Kreis EuskirchenGrundschulleiter müssen Schulbank drücken

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Auf ein gutes Schuljahr: Maria Cloot-Schmich (v.r.) leitet nun die Kommerner Grundschule, Wiete Dunker den Grundschulverbund Weilerswist/Metternich und Sebastian Wexel führt jetzt an der Flamersheimer Grundschule Regie.

Auf ein gutes Schuljahr: Maria Cloot-Schmich (v.r.) leitet nun die Kommerner Grundschule, Wiete Dunker den Grundschulverbund Weilerswist/Metternich und Sebastian Wexel führt jetzt an der Flamersheimer Grundschule Regie.

Kreis Euskirchen – Die neuen Grundschulleiter mussten noch einmal 100 Stunden die Schulbank drücken. Sie sind im Kreis Euskirchen Pioniere, weil sie die ersten waren, die einen Eignungstest durchlaufen mussten. Auf den klassischen Unterricht werden sie dennoch nicht verzichten.

Die Vorfreude ist ihnen anzumerken, die Nervosität allerdings auch. Gleich vier neue Grundschulleiter haben im Kreis Euskirchen ihre Arbeit aufgenommen. „Wir freuen uns auf die kommenden Aufgaben und sind voller Tatendrang“, sagt Sebastian Wexel. Der 37-jährige Euskirchener leitet die Grundschule Flamersheim und zählt mit Maria Cloot-Schmich, Wiete Dunker und Katrin Franken (siehe „Posten war lange Zeit vakant“) zur neuen Generation der Grundschulleiter. Das Quartett hat in Soest ein Eignungsfeststellungsverfahren absolviert – eine Premiere für Rektoren. Bislang durchliefen die Grundschulleitungen nur eine schulinterne Revision.

Schulbank gedrückt

Wexel und Co. haben eine intensive Fortbildung inklusive Abschlussprüfung gemeistert. Mehr als 100 Stunden drückten sie noch einmal die Schulbank. Dabei sei es wesentlich unpersönlicher als in der Schule zugegangen. „Wir waren einfach eine Nummer. Ein Feedback der Prüfer war während des Eignungstests tabu“, berichtet Maria Cloot-Schmich. In Soest ging es unter anderem darum, sich in berufsrelevanten Simulationen zu bewähren. Im Mittelpunkt standen die Kompetenzen Rollenklarheit, Innovation, Management und Kommunikation. Die Qualitäten eines Managers seien auch an der Schule gefragt, so die neue Schulleiterin der Grundschule Kommern und damit Nachfolgerin von Willy Gemünd. „Wir leiten jetzt alle ein kleines Unternehmen“, sagt sie.

Derzeit stehe vor allem die Organisation des Schuljahres im Vordergrund. Es gelte nun Stundenpläne zu machen, Kollegen kennenzulernen und Kontakte zu knüpfen. „Wir führen ganz viele Gespräche und stellen uns vor“, so Dunker, die wie ihre Mitstreiter betont, dass sie ein hervorragendes Team übernehme. „Unsere Vorgänger haben über Jahre tolle Arbeit geleistet und uns ein funktionierendes System übergeben“, fügt Wexel hinzu, dessen Flamersheimer Schule noch einer Baustelle gleicht, die bis zum ersten Schultag am kommenden Mittwoch aber abgearbeitet sein soll.

Posten war lange Zeit vakant

Katrin Franken leitet nun die Johann-Hugo-von-Orsbeck-Schule in Vernich. Die 34-Jährige war im vergangenen Schuljahr bereits die kommissarische Leiterin der katholischen Grundschule. Der Posten war lange Zeit vakant. Franken war zuvor in Jülich tätig. In Vernich ist sie für 200 Schüler zuständig, das Kollegium umfasst mit ihr 13 Lehrer. Sie wird vor allem in Vernich Englisch unterrichten – ab dem zweiten Halbjahr des ersten Schuljahres. (tom)

Aufs Unterrichten wird das Trio nicht verzichten. „Das wollen wir gar nicht, wir sind schließlich gerne Lehrer geworden und wir wollen auf keinen Fall den Kontakt zur Basis verlieren“, sagt Cloot-Schmich. In welchen zeitlichen Umfang die neuen Rektoren vor der Klasse stehen werden, hänge auch von der Schulgröße ab. Sie seien sich alle bewusst, dass die neue Aufgaben nun weit über die Unterrichtsplanungen hinausgehen werden und ein Schultag nun deutlich mehr Stunden habe als bislang. „Der Kommunikationsfaktor ist wesentlich höher“, sagt Wexel. Kollegin Dunker ergänzt: „Wir können nun aktiv gestalten und die Schule entwickeln – alles mit den Kollegen, Eltern und Schülern zusammen.“ Dass man nun auch wesentlich mehr Verantwortung trage, sei eher Ansporn als Hemmschuh. Schließlich habe man sich bewusst dazu entschieden, den Karriereschritt zu machen, mehr Verantwortung zu übernehmen und dafür im Vergleich zu einem normalen Grundschullehrer nur 200 bis 300 Euro brutto mehr zu verdienen. Das mache sich netto fast gar nicht bemerkbar. „Das hat auch viel mit Idealismus zu tun“, meint Dunker. Die anderen pflichten ihr bei.

Dass man sofort in die Führungsebene wechsele sei aber nicht unbedingt nötig gewesen. „Nach einem erfolgreichen Eignungstest hat man drei Jahre Zeit, den Schritt zu gehen. Lässt man die Zeit indes verstreichen, muss erneut das Verfahren, das übrigens dasselbe wie für weiterführende Schulen ist, durchlaufen werden“, berichtet Wechsel.

1641 I-Dötzchen

An den 32 Grundschulen im Kreis werden laut Wolfgang Andres, Pressesprecher des Kreises Euskirchen, am kommenden Donnerstag 1641 i-Dötzchen eingeschult. Erfahrungsgemäß komme es bis zum ersten Schultag wegen Um- und Zuzügen noch zu leichten Abweichungen. Die meisten Schüler werden in Euskirchen eingeschult (493), gefolgt von Mechernich (248). Die Zahlen sind im Vergleich zum Vorjahr (1607) leicht gestiegen . (tom)

Angst vor der Zukunft muss keiner der neuen Schulleiter haben. In Kommern werden im kommenden Schuljahr 260, in Flamersheim 190 und im Grundschulverbund Weilerswist/Metternich sogar 360 Kinder beschult. Natürlich sei auch für die neue Generation Rektoren die Themen Inklusion und Integration wichtig. „Grundschulen waren schon immer Gesamtschule und sehr heterogen“, sagt Wexel. Inklusion und Integration betreffe nicht nur die Schule, sondern auch die Gesellschaft. Deren Spiegel sei aber nun die Schule, so Wexel, der sich der Entwicklung für individuelle Lernwege verschrieben hat und diese in Flamersheim vorantreiben möchte.

Auch Dunker hat schon ein großes Ziel: einen gemeinsamen Chor, der bei Schulfesten Auftritte absolvieren könne. Cloot-Schmich möchte in Kommern die Teamarbeit weiterentwickeln, um so die Kompetenzen der Kollegen und Schüler noch besser abrufen zu können.

Digitale Medien haben großen Stellenwert

Nicht von der Hand zu weisen ist, dass digitale Medien schon in der Grundschule einen großen Stellenwert haben. Ab dem Schuljahr 2019/20 muss ein Medienkompetenzrahmen in die Lehrpläne eingearbeitet werden, in dem es etwa um den Umgang mit Sozialen Netzwerken geht. In den vergangenen Jahren seien die Eltern wesentlich kritischer geworden. „Eltern sind besorgt und anspruchsvoll. Darauf haben sie aber ein Recht. Das ist eher bereichernd“, so Dunker. Unterstützung erhalte man bei allen Fragestellungen und Problemen unter anderem von Bärbel König, Schulamtsdirektorin für Grundschulen beim Kreis Euskirchen. „Wir arbeiten in allen Bereichen ganz eng zusammen“, sagt der 37-jährige Wexel. Einen engen Austausch gebe es auch mit den weiteren 29 Grundschulleitungen im Kreis. Ein Austausch, der guttue. „Es ist total beruhigend, wenn die anderen die gleichen Probleme haben wie man selbst“, erzählt Cloot-Schmich schmunzelnd.

Wexel und Dunker sind Freunde geworden. Eine Whatsapp-Gruppe „Die Neuen“ hätten sie aber noch nicht angelegt. Für die 46-Jährige Cloot-Schmich ist die Kommerner Grundschule kein Neuland. Die ausgebildete Schauspielerin ist seit elf Jahren als Lehrerin tätig. „Ich bin ein Karnevalsjeck und natürlich wird es den Kinderzug weiterhin geben“, kündigt sie an. Das dürfte ihren Vorgänger Gemünd beruhigen, denn der gilt als Erfinder des Kommerner Kinderzugs.

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