Stadt EuskirchenEinzelhändler treffen NRW-Minister

Lesezeit 4 Minuten
Die Euskirchener Fußgängerzone ist schwer getroffen von der Flutkatastrophe.

Die Euskirchener Fußgängerzone ist schwer getroffen von der Flutkatastrophe.

Euskirchen – Nach wie vor dominiert der Presslufthammer die Geräuschkulisse in der Euskirchener Innenstadt. Die Ladenlokale sind leergeräumt, sie werden in den Rohbauzustand zurückversetzt. „Alles muss raus“, ist die Devise und auch acht Wochen nach der Hochwasserkatastrophe türmen sich die Müllberge dort, wo normalerweise Menschen mit vollen Einkaufstüten entlangschlendern.

Ein Bild von der derzeitigen Lage hat sich nun, erstmals seit der Flut, der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen, Prof. Andreas Pinkwart (FDP), gemacht. Der Einzelhandelsverband (EHV) Bonn – Rhein-Sieg – Euskirchen hatte am Freitag zu einem Treffen mit Vertretern der Geschäftsleute eingeladen.

Jannis Vassiliou, Vorsitzender des EHV, war im Nachhinein zufrieden mit dem Treffen: „Der Minister war besser vorbereitet, als wir gedacht hatten.“ Den Einzelhändlern habe der Termin Zuversicht gegeben, ihre Geschäfte wieder aufzubauen, so Vassiliou. Die Themen, die die Händler beschäftigten, reichten von den entstandenen Schäden in Geschäften und Straßen über die damit verbundenen Anträge für Finanzierungen bis hin zu Problemen mit Hauseigentümern, die (noch) nicht renovieren.

„Wir müssen die Krise als Chance sehen.“

Bisher habe der Fokus eher auf Bad Münstereifel gelegen, die anderen Baustellen seien weniger im Blickfeld gewesen, fügte Vassiliou hinzu. Das bestätigte auch Pinkwart. In Bad Münstereifel und im Kreis Ahrweiler habe es ganz andere Bilder gegeben. „In Euskirchen stehen die Häuser noch, trotzdem gibt es erhebliche Schäden“, so der Minister: „Die Stadt Euskirchen ist die größte betroffene Stadt in ganz NRW.“

Beim Wiederaufbau sollen die Händler nun mutig vorangehen, um eine attraktive Innenstadt zu schaffen, motivierte Pinkwart. Die Mittel seien da, versprach er: „Wir müssen die Krise als Chance sehen.“

Dies gelte besonders für die Digitalisierung, sagte Christian Lange, Schuhhändler und stellvertretender Vorsitzender des EHV. Er plane auch besondere Bodenbeläge, um die benötigte Größe bei Wanderschuhen besser feststellen zu können. Ein Alleinstellungsmerkmal in der Stadt, wie er ergänzte.

Insgesamt sei er mit dem Gespräch zufrieden gewesen, resümierte der Euskirchener. Pinkwart habe die Fragen beantwortet, bevor die Geschäftsinhaber sie stellten, sagte Lange, in dessen Schuhgeschäft das Treffen stattgefunden hatte. Bautrockner und nacktes Mauerwerk zeigen dort, wie es in den Ladenlokalen in der Innenstadt aussieht. Viele Händler benötigten derzeit Entscheidungshilfen, ob sie die Läden wieder aufbauen sollen oder nicht, erläuterte Lange: „Die Pläne liegen in der Schublade und können jetzt umgesetzt werden.“ Deswegen seien solche Runden wichtig.

Weiger beeindruckend, trotzdem hart getroffen

Für die Digitalisierung setzt sich auch Vassiliou ein: „Wir haben ein Digitalisierungsprogramm auf den Weg gebracht.“ Damit sollen Kunden, die ein Produkt suchen, Einzelhändler angezeigt werden – je näher die Geschäfte am Standort des Verbrauchers sind, desto weiter oben auf der Liste stehen sie. Auch auf eine Beschleunigung der Glasfaserverlegung in den kaputten Straßen will der Verband drängen.

„Die Einzelhändler haben die Kraft, die Ideen und den Willen“, um die Euskirchener Innenstadt wieder attraktiv zu machen, sagte Bürgermeister Sacha Reichelt (parteilos). Aber nicht nur für die Ladeninhaber sei die Flut eine Chance: Die Stadt denke darüber nach, im Zuge der Sanierung des Straßenbelags in der Fußgängerzone, der durch die Flut zum Teil stark beschädigt wurde, auch Kanalarbeiten und ähnliches durchzuführen. Der Dialog mit den Einzelhändlern sei dabei aber ganz wichtig, so Reichelt. Deswegen sei er froh, dass die Landesregierung sich ein Bild vor Ort mache: „Wir haben keine eindrucksvollen Bilder, wie es sie beispielsweise von Erftstadt gibt. Aber das komplette Mittelzentrum ist betroffen.“

Ihm bereite allerdings vor allem die schlechte Verkehrsanbindung Euskirchens Sorgen: „Die Aussicht, keine Bahnverbindung in den Süden zu haben, ist nicht optimal.“ Und auch die gesperrten Autobahnen seien ein Problem. „Das hat Priorität, da bin ich bei Ihnen“, bestätigte Pinkwart und stellte eine stückweise Öffnung der A 61 für Ende September in Aussicht.

Das könnte Sie auch interessieren:

Pläne, wie es in der Innenstadt weitergehen kann, hat Bürgermeister Reichelt auch schon: Wenn die Einzelhändler ihre Geschäfte wieder eröffnen, „wäre ein Fest echt schön“. Wenn es nach Reichelt geht, wäre ein verkaufsoffener Sonntag mit Kirmes und dem Knollenfest denkbar. Das hätten sich nach Corona und der Flut die Euskirchener verdient.

Rundschau abonnieren