Mechernicher KreiskrankenhausGeschäftsführer geht nach 30 Jahren in den Ruhestand

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Geschäftsführer Manfred Herrmann (M.) verabschiedet sich nach 30 Jahren vom Kreiskrankenhaus. Martin Milde (l.) und Thorsten Schütze leiten nun die Geschicke des Konzerns.

Geschäftsführer Manfred Herrmann (M.) verabschiedet sich nach 30 Jahren vom Kreiskrankenhaus. Martin Milde (l.) und Thorsten Schütze leiten nun die Geschicke des Konzerns.

Mechernich – Wie eine Fahrt in die Dunkelheit mit den Lichtern der Großstadt im Rückspiegel sei ihm der Weg von seinem Wohnort Köln nach Mechernich vorgekommen, gibt Manfred Herrmann unumwunden zu. Am 2. Januar 1992 ist das gewesen – sein erster Arbeitstag im Kreiskrankenhaus. „Da bleibst du vielleicht eine Woche“, habe er damals gedacht. Nun, 1560 Wochen später, endet die Ära Herrmann in Mechernich, der Geschäftsführer verabschiedet sich mit 66 Jahren in den Ruhestand.

Seine Nachfolge in der Geschäftsführung ist längst geregelt: Anfang 2020 hat Martin Milde seinen Dienst in Mechernich angetreten, ein halbes Jahr später Thorsten Schütze.

Der Start

Freundlich sei er in Mechernich aufgenommen worden. Von Geschäftsführer Dr. Hans Rossels, der ein halbes Jahr vor ihm dort angefangen hat, sowieso. Und vom damaligen Ärztlichen Direktor Dr. Josef Neuhaus. „Man denkt ja, dass man die Weisheit mit Löffeln gefressen hat“, erinnert sich Herrmann, der von einer Unternehmensberatung gekommen war, an seinen Start.

Da habe ihm Neuhaus zu verstehen gegeben, dass es durchaus auch positive Dinge in Mechernich gebe. Dennoch war Mechernich damals ein „kleines Feld-, Wald- und Wiesen-Krankenhaus“, wie es Milde skizziert. In den folgenden Jahrzehnten hat das Team Rossels/Herrmann es zu einem Konzern der medizinischen Vollversorgung entwickelt.

Die Meilensteine

Massive Widerstände in Politik und Öffentlichkeit sind zu überwinden gewesen, als die 1994 vollzogene Auflösung des Akutkrankenhauses Zülpich und die Umwandlung ins heutige Geriatrische Zentrum in die Wege geleitet worden sind. Letztlich habe sich dies als Erfolgsmodell erwiesen, sagt Herrmann.

Gleich drei Gründe führt er für die Bedeutung der Fusion mit der Schleidener Klinik 2014 an: Der Standort im Schleidener Tal sei gesichert, die Arbeitsplätze ebenfalls. Zudem habe sich das Kreiskrankenhaus gegen eine Übernahme Schleidens, etwa durch eine Klinik-Kette, abgesichert. Daher dürfe bei der Betrachtung Schleidens nicht nur die rein betriebswirtschaftliche Sicht eine Rolle spielen.

1992 – 2021

1800 Mitarbeiter zählt der Konzern heute und ist damit einer der größten Arbeitgeber im Kreis. Etwa 500 Mitarbeiter waren vor 30 Jahren im Kreiskrankenhaus beschäftigt.

150 Millionen Euro Umsatz werden heute erwirtschaftet – vor drei Jahrzehnten waren es rund 20 Millionen Euro.

63000 Patienten werden jedes Jahr konzernweit behandelt – 23000 stationär, 40000 ambulant. 1992 wurden in Mechernich 12850 Menschen stationär behandelt. (rha)

Auch die Gründung etwa des Vivant-Pflegedienstes oder des Schleidener Liebfrauenhofs seien wichtige Wegmarken, die dem Kreiskrankenhaus zu seiner heutigen Stellung verholfen haben: „Wir sind ein wichtiger Anbieter im Kreis Euskirchen, an dem keiner vorbeikommt.“

Der Architekt

„Wir haben mehr als 120 Millionen Euro verbaut“, sagt Herrmann. Immer wieder wurden das Kreiskrankenhaus und die weiteren Standorte des Konzerns erweitert und modernisiert. Auch wenn das Architekturbüro von Joachim Stiller in der Regel für die Pläne verantwortlich ist, als Architekten der Entwicklung bezeichnet Herrmann Dr. Hans Rossels: „Es haben alle mitgeholfen. Aber die Grundideen waren immer von ihm. Dafür müssen wir ihm dankbar sein.“ Seit Rossels Tod, er erlag im September 2015 einem Krebsleiden, steht Herrmann an der Spitze.

Die Entscheidungen

Entscheidungen zu treffen, ist für Geschäftsführer Alltag. Doch auch sie können vorher nicht hundertprozentig wissen, ob sie richtig liegen. Doch schwer getan, so Herrmann, habe er sich nie damit, Dinge zu entscheiden: „Ich habe mir jeden morgen vorgenommen, eine richtige Entscheidung mehr als falsche zu treffen.“

Das Glück

Glück, das gibt Herrmann seinen Nachfolgern mit auf den Weg, müsse man auch schon mal haben. Die Mitarbeiter seien sicherlich ein Glücksfall für die Klinik. Viele kleinere Begebenheiten seien ihm nicht mehr so präsent. Doch eine Nacht hat sich Herrmann ins Gedächtnis gebrannt: die auf den 9. Februar 2012, als im Keller ein Brand ausgebrochen ist. Durch das schnelle Eingreifen der Feuerwehr haben sich die Flammen nicht auf die Stationen ausgebreitet. „Irgendwann, ich glaube, es war gegen 1.30 Uhr in der Nacht, habe ich gedacht: Was ein Glück, dass das Krankenhaus nicht abgebrannt ist“, so Herrmann.

Der Ärger

Über eines hat sich Herrmann immer aufregen können: „Den Bürokratismus, den wir vor uns herschieben, habe ich immer gehasst.“ Ja, Ordnung müsse sein, sagt er. Aber wenn er den Aufwand betrachte, der etwa für die Beantragung öffentlicher Mittel betrieben werden müsse, stehe das kaum in einem Verhältnis. Thorsten Schütze hat dazu aktuelle Zahlen parat: Um 3,3 Millionen Euro aus dem Programm des Krankenhaus-Zukunftsgesetzes zu beantragen, habe ein ganzes Team wochenlang einen Antrag ausgearbeitet, der drei Aktenordner umfasse.

Der Abschied

Einen „leisen Abschied“ hat Manfred Herrmann sich gewünscht. Zum einen, weil zur Corona-Lage aus seiner Sicht große Feste nicht wirklich passen. Außerdem stehe er als Person nicht gerne im Mittelpunkt. Von den Mitarbeitern hat er sich mit einem Schreiben verabschiedet, er ist aber auch durchs Haus gegangen und hat vielen persönlich Adieu gesagt. Dass es ihm nicht leichtfällt, nach 30 Jahren zu gehen, ist deutlich zu spüren.

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Nein, einzelne Personen wolle er nicht nennen und hervorheben – es werde dabei immer jemanden vergessen, sagt Herrmann. Doch dann fällt ihm jemand ein, der auf gar keinen Fall vergessen werden darf: Martina Willner, die Sekretärin der Geschäftsführung. Herrmann: „Sie ist die gute Seele. Sie verliert nie die Ruhe, sie hat immer ein freundliches Wort.“

Wie geht’s weiter?

„Lachen Sie jetzt nicht“, warnt Manfred Herrmann augenzwinkernd, bevor er, der eher als zupackender Pragmatiker bekannt ist, seine Zukunftspläne verkündet, die mit Ruhestand doch nicht so viel zu tun haben.

Er wird an die Universität zurückkehren und Philosophie studieren – ein Fach, hinter dem für ihn noch viele spannende Felder stecken, etwa in den Bereichen Kunstgeschichte oder Politik. Zudem werde das Studium ihm eine Struktur im Tagesablauf bieten, er sei unter Menschen: „Einfach zuhause rumsitzen könnte ich nicht.“

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