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Hass, Gewalt und ZerstörungIn Kall wurde an mehreren Stellen an die Pogromnacht erinnert

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Menschen stehen in einem Halbkreis auf dem jüdischen Friedhof.

Auf dem jüdischen Friedhof erinnerten die Teilnehmer an die Pogromnacht 1938.

Bei der Erinnerung an die Pogromnacht 1938 wurde in Kall auch vor Antisemitismus gewarnt und vor Schweigen, Wegsehen und Gleichgültigkeit. 

Auf dem jüdischen Friedhof und am Gedenkstein, der in der Straße „Im Sträßchen“ an der Stelle der ehemaligen Synagoge steht, wurde in Kall an die Opfer der Pogromnacht 1938 erinnert. Neben Bürgermeister Emmanuel Kunz waren auch seine Stellvertreterin Sandra Lüttgen, Altbürgermeister Hermann-Josef Esser, Ortsvorsteher Dieter Pütz, zahlreiche Ratsmitglieder, die „Omas gegen Rechts“ sowie einige Kaller zu dem Gedenken gekommen.

Der von 1835 bis 1939 belegte Friedhof oberhalb des heutigen Berufskollegs Eifel ist ein unter Denkmalschutz stehendes Baudenkmal mit rund 30 Grabstellen. In Kall lebten nur wenige Juden, die Gemeinde gehörte zum Synagogenverband Schleiden-Malmedy. Nach Recherchen des Regionalhistorikers und Autors Hans-Dieter Arntz wurden dort während der Zeit des Nationalsozialismus auch Fremdarbeiter begraben.

Bürgermeister Kunz kniet vor der Gedenktafel und zündet eine Kerze an.

Am Platz der Synagoge zündete Bürgermeister Emmanuel Kunz eine Kerze an.

„Es heißt, wer sich erinnert, verändert die Zukunft“, sagte Kunz auf der Begräbnisstätte. Wenn man also heute an Isaak Katz, an die Familie Levy, an all die jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger aus Kall denke, tue man das, um wachsam zu bleiben. Verbrechen gegen die Menschlichkeit dürften nie wieder Zustimmung finden, ebenso dürften Schweigen, Wegsehen und Gleichgültigkeit nie wieder eine Antwort sein.

Zustimmung und auch Schweigen

Kunz ging auch auf die Gräueltaten der Pogromnacht in Kall ein: „Auch hier traf die Welle von Hass, Gewalt, und Zerstörung die kleine jüdische Gemeinde, die über Generationen hinweg fest zu unserem Ort gehörte.“ Die jüdische Gemeinde in Kall sei klein, aber lebendig gewesen: „Sie war ein Teil unserer Gemeinschaft – bis das nationalsozialistische Regime ihr diesen Platz nahm.“ Und dies nicht nur durch brutale Gesetze, sondern auch durch die Zustimmung oder das Schweigen vieler Menschen.

„Nie war es wichtiger, sich an die Verfolgung und Vernichtung unserer jüdischen Mitbürger zu erinnern, als heute“, mahnte Luise Binger. Wenn heute zum Beispiel Künstler abgelehnt würden, weil sie Juden seien oder aus Israel kämen, dann sei das klarer Antisemitismus.

Binger ging sodann auf das Judentum im Osten ein, denn mit der Vernichtung und den Deportationen von osteuropäischen Juden sei auch eine ganze Kultur ausgelöscht worden. Abschließend zitierte die Kallerin Psalm 137 in Deutsch und Hebräisch. Der Psalm war 586 vor Christus während der ersten Judenverfolgung der Geschichte entstanden“. Er beschreibt die Trauer der Israeliten in der Gefangenschaft und ihre Sehnsucht nach Jerusalem.

Der Musiker und Trompeter Günter Giefer begleitete die Gedenkstunde musikalisch und fand nicht zuletzt mit dem Stück „Hallelujah“ von Leonard Cohen einen bewegenden Abschluss. Im Anschluss entzündete der Bürgermeister eine Kerze am Gedenkstein „Im Sträßchen“. Direkt gegenüber liegen fünf der insgesamt 23 Kaller Stolpersteine, die Ehrenamtliche um Waltraud Forner wieder im Vorfeld gereinigt sowie Blumen und Kerzen abgelegt hatten.