Der Eigentümer hat seit 20 Monaten keine Miete erhalten, weil kein Vertrag existiert. Nun soll eine neue Lösung her. Die Stadt steht in der Kritik.
Keine MietzahlungenVereine in Euskirchen-Roitzheim fürchten um ihren Dorfsaal

Der Roitzheimer Dorfsaal war gut besucht, als es um das Ende des bisherigen Mietverhältnisses ging.
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Es geht um Ehrenamtler und Investoren, um Politik und Verwaltung, um gegenseitige Vorwürfe und juristische Klagen. Und um die Roitzheimer Vereine, die fürchten müssen, ihr angestammtes Domizil zu verlieren, den Dorfsaal.
In diesem Saal, der auch Dorfgemeinschaftshaus genannt wird, ging jetzt eine Veranstaltung über die Bühne, die Michael Heuser, einer der beiden Eigentümer, zum Zweck der Schlüsselrückgabe organisiert hatte. Dazu muss man wissen, dass der 1976 gegründete Dorfgemeinschaftsverein seit vielen Jahren Mieter des Saals ist und ihn mehreren Vereinen überlässt. Bei den Untermietern handelt es sich um den Sport-Club Roitzheim, die Karnevalsgesellschaft Rözeme Pannejecke, den Seniorenclub und die Feuerwehrkameradschaft.
Die Vereine gaben ihre Schlüssel für den Dorfsaal zurück
Sie sollten jetzt, so hatte es Heuser geplant, über den Dorfgemeinschaftsverein (DGV) ihre Schlüssel zurückgeben. Allerdings erhielt er sie nicht an Ort und Stelle, stattdessen fand er die Schlüssel nach eigenen Angaben später am Tag in seinem Briefkasten. Aber das tut im Prinzip nichts zur Sache.

Eigentümer Michael Heuser erläuterte die Entwicklung rund um den Dorfsaal Roitzheim.
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Die „Pännchen“, die Kindertanzgruppe der Karnevalsgesellschaft Rözeme Pannejecke, demonstrierten für den Erhalt des Dorfsaals.
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Entscheidend ist, dass Heuser und sein Geschäftspartner, deren Firma das Gebäude mit Saal und weiteren Räumen 2020 erworben hatte, die Nase voll haben von den Umständen. Die Investoren haben seit 20 Monaten keine Miete bekommen. „Es geht um einen Netto-Mietausfall von 40.000 Euro bis heute“, hatte Heuser in der Einladung zu der Veranstaltung geschrieben, in der Bürgermeister Sacha Reichelt im Zentrum der Kritik stand.
Es geht um einen Netto-Mietausfall von 40.000 Euro bis heute.
Vertreter der Vereine erklärten, wie wichtig der Saal für das Dorfleben sei und dass er unbedingt erhalten werden müsse. Bei der Stadt Euskirchen „zählt Roitzheim nicht“, sagte Heuser. Die Leute im Ort fühlten sich als „Bürger zweiter Klasse“. Auch wenn nun das Mietverhältnis mit dem DGV ende, wolle er ermöglichen, dass die Vereine den Saal weiter nutzen könnten: „Ich werde das hier nicht kaputtgehen lassen.“ Er werde das Gespräch mit den Vereinsvorständen suchen.
Heuser hatte zuvor berichtet, sein Unternehmen habe das Objekt 2020 übernommen, um den Dorfvereinen zu helfen. Sie seien verzweifelt gewesen, als das Gebäude zum Verkauf gestanden habe. Auf Bitte von Bernd Kolvenbach (Vizevorsitzender des DGV) „haben wir zugesagt, das Haus zu erwerben und den Betrieb fortzuführen“.
Die Stadt Euskirchen half bei der Antragstellung
Der Zustand sei schlimm gewesen. Rein wirtschaftlich betrachtet, hätte man das Gebäude abbrechen und durch einen Neubau ersetzen müssen. Stattdessen kam es zu einer Sanierung, für die der DGV vom Land 233.000 Euro an Fördermitteln erhielt. Bei der Antragstellung hatte der damalige Technische Beigeordnete der Stadt Euskirchen, Oliver Knaup, die Roitzheimer maßgeblich unterstützt.
Rund 170.000 Euro flossen in die Sanierung des Saals, ungefähr 60.000 Euro in die Ausstattung. Die Fördersumme wurde nach Heusers Darstellung unter der Bedingung ausgezahlt, dass der DGV mit den Investoren einen Zwölfjahresvertrag abschließt und einen Eigenanteil in Höhe von 126.000 Euro nachweist. Diesen Betrag habe er, so Heuser, dem Dorfgemeinschaftsverein als Spende zugesichert.
Im September 2023 wurde der Saal eröffnet. Dank der Sanierung sei er „ein Schmuckkästchen fürs Dorf“ geworden, so Heuser.
Es gibt bei uns keine Belege über eine Zusage oder über konkrete Zahlen, wie Herr Heuser sie nennt.
Der Investor beharrt darauf, dass Dezernent Knaup zugesagt habe, die Stadt werde den bis dahin gezahlten Mietzuschuss von 1470 auf bis zu 1700 Euro im Monat aufstocken. Diese Zahl gilt offenbar nicht allein für den großen Saal, sondern für das gesamte Dorfgemeinschaftshaus, zu dem auch eine frühere Kneipe und ein Sälchen gehören.
Was die Sache kompliziert macht: Im Januar 2022 starb Knaup überraschend. Der Verwaltungsvorstand sei aber über die geplante Vereinbarung im Bilde gewesen, sagt Heuser, was Bürgermeister Sacha Reichelt am Mittwoch auf Anfrage dementiert: „Oliver Knaup war gewissenhaft und professionell. Es gibt bei uns keine Belege über eine Zusage oder über konkrete Zahlen, wie Herr Heuser sie nennt.“ Unabhängig davon hätte Knaup eine entsprechende Entscheidung nicht allein fällen können. Dies sei Sache des zuständigen Ratsfachausschusses.
Bis heute existiert kein Mietvertrag
Fest steht, dass bis heute kein Vertrag zwischen der Dorfvereinsgemeinschaft und den Eigentümern abgeschlossen worden ist. Während zwischen diesen beiden Verhandlungen liefen, fasste der Fachausschuss im Dezember 2024 in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss, dass die Stadt der Dorfgemeinschaft für den Saal für die Zeit von Oktober 2023 bis Ende 2024 einen Mietzuschuss in Höhe von 15.000 Euro zahlt, für die Jahre 2025 und 2026 dann jeweils 10.000 Euro, also rund 833 Euro im Monat. Das Konzept sah darüber hinaus vor, dass der Verein Erträge durch die Vermietung des Saals erzielt. Bestehe trotzdem noch ein Zuschussbedarf, werde der Ausschuss über mögliche weitere Zahlungen ab 2027 beraten.
Da kein Mietvertrag besteht, fehlt aber die Voraussetzung für die Umsetzung des politischen Beschlusses, der mit großer Mehrheit zustande kam. Die FDP hatte zuvor beantragt, der Dorfgemeinschaft deutlich weiter entgegenzukommen, um ihr angesichts der Mietschulden Luft zum Atmen zu verschaffen. Sie scheiterte damit jedoch.
Wir hatten immer noch auf eine Einigung mit dem Vermieter gehofft.
Der von Dagmar Klöckner geleitete DGV zahlt nach Angaben ihres Stellvertreters Bernd Kolvenbach seit der Neueröffnung des Saals lediglich die Nebenkosten an die Eigentümer. Ohne die Zuwendungen der Stadt, die ohne Vertrag ja nicht fließen, fehle der Dorfgemeinschaft das Geld für Mietzahlungen. „Wir hatten immer noch auf eine Einigung mit dem Vermieter gehofft“, so Kolvenbach. Sie blieb aber aus.
Zuletzt habe der DGV den Vereinen, die den Saal nutzen, ein Finanzierungskonzept vorgestellt. Sie hätten dem jedoch nicht zugestimmt, so dass der DGV beschlossen habe, „die Immobilie zurückzugeben“, sagte Kolvenbach.
Nun könnte die Rückzahlung der Fördermittel drohen
Nachdem das Konzept gescheitert ist, könnte dem DGV die Rückzahlung der Fördermittel drohen. Dazu Kolvenbach: „Wir müssen erst einmal die weitere Entwicklung abwarten.“
Heuser hatte sich die Mietausfälle lange gefallen lassen, ehe er im vergangenen Dezember eine Räumungsklage einreichte. Das Landgericht Bonn hat eine Verhandlung terminiert, die Sache ist aber mit der Rückgabe der Schlüssel hinfällig geworden.
Zurück zur Versammlung: Heuser sagte, alle Beteiligten hätten auf Knaups Zusage vertraut. Nach dessen Tod hätte die Verwaltung die Angelegenheit in geordnete Bahnen lenken können. Zur Schlüsselrückgabe komme es nun, „weil die Stadt Euskirchen, federführend der Herr Bürgermeister Sacha Reichelt, sich nicht an das gegebene Wort gehalten hat“, hatte Heuser geschrieben. Dass Reichelt nicht zu dem Treffen gekommen sei, sei beschämend.
Der Verwaltungschef erklärte dazu auf Anfrage, aus dem Schreiben, das er erhalten habe, sei nicht hervorgegangen, dass es sich um eine Infoveranstaltung handele. „Es hieß, dass der Moment des Abschieds gekommen sei, den man gebührend begehen wolle. Nirgendwo stand, dass die Verwaltung Stellung nehmen soll.“ Auch habe er das Schreiben erst fünf Tage vorher erhalten: „Ich komme gerne zu Veranstaltungen. Solche Termine muss man aber doch absprechen.“
Zur Sache selbst sagte Reichelt, es sei wichtig, dass die Roitzheimer Vereine sich einig seien. „Wir werden nun versuchen, zu vermitteln.“