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Betreuung verbessernBezirksregierung reagiert auf Kritik an Marmagener Geflüchtetenunterkunft

Lesezeit 5 Minuten
Das Luftbild zeigt die ehemalige Eifelhöhen-Klinik, im Hintergrund den Ort Marmagen.

Etwa 750 Geflüchtete leben in der ehemaligen Eifelhöhen-Klinik. In Marmagen leben etwa 1600 Menschen.

Die Bezirksregierung kündigt mehr Personal für die Geflüchtetenunterkunft in Marmagen an und nennt einen Zeitplan.

Die Bezirksregierung Köln reagiert auf Kritik zur Situation rund um die Notunterkunft in der ehemaligen Eifelhöhen-Klinik in Marmagen. Unter anderem sollen das Betreuungsangebot und der Personalschlüssel erhöht werden. Zudem werde geprüft, in welcher Form eine Verfahrensberatung vor Ort eingerichtet werden könne, um die Betreuung der Bewohner zu verbessern, heißt es in einer Pressemitteilung der Bezirksregierung.

Am vergangenen Donnerstag hatten Landrat Markus Ramers, Nettersheims Bürgermeister Norbert Crump und die Kreispolizei erläutert, dass die Straftaten in Marmagen deutlich gestiegen sind. 63 Straftaten haben sich nach Angaben von Polizeidirektor Harald Mertens in diesem Jahr in dem Ort ereignet. Im vergangenen Jahr seien es im vergleichbaren Zeitraum 15 gewesen. Der Anstieg stehe in enger Verbindung mit der Geflüchtetenunterkunft, die die Bezirksregierung Köln Anfang des Jahres in der ehemaligen Eifelhöhen-Klinik eingerichtet hat. Mindestens 31 der registrierten Straftaten seien „eindeutig Bewohnern der Notunterkunft zuzuordnen“.

Polizei nimmt 18-Jährigen in der Unterkunft fest

Am Mittwochvormittag hat die Polizei nach eigenen Angaben in der Notunterkunft einen 18-Jährigen in Marmagen festgenommen, der unter dringendem Tatverdacht steht, in den vergangenen Wochen an mehreren Diebstählen in der Gemeinde Nettersheim aus Fahrzeugen beteiligt gewesen zu sein.

Etwa 750 Menschen aus zehn Nationen leben in der Geflüchtetenunterkunft – Marmagen selbst hat 1600 Einwohner. „Die Bezirksregierung Köln ist sich ihrer Verantwortung den Bürgerinnen und Bürgern, aber auch den Geflüchteten gegenüber bewusst und trifft verschiedene Maßnahmen, um die Situation vor Ort zu verbessern“, wird Regierungspräsident Dr. Thomas Wilk in der Pressemitteilung zitiert.

Noch in dieser Woche findet ein Austausch mit der Polizei statt

Auf Anregung der Bezirksregierung findet noch in dieser Woche ein erster Austauschtermin mit der Kreispolizei statt. Enger Austausch, präventive Maßnahmen, Vernetzung aller Beteiligten: Auch für diesen Termin steht ein ganzes Bündel von Themen auf dem Programm.

Bezirksregierung kündigt mehr Personal für Marmagen an

Zudem will die Bezirksregierung die Notunterkunft an die Standards einer Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) anpassen. So gibt es in einer ZUE das Landesprogramm „Zentrale Beratung“, ein dezentrales Beschwerdemanagement, psychosoziale Erstversorgung, Sprachangebote oder eine Rückkehrberatung. All das gibt es in einer Notunterkunft nicht. „Das heißt, dass die Menschen eine sehr schwach ausgebaute Tagesstruktur haben. Ich halte das – gerade an einem Standort wie Marmagen – für Gift“, sagte Landrat Ramers in der Pressekonferenz.

Die Bezirksregierung hat die Kritik aufgegriffen und will nach eigenem Bekunden den Personalschlüssel des Betreuungsdienstes erhöhen und das Betreuungsangebot erweitern. Zurzeit liegt der Betreuungsschlüssel nach Angaben von Vanessa Nolte, Pressesprecherin der Bezirksregierung, bei acht Personen unter der Woche am Tag, in der Nachtschicht bei vier. Hinzu kommen zwei Personen für die Kinderbetreuung. Am Wochenende und an Feiertagen übernehmen laut Nolte sechs Personen die Betreuung im Tagesbetrieb, in der Nachtschicht seien es vier.

Das ist definitiv zu knapp kalkuliert.
Äußerung aus dem Umfeld der Unterkunft

„Das ist definitiv zu knapp kalkuliert“, heißt es aus dem Umfeld der Geflüchtetenunterkunft. Nach Informationen dieser Zeitung setzt das Deutsche Rote Kreuz als Betreiber der Unterkunft vier zusätzliche Mitarbeiter ein. Zudem werde mit zwei Mitarbeitern ein medizinischer Dienst sichergestellt. Sollten die Standards an die ZUE angepasst werden, würde das zwei Mitarbeiter pro Tag und einen pro Nacht mehr bedeuten – es wäre also weniger als das, was das DRK bereits macht.

Bereits jetzt gibt es Sportangebote in der Turnhalle, zudem werden Handarbeiten, Basteln, Kino- oder Musikabende angeboten. Die Palette soll nach Angaben der Bezirksregierung erweitert werden.

Landrat und Bürgermeister sind zufrieden

„Die Maßnahmen der Bezirksregierung gehen in die richtige Richtung. Insbesondere die Erweiterung des Betreuungsangebotes für die Geflüchteten ist von zentraler Bedeutung“, sagte Ramers auf Anfrage. Auch Nettersheims Bürgermeister Crump ist zufrieden: „Das sind alles wichtige Bausteine. Ich freue mich, dass die Bezirksregierung auf uns reagiert.“

Eine Maßnahme, die bereits von Polizei und Gemeinde angestoßen worden ist, sind Bürgersprechstunden in Marmagen. „Die werden sehr gut angenommen“, berichtet Crump. Beim Wochenmarkt hätten etwa 25 Bürger den Kontakt zu Vertretern des Ordnungsamtes und der Polizei gesucht, sagt Crump. Viele Fragen hätten sich um Zuständigkeiten gedreht, so der Verwaltungschef: „Und an wen sich die Menschen wenden können, wenn sie ein Problem haben.“

Nettersheimer Ordnungsamt wird mehr Präsenz vor Ort zeigen

Bernd Maus, Marmagens Ortsvorsteher, begrüßt die Sprechstunde ebenfalls. „Die Stimmung im Ort ist weiterhin positiv. Aber natürlich haben junge Familien andere Sorgen als Rentner“, sagt er. Bei den Sprechstunden habe sich herauskristallisiert, dass Präsenz von Ordnungsamt und Polizei wichtig für die Marmagener sei. Deshalb habe die Verwaltung bereits eine konkrete Maßnahme zur Verbesserung der Situation getroffen, so Maus: „Das Ordnungsamt wird in die alte Schule ziehen, damit es als Ansprechpartner von 8 bis 16 Uhr vor Ort ist.“

Das komme sowohl den Marmagenern als auch den Geflüchteten zugute, so der Ortsvorsteher. Zudem stehe in der kommenden Woche ein Arbeitskreis auf dem Programm, an dem unter anderem Vertreter der Gemeinde, der Vereine, des Kreises und er als Ortsvorsteher teilnehmen, so Maus.

Ehrenamtliches Engagement ist nun erwünscht

Dort werde auch über Möglichkeiten gesprochen, wie das ehrenamtliche Engagement koordiniert werden kann und welche Angebote an die Bezirksregierung gemacht werden. „Wir werden alle Ideen aufgreifen und gucken, was sich machen lässt. Wir wollen uns weiter engagieren“, so Maus.

Aus dem Ort und dem Rathaus war zuletzt Kritik geäußert worden, dass ehrenamtlichem Engagement seitens der Bezirksregierung ein Riegel vorgeschoben werde. Die Bezirksregierung schreibt nun, dass sie den Einsatz von Ehrenamtlichen ausdrücklich begrüße. Örtliche ehrenamtliche Initiativen seien „überaus willkommen und erwünscht“, heißt es in der Pressemitteilung. Bereits jetzt werden in der Unterkunft in Marmagen Ehrenamtler laut Bezirksregierung in die tägliche Arbeit des Betreuungsdienstes eingebunden.

Die ehrenamtlichen Strukturen soll weiter ausgebaut werden. So sei unter anderem geplant, ein „Umfeldmanagement“ einzuführen. In der ZUE in Euskirchen gibt es zudem eine Ehrenamtskoordinatorin. Ob es die auch in Marmagen geben wird, ist offen. Das Umfeldmanagement soll als Bindeglied zwischen Bürgern und der Einrichtung dienen.


Bis 30. April 2024

Wie Vanessa Nolte, Pressesprecherin der Bezirksregierung berichtet, läuft der Mietvertrag für die Geflüchtetenunterkunft bis zum 31. Oktober. Er kann aber noch mal verlängert werden. Das hat die Bezirksregierung auch vor. Die Nutzung der Eifelhöhen-Klinik als Notunterkunft sei bis zum 30. April 2024 geplant, so Nolte. (tom)