Dauerausstellung neuStadtmuseum Euskirchen zeigt Agnes Zells durchlöchterten Schuh

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Die neue Vitrinenwand stellten Dr. Heike Lützenkirchen (r.) und Jennifer Kirchhoff  vor.  

Euskirchen – Am 29. September 1944 – der Zweite Weltkrieg wütete – gerieten Katharina Zell und ihre Tochter Agnes während eines Luftangriffs auf Euskirchen unter Beschuss. Kanadische Tiefflieger visierten die Erftbrücke an. Ausgerechnet dort hatten die beiden Schutz gesucht. Ein Geschoss traf Agnes, es durchschlug den rechten Fuß der Zehnjährigen. In ihrem Schuh klafften danach auf beiden Seiten Löcher.

Der Fuß musste samt Unterschenkel im Marien-Hospital amputiert werden. Doch die Hauptsache war, dass Agnes überlebt hatte. Den Schuh mit den Schusslöchern übergab sie Jahrzehnte später dem Euskirchener Stadtmuseum. „Mit ihm verbindet sie die schmerzliche Erinnerung an den Krieg, aber auch Dankbarkeit dafür, dass sie im Kugelhagel nicht ihr Leben verlor“, heißt es im neu gestalteten Teil der stadtgeschichtlichen Dauerausstellung.

Stadtmodell hat die Flut besser überstanden als befürchtet

Er befindet sich im Foyer des Museums. Dort fällt den Besuchern und Besucherinnen als Erstes das frisch restaurierte Stadtmodell ins Auge, das die Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 viel besser überstanden hatte als befürchtet.

Darüber hinaus richtete die Flut im Foyer und im Sammlungsdepot gewaltigen Schaden an. Die Inneneinrichtung wurde vollständig zerstört, wie es in einer Bilanz der Stadt heißt: „Unzählige Sammlungsstücke mussten buchstäblich aus dem Wasser gezogen, gesäubert, gesichert und gerettet werden.“ Bei den Arbeiten erhielt das Museum Unterstützung von Restaurierungswerkstätten und anderen Fachleuten aus der näheren und weiteren Umgebung.

Im Foyer des Museums werden nun mehr Objekte gezeigt

Die beiden oberen Etagen des Hauses wurden nach einer langen Renovierungsphase im Mai wieder für das Publikum freigegeben. Kürzlich folgte das Erdgeschoss. „Wir haben die Chance genutzt, um das Foyer anders zu gestalten und mehr Objekte zu zeigen“, sagte Museumsleiterin Dr. Heike Lützenkirchen, als sie und ihre Mitarbeiterin Jennifer Kirchhoff dieser Zeitung jetzt die von ihnen konzipierten Neuerungen vorstellten.

Gleich neben dem Stadtmodell ist ein Touchscreen installiert, über den sich per Fingerklick Informationen zu den Euskirchener Ortsteilen und die dazu passenden Bilder aufrufen lassen. Sie erscheinen auf einem Großbildschirm an der Wand.

Neue Vitrinenwand mit 18 Objekten hinter Glas

Agnes Zells durchschossenen Schuh stellt das Museum in einer Vitrinenwand aus, die in modernem Design mit insgesamt 18 Objekten hinter Glas aufwartet. Viele von ihnen waren vorher nie öffentlich zu sehen. Sie stehen „für ganz verschiedene Aspekte des Lebens in Euskirchen“, sagt Lützenkirchen. „Alle Objekte erzählen beispielhaft Geschichten über die Entwicklung der Stadt und über die Menschen, die hier leben.“

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Der durchschossene Schuh von Agnes Zell 

Zwischen den Vitrinen ist ein weiterer Monitor platziert, über den sich die Besucher mit einer Berührung Informationen zu den Ausstellungsstücken verschaffen können. So erfahren sie beispielsweise, was es mit dem römischen Ziegel samt Fußabdruck und mit der fränkischen Glasperlenkette auf sich hat, den ältesten der Exponate.

Wirtschaftsgeschichte mit stetigem Wandel

Mehrere alte Flaschen in einer anderen Vitrine verweisen zum einen auf Euskirchen als eine Stadt mit Menschen, die zu feiern verstehen. Gleichzeitig erinnern sie an die längst von der Bildfläche verschwundenen Brauereien – und damit daran, dass die Euskirchener Wirtschaftsgeschichte einem stetigen Wandel unterliegt.

Öffnungszeiten

Das Stadtmuseum im Kulturhof Euskirchen (Wilhelmstraße 32-34) ist dienstags bis freitags von 15 bis 18 Uhr geöffnet, samstags von 11 bis 15 Uhr sowie sonn- und feiertags von 11 bis 18 Uhr. (ejb)

Auf die preußische Ära verweist ein Seitengewehr aus der Zeit um 1870. Dabei handelt es sich um ein Bajonett, das Soldaten am Lauf ihrer Schusswaffe befestigten. „Es wurde im Teich von Burg Flamersheim gefunden. Warum es dort im Wasser lag, weiß man nicht. Hier in der Ausstellung verkörpert das Seitengewehr die weit verbreitete Begeisterung für das Militärische in der Preußenzeit“, erklärt Kirchhoff.

Von der Antike bis Corona und Flut

Die Bandbreite der Dauerausstellung reicht von der Antike bis in die Jetztzeit, in der unter anderem Corona und die Hochwasserkatastrophe der Stadt Euskirchen ihren Stempel aufdrücken. Die Pandemie wird dabei symbolisiert durch ein Virus-Modell, während eine verblasste Fotografie die Flut und ihre Folgen ins Blickfeld des Publikums rückt.

Auch das Brauchtum wird thematisiert – mithilfe eines Fotos von Kurt Lingscheidt. Er trägt darauf ein festliches Ornat – rote Jacke, schwarze Hose, Karnevalsmütze – , mit dem er 1966 im Alter von neun Jahren in der Kindersitzung der Narrenzunft im Concordia-Festsaal in die Bütt ging.

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