Neue StudieWohnungslosigkeit im Kreis Euskirchen steigt rasant – Es gibt aber Hoffnung

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Das Foto zeigt die Baustelle für das Wohnhaus an der Ecke Wilhelmstraße/Hochstraße in Euskirchen.

18 geförderte Wohnungen entstehen derzeit an der Ecke Wilhelmstraße/Hochstraße in Euskirchen. Laut Kreisverwaltung liegt der Bau von geförderten Wohnungen im Trend. Günstiger Wohnraum wird auch dringend gebraucht.

Vor allem das Tempo, in dem die Zahl der Wohnungslosen im Kreis Euskirchen steigt, schreckt auf.

Die Zahl der Wohnungslosen im Kreis Euskirchen steigt seit Jahren. 2022 waren es laut einer Erhebung der NRW.Bank 735. In den drei Jahren zuvor hatten im Schnitt 499 Menschen keine Wohnung. In den Jahren von 2013 bis 2022 lag die Zahl im Schnitt bei 191. Eine Entwicklung, die nach mehr bezahlbaren Wohnraum geradezu schreit.

Doch laut den aktuellen Wohnungsmarktprofilen der NRW.Bank verschwinden in den kommenden Jahren viele geförderte Wohnungen aus der Mietpreisbindung. Sie können dann zu marktüblichen Preisen vermietet werden – und die liegen über den sechs Euro Kaltmiete pro Quadratmeter, auf die die Miete als Gegenleistung für die staatliche Förderung für 20 oder 25 Jahre beschränkt war.

Experten: Im Kreis Euskirchen leben bald mehr als 200.000 Menschen

2022, so die NRW.Bank , gab es im Kreis 2357 geförderte Wohnungen. Laut ihren Modellrechnungen werden es 2030 noch 1550 und 2035 noch 1210 sein. Unterdessen überspringe die Zahl der Einwohner im Kreis schon bald die 200.000er-Marke von 197.247 in 2022 auf 202.137 in 2040.

Das klingt alles nicht gut, doch die NRW.Bank weist auch darauf hin, dass sie die künftige Schaffung von geförderten Wohnungen nicht berücksichtigen könne: „Diese sind nur schwer prognostizierbar.“

Insofern gibt es Hoffnung. Denn bereits im Sommer 2023 vermeldete der Teamleiter Wohnungswesen beim Kreis Euskirchen, Erich Warnken, einen Run auf die Fördermittel, wie er ihn in den 21 Jahren seiner Tätigkeit noch nicht erlebt habe. Daran habe sich seitdem nichts geändert.

Das Interesse an Förderungen ist weiterhin hoch

„Das Interesse an einer Förderung ist weiterhin ungebrochen hoch. Es gibt zahlreiche Anbahnungen und durchgeführte Beratungen“, so Warnken vor wenigen Tagen. Die Bewilligungszahlen seien 2023 so hoch gewesen wie noch nie, fügt seine Kollegin Lisa Rodermann hinzu: „104 Mietwohnungen werden nun gebaut.“

Im vergangenen Jahr seien dafür im Kreis 22,4 Millionen Euro an Fördermittel vergeben worden, zusätzlich 3,2 Millionen Euro für 19 Wohneinheiten im Eigenheimbereich.

In den Jahren davor lagen die Summen bei lediglich 6,9 Millionen für 51 Wohnungen (2020), 1,1 Millionen für 9 Einheiten (2021) und 8,98 Millionen Euro für 35 Einheiten (2022). Im geförderten Eigenheimbereich wurden 2022 sieben Einheiten mit insgesamt 1,09 Millionen Euro gefördert, für die Jahre 2020 und 2021 nennt der Kreis „keine Förderungen“ im Eigenheimbereich.

Die Bewilligungszahlen waren 2023 so hoch gewesen wie noch nie. 104 Mietwohnungen werden nun gebaut.
Lisa Rodermann, Kreisverwaltung Euskirchen

Auch hier ist also die Tendenz steigend – und im Gegensatz zur Zahl der Wohnungslosen in eine gute Richtung. Und es lässt auch die Modellrechnungen der NRW.Bank im hellerem Licht erscheinen.

Demnach fielen und fallen von 2022 bis 2035 etwa 1100 geförderte Wohneinheiten aus der Mietpreisbindung. Angenommen aber, es würden bis dahin jedes Jahr so viele neue geförderte Wohnungen entstehen wie 2023, nämlich 104, könnte dieser Wegfall rein rechnereich in etwa kompensiert werden.

Auch diese Prognose ist wie so ziemlich alle im Wohnungsbaubereich wackelig. Sie zeigt aber immerhin, dass es nicht unmöglich sein muss, die Situation maßgeblich zu verbessern – und dass für Politik und Baugewerbe kein Anlass besteht, den Kopf in den Sand zu stecken. Zumal sich die Bedingungen voraussichtlich verbessern werden.

Immer mehr Menschen brauchen die Notschlafstelle in Euskirchen

Erich Warnken weist auf Pläne im Land hin: Die Grunddarlehen im geförderten Wohnungsbau und die Mietgrenze sollen angehoben werden, um den Bau geförderter Wohnungen attraktiver zu machen. Die Bekanntgabe sei für Ende Februar vorgesehen, der Kreis wolle dann auch rasch über die Neuerungen in einer Veranstaltung informieren, so Warnken.

Wie wichtig weiterer bezahlbarer Wohnraum ist, weiß kaum jemand so gut wie Maria Surges-Brilon. Die Bereichsleiterin der Sucht- und Wohnungslosenhilfe beim Caritasverband Euskirchen sieht täglich in der Notschlafstelle an der Kommerner Straße, wie gravierend das Wohnungslosen-Problem ist.

Im Sommer 2023 hatten 243 Menschen ihr Postfach mangels eigener Adresse bei der Wohnungslosenhilfe. Schon diese Zahl sei sehr hoch gewesen. „Inzwischen haben wir 280“, sagt Surges-Brilon. Jenseits aller Schwankungen zeichne sich ein steigender Trend ab, stellt sie fest: „Die Wohnungsnot ist groß.“


In Dahlem haben die Menschen den größten Platz zum Wohnen

Wie wohnen die Menschen im Kreis Euskirchen? Wie viel Platz haben sie? Wie groß sind ihre Wohnungen? Auf diese Fragen geben die aktualisierten Wohnungsmarktprofile der im staatlichen Auftrag arbeitenden NRW.Bank Antworten. Hier einige Zahlen:

Zahl der Wohnungen: 2022 gab es im Kreis 96.133 Wohnungen, zehn Jahre zuvor waren es gut 10 Prozent weniger. Rund 70 Prozent davon befanden sich in Ein- oder Zweifamilienhäusern, 26,3 in Mehrfamilienhäusern.

Größe der Wohnungen: Die größten Wohnungen gab es in Dahlem (im Schnitt 121,1 Quadratmeter groß), die kleinsten in Euskirchen (97,3). Das lag aber immer noch über den NRW-Landesschnitt von 90,7 Quadratmetern. Die durchschnittliche Wohnung im Kreis maß 107,9 Quadratmeter.

Personen pro Wohnung: Im Schnitt lebten im Kreis 2,2 Personen in einer Wohnung, die Schwankungen innerhalb der Kommunen sind gering. Der Landesschnitt liegt bei 2,1.

Wohnfläche pro Person: In Dahlem haben die Bürger den meisten Platz: 62,5 Quadratmeter im Schnitt hatte dort jede Person zur Verfügung, die Euskirchener mussten sich mit 15,6 Quadratmeter weniger zufriedengeben. Kreisweit hatte jeder Bewohner 52,6 Quadratmeter. Damit leben die Kreis Euskirchener relativ geräumig, der durchschnittliche Nordrhein-Westfale hatte 46 Quadratmeter, also noch weniger als die Bürger in Euskirchen, dem Schlusslicht im Kreis.  

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