BildungsberichtVergleichszahlen zur Berufsausbildung im Kreis Euskirchen liegen nicht vor

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Maschinen für die Rundholzbearbeitung in einer Halle der Firma Holtec in Blumenthal.

Die Anforderungen, auch an die Auszubildenden, sind durch komplexe Maschinen und Technologien gestiegen. Tonnenschwere Maschinen für die Rundholzbearbeitung stellt zum Beispiel die Firma Holtec in Blumenthal her.

Die Arbeitsagentur und die Kammern wollen möglichst alle jungen Menschen im Kreis Euskirchen in eine Berufsausbildung vermitteln.

Alarmierende Zahlen waren es, die in der vergangenen Woche veröffentlicht wurden. Im Jahr 2022 verfügten 2,86 Millionen der 20- bis 34-Jährigen in Deutschland nicht über eine formale Berufsausbildung. Das entspreche 19,1 Prozent der Altersgruppe, zitierte das Handelsblatt aus dem Entwurf des Bundesbildungsberichts, der sich zur Zeit noch in der Bearbeitung befindet und vom Bundeskabinett Ende April oder Anfang Mai verabschiedet werden soll. Das sei ein Rekordwert. Noch vor einem Jahr seien es 2,64 Millionen Menschen oder 17,8 Prozent gewesen, die keine Berufsausbildung vorweisen könnten.

Dieser Bericht ist auch der Arbeitsagentur in Brühl bekannt, die für den Kreis Euskirchen zuständig ist. Doch Vergleichszahlen könnten wegen der verwendeten Datenbasis nicht geliefert werden, teilt Pressesprecherin Nicole Cuvelier mit. Denn die Zahlen aus dem Bundesbildungsbericht stammen aus dem Mikrozensus, der regelmäßig vom Statistischen Bundesamt erhoben wird.

Die Agentur für Arbeit erfasse dagegen lediglich die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, was eine geringere Datenbasis bedeute. Zahlen vom Statistischen Landesamt it.nrw, die mit denen aus dem Bundesbildungsbericht vergleichbar wären, aber sich auf das Land NRW oder den Kreis Euskirchen beziehen, lagen bis Redaktionsschluss nicht vor.

Nachvermittlung auch noch nach dem Start des Ausbildungsjahres möglich

So ist auch Ralf Holtkötter, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit in Brühl, entsprechend vorsichtig bei der Beurteilung dieser Meldung. „Ich habe keine Ahnung, ob die 20 Prozent stimmen“, sagt er offen. Allerdings haben in der jüngsten Bewerbungsrunde im Kreis Euskirchen, die im vergangenen September geendet habe, rund 100 Bewerber von ursprünglich 930 keinen Ausbildungsplatz bekommen. Rund 85 Prozent der bei der Arbeitsagentur gemeldeten Ausbildungsstellen hätten dagegen besetzt werden können, so Holtkötter.

60 Prozent der Arbeitslosen haben keinen Berufsabschluss.
Ralf Holtkötter, Arbeitsagentur

Damit sei das Engagement nicht zu Ende, so Ausbildungsexpertin Anja Daub. Auch nach dem Beginn des Ausbildungsjahres werden die bis dahin erfolglosen Bewerber weiter unterstützt. Es wird im Rahmen der Nachvermittlung versucht, ihnen eine Ausbildung zu vermitteln. Seit dem Sommer 2023 gebe es auch das neue Programm „Ausbildungswege NRW“, das genau darauf ziele, jungen Leuten einen qualifizierten Berufsabschluss zu verschaffen.

Arbeitsagentur will direkten Kontakt zu den Schulabgängern

„Ich kann diese Zahlen für NRW und den Kreis Euskirchen nicht nachvollziehen“, sagte Waltraud Gräfen von der IHK Aachen. Das erklärte Ziel der Industrie- und Handelskammer sei, dass jeder Interessent an einer Ausbildung auch ein Angebot bekomme. Durch die Nachvermittlung nach dem 30. September erhielten viele noch einen Ausbildungsplatz, die vorher leer ausgegangen seien. „Die Zahlen derjenigen, die dabei nicht versorgt werden können, sind rückläufig“, betonte sie.

„Wir sind in einer Zwischenzeit“, betonte Holtkötter. Augenblicklich hätten die Arbeitsagenturen aus Datenschutzgründen nicht die Möglichkeit, „den Schulabgängern hinterherzulaufen“. „Demnächst bekommen wir die Daten der Schulen über die Abgänger und können dann direkt auf sie zugehen“, kündigte er an.

Ob die im Bundesbildungsbericht verwendeten Zahlen nun zutreffen oder nicht, eines stehe allerdings fest, erklärte Holtkötter: „60 Prozent der Arbeitslosen haben keinen Berufsabschluss.“ Also sei durch das Fehlen einer Berufsausbildung der Weg in die Erwerbslosigkeit bei vielen Menschen eher absehbar. „Die landen oft in den Sozialsystemen“, schilderte er ein Problem.

Er weiß jedoch auch, dass heutzutage die Anforderungen an die Auszubildenden durch den technischen Fortschritt viel höher sind als früher. CNC-gesteuerte Maschinen etwa und neue Technologien haben die Arbeitswelt – und damit auch die Ausbildung – verändert: „Das wird alles Hightech.“ Deshalb sei es auch nötig, Alternativangebote für die zu entwickeln, die die nötigen Anforderungen nicht erfüllen.

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