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Schwangerschaft während CoronaRoccas Geburt in eine veränderte Welt

Lesezeit 5 Minuten

Die Corona-Pandemie hat auch Auswirkungen auf die Geburten: Für Danica Philipp war mit Rocca diesmal einiges anders als bei der Geburt von Yara und Thorwin. 

  1. Rocca ist mitten in der Corona-Krise in Euskirchen zur Welt gekommen.
  2. Ihre Mutter erzählt von der besonderen Zeit der Schwangerschaft und Geburt – und Hürden bei der Vaterschaftsanerkennung.

Mechernich-Wachendorf – Rocca schläft. Der strubbelige, schwarze Babyflaum steht in alle Richtungen ab. Manchmal grunzt sie ein bisschen und reckt ihre kleinen Ärmchen. Rocca ist nach der Hauptfigur des prämierten Kinderfilms „Rocca – Verändert die Welt“ benannt. „Und irgendwie passt das ja auch zur Corona-Zeit“, sagt Mutter Danica Philipp und lacht. Denn Rocca ist am 26. März auf die Welt gekommen – mitten in der bisherigen Hochphase der Pandemie in Deutschland.

Die letzten zwei Wochen vor der Geburt habe sie täglich mit der Hebamme in Kontakt gestanden, berichtet Philipp. Ständig gab es neue Regelungen und Vorschriften. Einige Krankenhäuser ließen Partner im Kreißsaal gar nicht mehr zu, andere nur noch während der Geburt. „Den Geburtsvorbereitungskurs hätte es online gegeben“, sagt sie. Doch mit zwei weiteren Kindern im Homeschooling sei das kaum machbar gewesen.

Mehr ambulante Geburten

Während Danica Philipp insgesamt vier Tage im Krankenhaus blieb, um dort auch die U2-Untersuchung vornehmen zu lassen, ist im Kreiskrankenhaus Mechernich die Zahl der Frauen gestiegen, die ambulant gebären.

„Die frühzeitige Entlassung kommt im Moment häufiger vor“, bestätigt Dr. Tatjana Klug auf Nachfrage. Sie ist die Leitende Abteilungsärztin in der Geburtshilfe des Krankenhauses. Das hänge sicherlich mit den strengen Besuchsregeln während der Corona-Pandemie zusammen.

Ob sich auch mehr Frauen in dieser Zeit für eine Hausgeburt entschieden, könne man erst später evaluieren. (jre)

Als schließlich die Wehen einsetzten, habe man ihr im Marien-Hospital in Euskirchen gesagt, sie habe Glück. Noch eine Woche zuvor sei der Kreißsaal voll gewesen – auch deshalb, weil die Uniklinik Bonn für einen kurzen Zeitraum keine Väter bei der Geburt zugelassen hatte. Roccas Papa durfte von Beginn an dabei sein. Die Geburt sei im Vergleich zu den anderen beiden, die sie schon erlebt habe, normal verlaufen, berichtet Philipp.

Die Corona-Abstands- und Hygieneregeln seien im Kreißsaal auch nur schwer einzuhalten, erklärt Justine Grube aus Dickerscheid. Sie ist Beleghebamme im Mechernicher Kreiskrankenhaus. „Wir können natürlich zu einer Gebärenden keine zwei Meter Abstand halten.“ Auch sei es den Frauen nicht zuzumuten, einen Mundschutz während der Geburt zu tragen. Die Begleitpersonen setzten meistens einen auf.

Hebamme Justine Grube trägt bei Hausbesuchen nun immer Mundschutz.

Nach der Geburt gelten dann aber wieder alle Vorsichtsmaßnahmen. In vielen Krankenhäusern heißt das: Kein Besuch auf der Station, auch nicht von den frischgebackenen Vätern.

So war es auch bei Rocca. Als sie und ihre Mutter auf die Station gebracht wurden, musste sich der Papa verabschieden. Sie habe nicht einmal alleine im Park spazieren gehen dürfen, berichtet Philipp. Vier Tage hat sie insgesamt auf der Station verbracht. Allein auf ihrem Zimmer. Ohne Kontakt zu den anderen Müttern, als Gesellschaft blieb nur das Klinikpersonal. „Ich hatte Glück, dass ich die Gartenseite hatte“, berichtet sie. So sei am Tag nach der Geburt ihre Familie in den Garten gekommen, um die kleine Rocca wenigstens durch die Fensterscheibe auf der Welt zu begrüßen.

Schöne ruhige Tage mit dem Baby

Im Nachhinein seien diese ruhigen Tage alleine mit dem Baby aber auch sehr schön gewesen. Denn zurück zu Hause war es dann vorbei mit der Zweisamkeit. Die beiden älteren Geschwister Yara (12) und Thorwin (7) konnten nach wie vor nicht in die Schule und mussten betreut werden. „Mama, kann ich Salzstangen haben?“ – Thorwin kommt ins Wohnzimmer gelaufen. „Gleich, noch ist keine Pause“, sagt Philipp.

Etwas widerwillig geht der Siebenjährige zurück in sein Zimmer. Zwischen Homeschooling und Baby bleibe nur wenig Zeit für sie selbst, berichtet Philipp. Wenn die Schulkinder am Nachmittag fertig seien, drehe Rocca erst richtig auf. Aber es sei auch schön, dass die beiden Älteren nun eine so intensive Zeit mit der Kleinen erlebten. Vor allem Yara scheint in der Rolle der großen Schwester voll aufzugehen, behutsam hebt sie Rocca aus der Hängewiege und streicht ihr über den Kopf. Stolz schaut Philipp ihr zu. Das Anmelden der Kleinen beim Amt sei allerdings kompliziert gewesen, berichtet sie.

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Da Rocca in Euskirchen geboren ist, muss sie auch dort gemeldet werden. Doch im Euskirchener Rathaus habe man ihnen erklärt, dass zur Zeit keine Vaterschaftsanerkennung möglich sei, da das Jugendamt wegen Corona keine Präsenztermine anbiete. Die Anerkennung brauchten Roccas Eltern allerdings, da sie nicht verheiratet sind. Dafür mussten sie dann nach Mechernich, berichtet Philipp. Und mit den Unterlagen ging es dann wieder nach Euskirchen, um Rocca schließlich anzumelden. Ein ziemliches Hin und Her.

Für die Nachsorge kommt Philipps Hebamme trotz Corona ins Haus. Es gebe allerdings auch Angebote für Video-Sprechstunden, berichtet die Mutter. Grube ist von diesen Angeboten nur in Teilen überzeugt. „Wenn ich überprüfen will, ob die Gebärmutter sich richtig zurückbildet, geht das nicht per Skype“, sagt sie. Als Hebamme arbeite sie nun einmal auch viel mit den Händen. Zurzeit macht die Hebamme nur Hausbesuche und Geburten. Kurse zur Vorbereitung oder Rückbildung, die sie sonst anbietet, fallen, wie überall, aus.

Ein ungeplantes Wunder

Etwas, das Philipp besonders schade findet. Online-Kurse seien mit drei Kindern zu Hause einfach schwierig und böten auch keinen Ersatz für den sozialen Kontakt. Philipp ist 42 Jahre alt und Rocca ein ungeplantes „Wunder“, wie sie sagt. Allerdings seien fast alle ihre Freundinnen mit der Familienplanung fertig. Der Kontakt zu anderen frisch gebackenen Müttern fehle ihr. Philipp nimmt die Kleine aus dem Arm der großen Schwester. Rocca grunzt, streckt ein Ärmchen. Dann schläft sie weiter.