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Rückkehr aus BerlinStephan Hellweg freut sich auf den CSD in Euskirchen und auf die Eifel

Lesezeit 5 Minuten
Ein Porträt von Stephan Hellweg. Im Hintergrund ist verschwommen die Herz-Jesu-Kirche zu sehen.

Moderiert auch in diesem Jahr den CSD in Euskirchen: Stephan Hellweg, Schauspieler und Long-Covid-Erkrankter.

Nach 16 Jahren in Berlin kehrt der Schauspieler und Moderator Stephan Hellweg zurück in den Kreis Euskirchen.

Ganz gleich ob in Köln, Bonn oder in kleineren Städten: Wenn die queere Community feiert, sind die Pink Poms, eine schwule Cheerleadergruppe, dabei. So auch am kommenden Samstag, wenn zum zweiten Mal ein Christopher Street Day in Euskirchen stattfindet. „Auf die Pink Poms freue ich mich schon ganz besonders, die machen echt gute Stimmung und haben eine Menge toller Choreografien drauf“, sagt Stephan Hellweg, der wie im Vorjahr als Moderator auf der Bühne stehen wird.

Auch in Düsseldorf moderierte Hellweg in den letzten beiden Jahren die CSD-Hauptveranstaltung, „die kleiner ist als die in Köln, aber deutlich größer als die in Euskirchen“, so der 39-Jährige, der in Mechernich aufgewachsen ist und 2005 am Gymnasium Am Turmhof sein Abi gemacht. Ob er Lampenfieber habe, wenn er vor Tausenden Menschen auf der Bühne stehe? „Überhaupt nicht! Ich liebe Live-Moderationen“, schwärmt er.

Moderator machte chronische Erkrankung öffentlich

Hellweg steht aber nicht nur als Schauspieler und Moderator im Rampenlicht. Mit seiner Entscheidung, seine chronische ME/CFS-Erkrankung öffentlich zu machen, fand er medial viel Beachtung. Im April 2021, ehe die Impfung für alle zugänglich wurde, hatte er sich mit Corona infiziert. „Ich hatte einen milden Verlauf“, schildert er.

Trotzdem ging es ihm in den Folgewochen und -monaten immer schlechter. Mehrmals landete er in der Notaufnahme, machte eine fünfwöchige Reha-Maßnahme in einer Spezialklinik. Immer, wenn es bergauf zu gehen schien, kam kurze Zeit später ein Rückschlag, ein „Crash“, wie es bei ME/CFS-Kranken heißt.

Als Schauspieler war er schon in einigen TV-Produktionen zu sehen

2022 startete er eine Crowdfunding-Aktion, um die 7000 Euro zusammenzubekommen, die eine Sauerstoff-Überdruckbehandlung kostet. Ein Therapieansatz, von dem er sich viel versprach, leider aber enttäuscht wurde. Als Studienteilnehmer an der Berliner Charité erhielt Stephan Hellweg Blutwäschen, „oder besser gesagt: möglicherweise war ich ja auch in der Plazebo-Gruppe“. Er ließ sich Infusionen geben, nahm Nahrungsergänzungsmittel. Seit Neuestem ist er bei einem Immunologen angebunden, der sich auf ME/CFS spezialisiert hat. „Man greift nach jedem Strohhalm“, sagt Stephan Hellweg. Und er sagt auch, insgesamt sei er schon stabiler geworden. Außerdem bedeute seine Erkrankung nicht, dass er nicht arbeiten könne.

Das hat der 39-Jährige in den vergangenen Jahren durchaus beweisen können. Er spielte in Fernseh- und Streamingproduktionen viele kleinere Rollen, unter anderem in „Die Bürgermeisterin“ (ZDF), „Da hilft nur beten“ (ARD), „Ich bin Dagobert“ (RTL+) oder „Hillarious“ (Amazon Prime). Zuletzt hatte er eine Rolle im Kinofilm „Führer und Verführer“.

Auf die Pink Poms freue ich mich schon ganz besonders, die machen echt gute Stimmung.
Stephan  Hellweg, Moderator des CSD

Stephan Hellweg weiß, dass seine Erkrankung Caster und Produzenten möglicherweise abschreckt. Manch einer habe ihm geraten, damit nicht an die Öffentlichkeit zu gehen. „Aber ich will mich nicht verstecken“, betont er. Nicht noch einmal: Als schwuler Mann habe er bereits erleben müssen, wie viel Kraft es einem abverlange, ein Versteckspiel zu betreiben. „Deshalb ist es für mich umso schöner, in meiner Heimat am CSD mitzuwirken.“

Sein persönliches Highlight als Kunstschaffender, der an Long Covid erkrankt ist, war die freie Produktion „Raven“ der Künstlergruppe „Showcase Beat Le Mot“. Diese suchte explizit erkrankte Betroffene, die sich mit einem eigenen Beitrag an der Inszenierung beteiligen wollten, bei der es um die Frage ging, was passiert, wenn nichts mehr geht.

In wenigen Wochen geht's zurück in die Eifel

Und Stephan Hellweg tat nichts lieber als das: Er beschränkte sich auf der Bühne darauf, Original-Zitate eines bekannten Arztes vorzutragen, der die wissenschaftlich widerlegte Auffassung vertritt, Long Covid sei eine rein psychosomatische Angelegenheit. „Was folgte, war ein irrer medialer Trubel“, so Hellweg. Er wurde interviewt für den RBB, den Tagesspiegel, die Taz und von Deutschlandfunk Kultur.

Stephan Hellweg sagt, er will nicht auf seine chronische Erkrankung reduziert werden, und er will auch nicht, dass man nur die Defizite wahrnimmt, die er durch die Krankheit hat. „Ich kann arbeiten und ich will arbeiten“, betont er, aber eben mit offenen Karten und dem damit einhergehenden Risiko, nur kleinere Rollen in Filmproduktionen spielen zu können.

Und in wenigen Wochen wird er ein weiteres Mal nicht auf den Rat von Agenten und Schauspielkollegen hören: Er zieht dann zurück in seine alte Heimat. „Nach 16 Jahren in Berlin fühle ich mich wie eine Pizza, die nicht abgeholt wurde“, sagt er und lacht. „Ich freue mich auf die Eifel, auf die Natur, auf das Dorf, in dem ich leben werde, und auf die Ruhe.“


Freiheit ist bunt" lautet das Motto des diesjährigen CSD in Euskirchen

„Der zweite Christopher Street Day (CSD) in Euskirchen findet am Samstag, 17. Mai, statt: Das Motto der diesjährigen politischen Parade und Kulturveranstaltung für die Rechte von queeren Menschen lautet: „Freiheit ist bunt". Damit wollen die Veranstalter und Mitwirkenden deutlich machen, wie brisant die aktuelle Situation für queere Menschen ist: Hassverbrechen und gewaltsame Übergriffe prägten den Alltag von vielen queeren Menschen in Deutschland, heißt es seitens der Organisatoren.

Ab 12 Uhr gibt es auf dem Klosterplatz ein abwechslungsreiches Bühnenprogramm. Auch werden 36 Infostände von Organisationen, Institutionen und Vereinen vor Ort sein. Um 14 Uhr startet der Pride-Umzug durch die City: Mit 40 Gruppen und rund 600 Teilnehmenden ist er deutlich größer als im Vorjahr. Angeführt wird die Parade von einer 40-köpfigen Sambagruppe aus Bornheim.

Auch Stephan Brings wird auftreten

Weitere musikalische Beiträge und Reden gibt es bei einem Zwischenstopp (etwa 14.30 Uhr) am Viehplätzchen. Die Route führt die Parade wieder zurück auf den Klosterplatz, wo es weitergeht mit dem Bühnenprogramm: Stephan Brings, Just We, Sängerin Eva und andere treten auf. Ebenfalls zu Gast ist die Grünen-Bundestagsabgeordnete Nyke Slavik, eine der ersten Transfrauen im Berliner Parlament.

Der Termin ist kein zufälliger: Der 17. Mai ist der Internationale Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit und wird seit 2005 weltweit und vielfältig als Aktionstag begangen.