentliche Telefone auf Euskirchener Stadtgebiet gibt es in der Kölner Straße 250. Die sind aber eigentlich nur halb-öffentlich, denn sie befinden sich auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalt und sind den dortigen Bewohnern vorbehalten. Die dürfen nämlich offiziell in der Anstalt kein Mobiltelefon benutzen.

Ach ja: Letztlich haben wir auch auf dem Gebiet der Stadt Mechernich noch eine alte, gelbe Telefonzelle aus Zeiten der Deutschen Bundespost gefunden. Die steht allerdings dort, wo man es im Jahr 2022 auch erwarten sollte: Nämlich auf dem „Marktplatz Rheinland“ im Freilichtmuseum des Landschaftsverbands Rheinland.  

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