Slow JoggingMit 180 Trippelschritten pro Minute durch den Mühlenpark in Kommern

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Drei warm eingepackte Frauen, darunter auch Redakteurin Julia Reuß, slowjoggen im Mühlenpark in Kommern.

Trotz winterlicher Temperaturen macht das Slow Jogging Spaß. Der Sport ist laut Trainerin Petra Broszat (rechts) gelenkschonend und man verbrennt viele Kalorien.

Als Quereinsteigerin ist Redakteurin Julia Reuß auf der Suche nach Sportarten im Kreis Euskirchen, mit denen man als Erwachsene auch ohne große Vorkenntnisse beginnen kann. Diesmal versucht sie sich an einem Laufsport.

Der Treffpunkt lautet 16 Uhr am Mühlenpark in Kommern. Es dämmert. Schneeregen. Das Autothermometer zeigt null Grad Außentemperatur an. Meine Motivation ist noch niedriger. Ich bin zum Slow Jogging verabredet. Schon seit mehreren Monaten teste ich immer mal wieder als erwachsene Anfängerin Sportangebote im Kreis Euskirchen. Denn so viel scheint es da auf den ersten Blick gar nicht zu geben. Dabei achte ich auf Anfängertauglichkeit, Teamgefühl und Aufwand.

Nachdem ich im Beachvolleyball im Sommer meinen Endgegner gefunden hatte und das Training nicht komplett absolvieren konnte, will ich es erstmal wieder langsam angehen lassen. Slow Jogging klingt da doch perfekt. Leider hatte ich nicht bedacht, dass dieser Sport draußen stattfindet und wir inzwischen Winter haben.

Es müsste eigentlich Easy Jogging heißen.
Petra Broszat

Ich fluche innerlich, ziehe mir mein Stirnband an und steige aus dem warmen Auto aus. Ich trainiere heute mit Petra Broszat, die zertifizierte Trainerin für Slow Jogging ist. Und als aller erstes erklärt sie mir, dass slow nicht unbedingt bedeute, man bewege sich langsam. Viel mehr gehe es um eine entspannte, entschleunigte Grundhaltung. „Es müsste eigentlich Easy Jogging heißen“, sagt die 54-Jährige. Beim Slow Jogging sei es vor allem wichtig, immer noch genug Atem zu haben, um sich entspannt unterhalten zu können. Das sei aber nicht der große Unterschied zum normalen Joggen. Vielmehr sei es eine andere Lauftechnik.

Nach kurzem Aufwärmen holt Broszat ein kleines Gerät aus der Tasche und stellt etwas ein, kurz darauf beginnt das Gerät zu piepen. Es ist ein elektrisches Metronom. 180 Schläge pro Minute. Bei jedem Piep muss ein Fuß den Boden berühren. Dabei solle man immer flach mit dem Mittelfuß auftreten, erklärt Broszat.

Watscheln wie ein Pinguin

Nach wenigen Sekunden verstehe ich, was sie mit anderer Lauftechnik meint. Statt großer, ausfallender oder auch normaler Schritte ist es nach ihren Anweisungen nur möglich kleine Trippelschritte zu machen. Und die sind nicht langsam. Bei den winterlichen Temperaturen komme ich mir plötzlich vor wie ein Pinguin, der ganz eilig übers Eis watschelt. Ich muss lachen. Meine anfängliche Unlust ist weg. Das macht Spaß.

Wir laufen in Intervallen. 60 Sekunden trippeln, 30 Sekunden normales gehen. Ansonsten würden Waden und Achillesferse durch die kurzen, schnellen Schritte zu sehr belastet, erläutert Broszat. Erfahrene Slow Jogger verkürzten die Gehpausen auch schon mal oder ließen sie ganz weg, berichtet die Trainerin weiter. Das mache jeder nach seinem Gusto.

Man verbrennt ordentlich Kalorien

Außer mir ist noch eine andere Teilnehmerin gekommen. Sie habe mit Knieproblemen zu kämpfen, berichtet sie. Nach normalem Jogging oder Walking habe sie immer Schmerzen gehabt, nach dem Slow Jogging nicht. Der Sport sei sehr gelenkschonend, sagt Broszat. Das sei auch der Grund gewesen, warum sie damit angefangen habe. Vor zwei Jahren habe sie ein neues Hüftgelenk bekommen. Schon vorher habe sie ihren Laufstil stark verändert, weil lange Schritte zu schmerzhaft waren. Kurz nach der OP stieß sie dann auf Slow Jogging und entdeckte den Sport für sich. Seit Mai ist sie zertifizierte Trainerin.

Durch die Lauftechnik verbrennt man auch ordentlich Kalorien. „Sie bleiben immer im aeroben Bereich“, erläutert Broszat. Außerdem verbessere der Sport die Gehirnleistung sowie die Cholesterinwerte und sei gut für den Blutdruck.

Trippeln durch den Mühlenpark

Wir trippeln derweil weiter durch den leeren Mühlenpark. Wenn Betrieb sei, schauten schon viele Menschen amüsiert zu, berichtet Broszat. Das ganze sehe eben schon auch lustig aus, aber da müsse man dann drüberstehen. Mir macht das nichts aus. Inzwischen bin ich richtig froh, hier zu sein. Bewegung an der frischen Luft macht mir einfach besonderen Spaß, auch wenn es kalt und grau ist. Ich trage mehrere Lagen Kleidung samt Ski-Jacke. Das stört mich beim Slow Jogging nicht, aber zum Ende hin wird mir doch etwas warm.

Die Bewertung für Slow Jogging: Anfängertauglichkeit 5 von 5 Schneeflocken, Teamgefühl 2 von 5 Schneeflocken und der Aufwand beträgt 1 von 5 Schneeflocken.

Die Bewertung für Slow Jogging.

Eine besondere Ausrüstung brauche man fürs Slow Jogging nicht, sagt Broszat. Laufschuhe seien gut, am besten welche mit dünner Sohle. Am effektivsten sei der Sport, der aus Japan kommt, in Barfußschuhen, doch das müsse auch trainiert werden.

20 Minuten zum Start

Gute 20 Minuten slow joggen wir durch den Park, dann ist Schluss. Gerade am Anfang sei es wichtig, nicht zu übertreiben und 20 Minuten reichten völlig aus, so Broszat. Im Idealfall wiederhole man das dann zwei bis dreimal pro Woche, erst dann sei es richtig effektiv. Zum Abschluss dehnen wir noch gründlich unsere Beinmuskulatur, vor allem die Waden. Das sei sehr wichtig, betont Broszat.

Alles in allem waren wir etwa eine halbe Stunde unterwegs. Eine Trainingseinheit bei Broszat kostet fünf Euro und man muss sich nicht einmal fest anmelden. Wer kommt, der kommt. So handhabt sie das. Theoretisch kann man das Slow Jogging nach einer Einführung auch alleine zu Hause machen. „Das können Sie auch in der Wohnung von der Küche ins Wohnzimmer machen“, sagt Broszat und lacht. Wichtig sei es, den Takt zu halten.

Playlists mit Beats pro Minute

Wer kein Metronom habe, könne sich auch einfach Musik zusammensuchen mit entsprechenden Schlägen pro Minute und dann im Takt dazu laufen. Bei Streamingdiensten gebe es dazu ganze Playlists, so Broszat. Der Aufwand, um Slow Jogging zu betreiben ist also sehr gering, ich vergebe daher eine Schneeflocke. Für Anfängertauglichkeit gibt es volle Punktzahl. Das Angebot ist niederschwellig, leicht zu verstehen und auch für Menschen, die nicht so sportlich sind wirklich gut zu meistern.

Teamgefühl kommt jetzt beim Joggen zu dritt noch nicht richtig auf, aber es ist spaßiger als es alleine zu machen. Slow Jogging ist wie das „normale“ Jogging eher eine Einzelsportart. Deshalb gibts hier nur zwei Schneeflocken.


Die Laufgruppe von Petra Broszat trifft sich immer freitags um 16 Uhr am Mühlenpark. Wer Lust hat mitzumachen, kann sich per E-Mail oder Whatsapp (01 63/ 98 24 569) an Broszat für eine Einführung wenden. Diese dauert 20 Minuten und kostet acht Euro. Jedes weitere Training kostet fünf Euro.

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