Nach der SintflutNettersheim trauert um drei Mitbürger

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Sven Znidar und Sabine Adami mit dem Rest ihrer Habe.

Sven Znidar und Sabine Adami mit dem Rest ihrer Habe.

Nettersheim – „Schatz, Du musst mal wieder die Fenster putzen“, ruft Sven Znidar über den Hof. Es ist wohl das, was man Galgenhumor nennt. Vor dem Haus, in dem Znidar und Sabine Adami wohnen, steht ein riesiger Container, in den Helfer alles werfen, was das Paar bis vor zwei Tagen besessen hat. „Das Haus können wir nur noch abreißen“, sagt Adami trocken.

Ein altes Fachwerkhaus sei es, stilecht mit Lehmputz und offenliegenden Balken. Doch das Wasser der Urft stand hier 1,80 Meter hoch. „Alles ist nass, die Balken sind vollgesogen, die Wände, alles“, sagt Adami trocken. Liebevoll restauriert, gerade mit einer neuen Treppe versehen, und mit einem japanischen Garten, der nun in Richtung Talsperre unterwegs ist.

„Im Ortskern haben viele ihr Lebenswerk verloren“

Bei allem Elend geht es den beiden besser als vielen anderen in der Eifel. Znidar hatte eine Elementarschadenversicherung abgeschlossen, anders als viele andere. Nettersheim sei das Epizentrum gewesen, neben einer Straße in Holzmülheim, erzählt Bürgermeister Norbert Crump. „Im Ortskern haben viele ihr Lebenswerk verloren“, so Crump. Die privaten Schicksale gehen an die Nieren. Das Schrecklichste sei, dass drei Todesopfer zu beklagen seien, sagt Crump.

Maria Klöcker musste dies mit ansehen. „Ich habe gesehen, wie ein Mann durch unsere Einfahrt getrieben wurde“, erzählt sie. Hilfe sei unmöglich gewesen. Direkt dahinter sei dessen Tochter gewesen, die sich noch an einem Baum habe festhalten können, bevor die Urft sie verschlungen habe. Sie konnte gerettet werden, der Vater nicht. „Das hängt mir nach“, sagt sie offen.

Nach dem Krisenstab Corona jetzt der Krisenstab Sintflut

Viele freiwillige Helfer haben sich gemeldet und unterstützen die Hausbesitzer im Kernort. Fast im Minutentakt fahren Traktoren mit riesigen Containern oder Oldtimer-Trecker mit Anhängern zu dem Schuttabladeplatz hinter dem Bürohaus Schmitz. Hier hat sich ein mehrere Meter hoher „Monte Klamott“ von Nettersheimer Flutmüll angesammelt. Und mehr: Jemand hat die Gelegenheit genutzt und einen Container mit unbenutzter, trockener Kleidung entsorgt. Helfer sind empört. „Wir haben im Bürgerhaus Zingsheim eine Sammelstelle eingerichtet, wo Bedürftige frische Kleidung oder Matratzen bekommen können, da können die Dinge doch hingebracht werden“, sagt eine Frau.

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„Wir versuchen zu helfen“, so Crump. Nach dem Krisenstab Corona sei jetzt der Krisenstab Sintflut gegründet worden, der auch am Wochenende arbeite. Auch sei unter 0 24 86/7 88 00 eine Hotline eingerichtet worden. Ein Spendenkonto sei eingerichtet. Obdachlose seien im Jugendgästehaus untergebracht worden, dort sei auch warme Getränke und Kaffee verfügbar. Doch: „Der fehlende Strom ist ein Problem“, sagt er.

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