Das Euskirchener Emil-Fischer-Gymnasium und die Gesamtschule Mechernich kooperieren mit den Talentscouts der Aachener Hochschulen.
TalentscoutingSchulen aus Euskirchen und Mechernich kooperieren mit Aachener Unis

Unterricht ist längst zu einer Mischung aus digitalen und analogen Elementen geworden. Die Talentförderung richtet sich aber nicht nur an Einserschüler.
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Wenn Schülerinnen und Schüler am Emil-Fischer-Gymnasium (EFG) in Euskirchen oder an der Mechernicher Gesamtschule über ihre Zukunft nachdenken, bekommen sie dabei jetzt professionelle Unterstützung: Seit rund eineinhalb Jahren nimmt das EFG am NRW-Talentscouting-Programm teil – einer Initiative, die Jugendliche beim Übergang von der Schule ins Studium oder in die Ausbildung begleitet. In Mechernich begann die Zusammenarbeit ebenfalls zu Beginn des Schuljahres 2024/25. Nun wurde die Kooperation mit der FH und RWTH Aachen an beiden Schulen offiziell mit einem Vertrag besiegelt.
„Das Talentscouting gibt es inzwischen an allen staatlichen Hochschulen in Nordrhein-Westfalen“, erklärt Zoé van der Meulen, Talentscout der FH Aachen: „Unsere Aufgabe ist es, junge Menschen individuell zu beraten – unabhängig davon, ob sie studieren, eine Ausbildung machen oder erst einmal andere Wege gehen möchten.“
Langfristige Beratung für die Schützlinge gehört zum Konzept
Das Besondere am Programm: Die Beratung ist langfristig angelegt. Talentscouts begleiten nach Angaben der Expertin ihre Schützlinge oft über mehrere Jahre hinweg – von der Oberstufe bis hinein ins Studium. „Es geht darum, Leistung im Lebenskontext anzuerkennen“, betont van der Meulen: „Nicht nur Noten zählen, sondern auch persönliche Umstände, Engagement oder besondere Verantwortung im Alltag.“

Für die Euskirchener Schule gab es bei der Vertragsunterschrift auch noch eine große Plakette.
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In Mechernich nahm die kommissarische Schulleiterin Sandra Köhn (2.v.r.) die Talentscout-Plakette in Empfang.
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Manche Jugendliche kümmern sich beispielsweise zusätzlich um Familienangehörige, unterstützen Geschwister oder übernehmen Aufgaben, die andere in ihrem Alter nicht tragen müssen. „Das sind enorme Leistungen, die man nicht in einer Note ablesen kann“, sagt van der Meulen: „Solche Schülerinnen und Schüler möchten wir bestärken und fördern.“
Dass das Talentscout-Programm nicht nur etwas für Einserkandidatinnen und -kandidaten ist, bestätigt auch Linda Reuter, Schülerin der Jahrgangsstufe Q1 am Emil-Fischer-Gymnasium. Sie macht im kommenden Schuljahr ihr Abitur und nutzt die Beratung regelmäßig. „Ich interessiere mich für Psychologie“, erzählt sie: „Mir wird dabei geholfen, mich zu orientieren – welche Voraussetzungen ich erfüllen muss, wie die Bewerbungen laufen, was mich im Studium erwartet.“
Studien- und Berufswahl ist nicht das einzige Thema der Talentscouts
Nina, die in Mechernich die Jahrgangsstufe Q2 besucht, zieht bereits eine kleine Bilanz, was ihre Erfahrungen mit dem Programm betrifft: „Die Unterstützung beim Schreiben von Bewerbungen und die Suche nach einem Studienplatz hat mir sehr geholfen. Ich hoffe, dass nach mir auch noch andere Schülerinnen und Schüler von der Beratung profitieren können.“ Auch Jana, die in der 11. Klasse das Angebot bekam, am Programm teilzunehmen, ist dankbar für die Unterstützung: „Ich konnte so wirklich Klarheit über meine Berufswahl gewinnen.“
In den Gesprächen gehe es aber nicht nur um Berufswahl oder Studiengänge. „Wir schauen gemeinsam, was wirklich zu den eigenen Interessen und Stärken passt“, sagt van der Meulen: „Wenn jemand lieber ein Jahr im Ausland verbringen möchte oder sich für ein duales Studium interessiert, unterstützen wir auch dabei.“
Ein Ziel der Hochschule sei es ausdrücklich nicht, möglichst viele Talente nach Aachen zu holen. „Wir beraten unabhängig“, betont die FH-Mitarbeiterin: „Wenn jemand lieber in Berlin, Köln oder Dortmund studieren möchte, helfen wir genauso – und vernetzen bei Bedarf mit Talentscouts an anderen Hochschulen.“
Die Hälfte aller Gymnasien und Berufskollegs in NRW ist beteiligt
Inzwischen seien etwa die Hälfte aller Gymnasien und Berufskollegs in NRW dabei, sagt Stefan Hohn, ebenfalls Talentscout der FH Aachen. Das Netzwerk ermögliche schnelle Kontakte – Kontakte auf Augenhöhe, beispielsweise zu Studierenden, die bereits im Studium angekommen sind und ihre Erfahrungen weitergeben können.
„Das ist wirklich ein riesiger Vorteil“, sagt Anna Allenbacher, Lehrerin am Emil-Fischer-Gymnasium. Sie fungiert als Schnittstelle zwischen Schule und Hochschule: „Ich spreche Schülerinnen und Schüler an, die durch Leistungen oder Engagement auffallen, erkläre das Programm und organisiere die Termine. Wichtig ist, dass die Beratung ganz unverbindlich ist.“
Externe Experten ergänzen die Info-Angebote der Schulen
Die Pädagogin hat eine Fortbildung am Talentzentrum NRW in Gelsenkirchen absolviert: „Ich sehe meine Aufgabe darin, Potenziale zu erkennen – nicht nur in den besten Noten, sondern auch im Einsatz für andere“, sagt sie.
Schulleiter Dr. Michael Szczekalla zeigt sich ebenfalls überzeugt: „Unsere Lehrerinnen und Lehrer leisten in der Studien- und Berufsorientierung schon viel. Aber die Talentscouts bringen eine zusätzliche Expertise mit, die für uns sehr wertvoll ist. Sie kennen die aktuellen Studienbedingungen, Bewerbungsverfahren und Fördermöglichkeiten aus erster Hand.“
In Mechernich ist es Lehrer Patrick Wloka, der als Studien- und Berufsberater den direkten Draht zu den insgesamt rund 30 Schülerinnen und Schülern hat, die derzeit am Programm teilnehmen. Für Sandra Köhn, die kommissarische Leiterin der Gesamtschule, ist aber auch die Unterstützung durch externe Fachleute wie Talentscout Alexandra Seidel von der FH Aachen wichtig: „Das bringt noch einmal einen echten Mehrwert für unsere Schüler.“

