Jahrmarkt anno dazumalKommerner Museum bekommt einen neuen Scharfrichter

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Dr. Michael Faber (l.) übergibt das Fallbeil beim "Jahrmarkt anno dazumal" im Freilichtmuseum Kommern an den Variete-Künstler Jeton.

Nach seinem letzten Auftritt als Scharfrichter übergibt Dr. Michael Faber (l.) das Fallbeil beim 'Jahrmarkt anno dazumal' im Freilichtmuseum Kommern an den Varieté-Künstler Jeton.

Dr. Michael Faber, „Erfinder“ des Jahrmarkts anno dazumal, übergab die Guillotine an einen würdigen Nachfolger.

Ein bisschen Wehmut war sicherlich auch dabei, als Dr. Michael Faber zum letzten Mal das Schafott betrat, um eine junge Dame aus dem Publikum den sprichwörtlichen Kopf kürzer zu machen. Seinen Spaß hatte er bei seinem letzten Auftritt als Henker aber dennoch: „Sie machen das ganz ausgezeichnet“, lobte Faber die Hillesheimerin Sarah, als sie es sich unter dem Fallbeil bequem gemacht hatte: „Sind Sie schon einmal hingerichtet worden?“

Die makabere Illusionsdarbietung mit dem etwas sperrigen Titel „Hinrichtung einer Person aus dem Publikum auf der Guillotine“ war im vergangenen Vierteljahrhundert ein fester Bestandteil des „Jahrmarkts anno dazumal“ im Freilichtmuseum. Und mit Faber in der Rolle des „Henkers“ besaß sie einen echten Kult-Charakter, wie der ehemalige stellvertretende Leiter des Freilichtmuseums Kommern nicht ohne Stolz feststellt. „Ich freue mich sehr, dass mit Jeton, ansonsten vom Jahrmarkt her bekannter Gentleman-Jongleur von Weltklasse, ein würdiger Nachfolger für diese Darbietung gefunden werden konnte. Er wird natürlich der Hinrichtung seine persönliche Note verleihen“, sagte Faber, der bereits seit Sommer 2018 im Ruhestand ist – zumindest teilweise.

Als Jongleur schon oft in Kommern zu Gast

Denn als Henker trat der „Erfinder“ des erstmals im Jahr 1995 gefeierten historischen Jahrmarkts noch einmal im Jahr 2019 in Erscheinung. „Es ist eine große Ehre für mich, diese Nummer auf dem Jahrmarkt präsentieren zu dürfen“, sagt Jens Thorwächter alias Jeton: „Vor der Erfahrung meines Vorgängers habe ich großen Respekt.“ Ein Neuling ist der gebürtige Hesse im Freilichtmuseum aber nur in seiner neuen Rolle als Henker: Mit seinen beeindruckenden Jonglage-Shows war er bereits mehrfach in Kommern zu Gast.

„Die Verbindung zum Freilichtmuseum ist über viele Jahre gewachsen“, sagt Jeton. Auch in diesem Jahr präsentiert er in der „Arena der Sensationen“ zweimal täglich, um 13 und um 17 Uhr, sein atemberaubendes Können als Jongleur. „Die Unterhaltungskunst der Goldenen Zwanziger des 20. Jahrhunderts wurde wesentlich durch die zahlreichen Varieté-Theater geprägt“, erklärt Jeton. Zu den Höhepunkten zählten damals die sogenannten Gentleman-Jongleure – elegant gekleidet betraten sie die Varieté-Bühnen und kombinierten das Jonglieren alltäglicher Gegenstände mit dem Balancieren in höchster Vollendung.

Show-Import aus Frankreich

Jeton ist dabei ein echter Meister seines Fachs: Bereits im Jahr 2013 wurde er in den USA mit dem „Award of Excellence“ ausgezeichnet. Mit diesem Ehrenpreis würdigt die Fachorganisation IJA professionelle Jongleure, die diese Kunstform maßgeblich mitgeprägt haben. Show-Import aus Frankreich In seiner neuen Rolle an der Guillotine geht Jeton zeitlich noch etwas weiter in die Vergangenheit zurück: „Eine süddeutsche Schausteller-Familie hat die Illusionsdarbietung in den 1870er-Jahren aus Frankreich nach Deutschland mitgebracht“, erklärt Michael Faber den geschichtlichen Hintergrund der Darbietung: „Bis etwa zur Jahrhundertwende wurde sie auf vielen Jahrmärkten mit großem Erfolg aufgeführt, dann verschwand sie aber fast vollständig von der Bildfläche, bis wir sie für den Jahrmarkt in Kommern wiederbelebt haben.“

Bei sonnigem, aber kühlem Frühlingswetter kamen am Dienstag rund 2400 Gäste zur Eröffnung des zehntägigen Jahrmarkts ins Freilichtmuseum auf den Kahlenbusch. „Es wird schwer, die Zahl von rund 50000 Besuchern, die wir im Jahr 2022 hatten, wieder zu erreichen. Aber wir lassen uns gern überraschen“, so Museumsdirektor Dr. Carsten Vorwig.


Jahrmarkt bis zum 16. April

  • Die Geschichte des Rummels können Groß und Klein beim diesjährigen „Jahrmarkt anno dazumal“ im Freilichtmuseum Kommern erleben. Es geht von der Kaiserzeit bis in die Wirtschaftswunderzeit, mit historischem Karussell und Riesenrad.
  • Der Jahrmarkt findet noch bis zum Sonntag, 16. April, statt und öffnet jeweils von 10 bis 18 Uhr seine Pforten. Am 14. und 15. April bleibt er sogar bis 21 Uhr geöffnet. An Karfreitag ist der Jahrmarkt geschlossen, das Museum aber wie gewohnt geöffnet.
  • Der Eintritt kostet für Erwachsene 9,50 Euro, Studierende und Auszubildende zahlen 7,50 Euro und für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren ist der Eintritt frei. Zusätzlich wird an allen Veranstaltungstagen eine Parkgebühr von drei Euro erhoben. Tickets gibt es auch im Online-Shop des Museums. (jre)
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