Der Mechernicher Sozialdemokrat Hans Schmitz zieht sich nach 46 Jahren aus der Politik zurück. Zum Abschied macht er klare Ansagen an die Genossen.
Abschied1994 wäre Hans Schmitz beinahe Bürgermeister in Mechernich geworden

Das Foto für den Wahlkampf 1994 haben ihm Freunde eingerahmt und Hans Schmitz geschenkt. Nun endet seine politische Laufbahn.
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Fragt man Hans Schmitz nach seinen schönsten Erlebnissen in der Politik, fällt als erstes ein Name: Peter Schüller. Dass es den Mechernicher Sozialdemokraten 1989 gelungen war, einen der ihren zum Bürgermeister zu machen, erfülle ihn heute noch mit Stolz, sagt Schmitz.
Dass er nach 46 Jahren in der Kommunalpolitik nun zu seinem Ausscheiden seine Bilanz mit einem eher zurückhaltenden „sehr zufrieden“ überschreibt, hat damit zu tun, dass es auch weniger schöne Momente gegeben hat – was bei einer solchen Zeitspanne nicht außergewöhnlich ist.
Die Wahl zum Bürgermeister 1994 in Mechernich war eher unkonventionell
Als nämlich der 2006 verstorbene Schüller 1994 nicht mehr zur Wiederwahl antrat, wäre Schmitz ihm gerne nachgefolgt. Und hätte es auch fast geschafft. Damals, als die Bürgermeister noch ehrenamtlich agierten, die Verwaltungen von einem Stadt- beziehungsweise Gemeindedirektor geführt wurden und Mechernich im inoffiziellen Wettkampf um den Titel „Kommune mit den größten politischen Turbulenzen“ noch locker mit Weilerswist mithalten konnte, ging es bei der Bürgermeisterwahl im Mechernicher Rat etwas unkonventionell zu, wie Schmitz sich erinnert: „Der CDU-Kandidat Peter Wassong hatte seine Fraktion und die Grünen hinter sich, ich die SPD und die UWV.“ Dachten zumindest alle.
Wassong hätte dann schon im ersten Wahlgang mit 20 zu 19 Stimmen gewinnen müssen. Doch dann stand es plötzlich 19:19. Jemand hatte eine ungültige Stimme abgegeben, Wassong wurde nervös. Bei einem erneuten Patt hätte das Los entschieden, womöglich für Schmitz.
Doch Wassong gewann den zweiten Wahlgang mit 20:19, weil, so Schmitz 31 Jahre später, „ein Genosse gegen mich gestimmt hat“. Er wisse auch, wer das war, schweigt im Gespräch darüber aber beharrlich.
Die politische Laufbahn von Hans Schmitz hat einiges zu bieten
Warum auch sollte er alte Wunden aufreißen? Dafür hat die politische Laufbahn von Hans Schmitz viel zu viel zu bieten. Etwa, dass er von 2004 bis 2009 zweiter stellvertretender Landrat und von 2009 bis 2014 nach Bildung der Großen Koalition im Kreistag sogar erster Stellvertreter von Günter Rosenke war.
Seine ersten politischen Sporen verdiente er sich im Mechernicher Stadtrat, in den er 1979 einzog und bis 2009 blieb, zwischenzeitlich auch Fraktionschef war. „Es war gut, dass wir die Übergabe der Kitas an die AWO durchgesetzt haben – gegen den Widerstand der CDU“, nennt er einen der wichtigen Erfolge aus dieser Zeit – und fügt lächelnd hinzu: „Das weiß die CDU inzwischen auch.“ Heute wurme es ihn, dass eine Ortsumgehung Satzvey nicht zustande kam: „Ich habe da nicht locker gelassen, aber es gab kein Durchkommen. Das war mit der CDU nicht zu machen. Sie wollte einen Autobahnanschluss.“ Bislang gibt es weder das eine noch andere.
Mit CDU-Mann Kolvenbach setzte er sich für Bus und Bahn im Kreis ein
1989 kam Schmitz in den Kreistag, wurde sofort zum Vorsitzenden des Planungsausschusses gewählt und blieb es bis 2020. Als Sachgebietsleiter beim Straßenbauamt NRW (seit 2004 Straßen.NRW) brachte er das fachliche Rüstzeug mit.
Für seine Heimatstadt habe er als Kreispolitiker in den regionalen Verkehrsgremien in Köln maßgeblich dazu beitragen können, dass der Bahnhof Mechernich nach langer Geduldsprobe irgendwann dann doch barrierefrei ausgebaut wurde.
Der Bernd steht links in der CDU, ich rechts in der SPD. Da kommt man dann ganz gut miteinander klar.
„Mit liegt es aber auch schwer im Magen, dass die Elektrifizierung von Eifel- und Voreifelbahn erst 2030 realisiert sein soll“, zieht Schmitz ehrlich Bilanz. Die hätte er gerne schon 2026 gesehen. Immerhin: Die Bördebahn fahre wieder und die Stilllegung der Erfttalbahn zwischen Euskirchen und Bad Münstereifel wurde verhindert, auch wenn die Reaktivierung nach der Flutkatastrophe noch auf sich warten lässt.
Wenn es darum ging, in Sachen Bus und Bahn den Kreis auf regionaler Ebene in den Fokus zu rücken, habe er eng mit dem CDU-Kollegen Bernd Kolvenbach zusammengearbeitet. „Da ergibt dann eins plus eins mehr als zwei“, so Schmitz. Probleme habe ihm die Zusammenarbeit mit der CDU nicht bereitet– schon gar nicht mit Kolvenbach. „Ich wollte Ergebnisse sehen“, so Schmitz. Außerdem: „Der Bernd steht links in der CDU, ich rechts in der SPD. Da kommt man dann ganz gut miteinander klar.“
Hans Schmitz macht den Genossen zum Abschied klare Ansagen
Auch da wandelt er auf den Spuren von Peter Schüller, der als Bürgermeister keinen Hehl daraus machte, dass er mit dem kürzlich verstorbenen, damaligen CDU-Stadtdirektor Bernhard Wachter eher auf einer Welle schwamm als mit dem einen oder anderem Genossen. Auch Schmitz, der aus einem sozialdemokratisch geprägten Elternhaus stammt und 1971 der SPD beitrat, hat es seinen Genossen nicht immer leicht gemacht – und die ihm auch nicht. Mit Blick auf die jüngsten Wahl- und Umfrageergebnisse in Bund und Land stellt er fest: „Die Bundesspitze hat sich von unserer eigentlichen Klientel entfernt.“
Damit meine er die hart arbeitenden Menschen, wozu er auch den selbstständigen Bäcker zähle. Dass die SPD als Teil der schwarz-roten Bundesregierung ihr Versprechen, die Stromsteuer für diese Menschen zu senken, nicht gehalten habe, lasse ihn ratlos zurück, gesteht Schmitz. Da müsse die SPD wieder zu ihren Wurzeln zurückehren.
Auf Kreisebene hingegen sei er mit seinen Genossen im Reinen: „Mit Markus Ramers und Thilo Waasem habe ich jeweils ein gutes Verhältnis“, sagt er zum einen über den Landrat und zum anderen über den SPD-Kreisparteichef.
Das alles erzählt er mit einer Leidenschaft, die unweigerlich zu der Frage führt, warum er überhaupt aufhört. Die regelmäßigen Besuche in Fitnessstudio und Sauna verfehlen gut sichtbar ihre Wirkung nicht. „Ach wissen Sie“, holt Schmitz etwas aus, „ich bin jetzt 74 Jahre alt“. Irgendwann sei dann auch mal gut. „Ich habe vor zwei Jahren für mich den Entschluss gefasst, nicht mehr anzutreten.“ Das habe er auch durgezogen. Kürzlich, erzählt er, habe er seit Jahrzehnten mal wieder einen Urlaub gebucht, ohne dabei den Sitzungskalender des Kreistags zurate ziehen zu müssen: „Das war auch mal wieder schön.“
An diesen Orten war Hans Schmitz politisch tätig
Seit 1989 gehört Hans Schmitz aus Kommern-Süd dem Euskirchener Kreistag an. Er war zweiter und später auch erster stellvertretender Landrat. Seine Themenschwerpunkte waren Planung, Verkehr, Umwelt und Klimaschutz. Von 1989 bis 2020 war Schmitz fast durchgängig Vorsitzender des Planungsausschusses. Schmitz vertritt den Kreis Euskirchen seit 2014 als Mitglied der Landschaftsversammlung Rheinland. 2021 wurde er dort zum Vorsitzenden des Ausschusses für Personal und allgemeine Verwaltung gewählt.
Seit 2009 ist der Mechernicher persönlicher Vertreter des CDU-Kreistagsmitglieds Bernd Kolvenbach in der Verbandsversammlungen des Zweckverbands Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) und bei go.Rheinland. Dort saß er für die SPD-Fraktion in wichtigen Ausschüssen, so dass die beiden großen Parteien aus dem Kreistag für den Kreis Euskirchen Einfluss nehmen konnten.
Von 1979 bis 2009 gehörte Schmitz dem Mechernicher Rat an, war Fraktionschef von 1988 bis 2004.
Abschied aus der Politik – Die Serie
Sie haben teils Jahrzehnte die Geschicke des Kreises Euskirchen und die ihrer jeweiligen Stadt und Gemeinde mitbestimmt. Eine Reihe von langgedienten Volksvertretern und Bürgermeistern zieht sich nun aus der Lokalpolitik zurück.
In Gesprächen mit der Redaktion ziehen sie Bilanz und plaudern auch ein bisschen aus dem „Maschinenraum“ der Politik.

