Reihenweise StraftatenBewohner der Notunterkunft in Marmagen zu Haftstrafe verurteilt

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Das Foto zeigt die ehemalige Eifelhöhen-Klinik in Marmagen.

Der Verurteilte ist in der Notunterkunft des Landes, der ehemaligen Eifelhöhen-Klinik in Marmagen, untergebracht worden.

Diebstahl, Drogenbesitz, Bedrohungen und Beleidigungen - wegen einer Reihe von Straftaten ist der 35-Jährige in Gemünd verurteilt worden.

Die Wellen, die der Angeklagte ausgelöst hatte, der sich am Dienstagmorgen vor dem Amtsgericht in Gemünd verantworten musste, waren hoch. Denn zu den Diskussionen, die sich um die Notunterkunft des Landes für Geflüchtete in Marmagen entwickelt hatten, platzte Ende Februar die Nachricht, dass ein Einbrecher in einem Marmagener Einfamilienhaus gefasst worden sei, der kurz zuvor noch versucht hatte, in ein anderes Gebäude einzudringen.

Doch das war noch nicht alles. Insgesamt elf Taten in Form von Diebstahl, Bedrohung, Beleidigung und Besitz von Betäubungsmitteln waren in dem Schnellverfahren gegen den 35-jährigen Tunesier angeklagt, das Richterin Claudia Giesen führte.

In der Beweisaufnahme wurde zudem deutlich, dass noch weitere Fälle gegen den Angeklagten in der Bearbeitung sein dürften, die allerdings nicht ihren Weg in das Gemünder Amtsgericht und die Anklageschrift gefunden hatten. Zu einem Jahr und neun Monaten ohne Bewährung wurde der Angeklagte verurteilt.

So groß ist Marmagen nicht, dass man die ehemalige Eifelhöhen-Klinik nicht finden kann.
Claudia Giesen, Richterin

Aus dem Zeitraum vom 27. Januar 2023 bis 28. Februar 2023 datieren die Taten, die ihm vorgeworfen worden waren. Im Oktober 2022 war er nach Deutschland gekommen, hatte in einer anderen Sache von Oktober bis Dezember in Untersuchungshaft gesessen und dann noch einmal von Mitte Dezember bis zum 24. Januar. Am 27. Januar wurde ihm die Notunterkunft in Marmagen als Wohnort zugewiesen.

Seine Drogen- und Alkoholprobleme führte der Angeklagte als Grund für die Probleme an. Etwa eine Flasche Whisky oder Wodka, manchmal auch 20 Flaschen Bier trinke er pro Tag und rauche dazu täglich etwa ein Gramm Marihuana. Andernfalls gehe es ihm nicht gut, sagte er.

Wenn er kein Geld gehabt habe, um sich Alkohol oder Drogen zu kaufen, habe er Medikamente schwarz gekauft und diese genommen. Diesen Konsum wollte er mit den rund 40 Euro wöchentlichen Taschengelds bestritten haben, die er in der Notunterkunft bekam.

Richterin: Verurteilte Taten nur die „Spitze des Eisbergs“ 

Bereits in Tunesien habe er öfters in leerstehenden Häusern übernachtet, da er mit 18 Jahren zu Hause rausgeworfen worden sei. Auch da habe er bereits Alkohol und Marihuana genommen. Das alles habe sich in Deutschland fortgesetzt. Das sei auch der Grund gewesen, warum er in die Häuser eingebrochen sei. Er habe dort übernachten wollen, da er drei Tage durch Marmagen gelaufen sei und die Einrichtung nicht gefunden habe.

Eine Einlassung, die Richterin Giesen für unglaubwürdig befand. „So groß ist Marmagen nicht, dass man die ehemalige Eifelhöhen-Klinik nicht finden kann, die außerdem eine exponierte Lage hat und gut zu sehen ist“, sagte sie. Zudem habe er den Bewohnerausweis der Unterkunft dabeigehabt — mit deren Adresse darauf.

Mit Brecheisen in der Hand an einem Haus von einer Marmagenerin ertappt

Den Einbruchsversuch in ein Haus an der Kölner Straße hatte eine Marmagenerin beobachtet. Vor Gericht beschrieb sie den Vorfall. Sie habe ihr Fahrzeug abgestellt, sei zu dem Mann gegangen und habe ihn gefragt, was er da tue. Erst habe er nicht reagiert, doch nach der zweiten Ansprache habe er sich mit einem Brecheisen in der Hand umgedreht und etwas gesagt, was sie nicht verstanden habe.

Irgendwie habe er es aber geschafft, ihr begreiflich zu machen, dass er in dem Haus schlafen wolle. Das wiederum habe nicht ihre Zustimmung gefunden. „Wenn Sie in dem Haus schlafen wollen, sollten Sie aber einen Schlüssel haben“, habe sie gesagt. Eine irreale Situation sei es gewesen. Er habe dann das Brecheisen in eine nebenstehende Garage geworfen und sei in einem Durchgang verschwunden.

Sie habe sich danach wieder ins Auto gesetzt. Erst da sei ihr klar geworden, was sie da gerade gemacht habe — und habe die Türen verriegelt. Der Angeklagte sei zurückgekommen, an ihr vorbeigegangen und habe freundlich in ihr Auto gewinkt.

Angeklagter soll junger Frau den Tod angedroht haben

Von der Bedrohung, die sich in einem Bus des Schienenersatzverkehrs abgespielt hatte, berichteten der Busfahrer und eine junge Frau. Bei einer Notbremsung sei der Biertrinkende Angeklagte umgefallen und habe begonnen, den Busfahrer und dann auch die Frau zu beleidigen, die Fahrgast in dem Bus war.

Der Mann habe gerufen, er werde alle beide töten. „Arabisch spreche ich nicht, aber ich verstehe ein paar Schimpfworte“, sagte die Frau vor Gericht. Einen Tag später habe sie ihn noch einmal wiedergesehen, auch da habe er sie beleidigt und mit dem Tode bedroht, berichtete die Zeugin.

Bei beiden Personen entschuldigte sich der Angeklagte: Es tue ihm leid. Auch wenn er sich zu den meisten der elf Fälle nicht konkret einließ, bemühte er sich, die Taten herunterzuspielen. So habe die Polizei in den Fällen des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln immer nur seinen Tagesbedarf beschlagnahmt.

Während die Staatsanwaltschaft ein Jahr Freiheitsstrafe ohne Bewährung forderte, plädierte der Verteidiger auf ein Jahr und zwei Monate mit Bewährung. Weil der Angeklagte jedoch erst kurz vor dem Beginn der Serie aus der Untersuchungshaft gekommen war, sei nicht davon auszugehen, dass für ihn das Verfahren Anlass genug sei, sich künftig straffrei zu verhalten, begründete die Richterin ihre Ablehnung einer Bewährung. Zudem seien die angeklagten Taten nur die Spitze des Eisbergs.

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