WeilerswistBetriebsratschef aus dm-Verteilzentrum vor Gericht – Kollegen gehen auf die Straße

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Die dm-Mitarbeitenden hatten Plakate für Michael Betke gestaltet.

Vor dem Euskirchener Amtsgericht bekundeten etwa 100 dm-Mitarbeiter ihre Solidarität mit dem Betriebsratsvorsitzenden Michael Betke.

Michael Betke ist Betriebsratschef beim dm-Verteilzentrum in Weilerswist. Ihm droht die Kündigung. Fast 100 Mitarbeiter gingen deshalb auf die Straße.

Die Sympathien waren eindeutig verteilt. Als der Geschäftsführer für das Ressort Mitarbeiter und Arbeitsdirektor bei der dm-Drogeriemarktkette das Euskirchener Amtsgericht in Begleitung des Rechtsbeistands des Unternehmens verließ, erschallten Pfiffe und Buh-Rufe.

Als fünf Minuten später Michael Betke aus dem Gebäude herauskam, wurde der Betriebsratsvorsitzende des dm-Verteilzentrums in Weilerswist empfangen wie ein Popstar. Etwa 100 dm-Mitarbeitende aus Weilerswist waren am Mittwochvormittag zum Amtsgericht gekommen, um Betke den Rücken zu stärken. Sie waren nach eigenem Bekunden in ihrer Freizeit da.

Vorwurf von dm: Betke soll Arbeitszeitbetrug begannen haben.

Der Grund für ihr Kommen: Betke liegt mit dem Unternehmen im Clinch. Ihm droht sogar die außerordentliche Kündigung. Der Vorwurf von dm: Betke habe Arbeitszeitbetrug begangen.

Nach Angaben des Anwalts von Betke, Dustin Koehler, wird Betke vorgeworfen, seit April 2022 Arbeitszeitbetrug begangen zu haben. Der Vorwurf des Unternehmens laut Koehler: Betke habe seine vertraglich vereinbarte Wochenarbeitszeit von 37,5 Stunden nicht erfüllt, weil er die meiste Zeit für den Betriebsrat am Standort Weilerswist tätig gewesen sei.

Großer Rückhalt in der Weilerswister Belegschaft für stellvertretenden Abteilungsleiter

Nach eigenen Angaben muss Betke nicht „stempeln“. Er arbeite auf Vertrauensbasis. Das sei vertraglich so vereinbart. Auch seine Schichten könne er als stellvertretender Abteilungsleiter eigenverantwortlich planen.

Wie Betke im Gespräch sagte, sei er nicht nach Paragraf 38 des Betriebsratsgesetzes für die Betriebsratsarbeit per se freigestellt. Wenn Betriebsratsarbeit anfalle, müsse er diese auch erledigen. „Das ist nahezu zu 100 Prozent der Arbeitszeit der Fall“, sagte sein Anwalt Koehler.

dm will sich zum Fall Betke nicht äußern

In einem Unternehmen mit mehr als 2200 Arbeitnehmern allein am Standort Weilerswist sei der große zeitliche Aufwand an Betriebsratsarbeit nicht verwunderlich, so der Anwalt. „Der Vorwurf des Arbeitgebers ist unklar und inhaltsleer“, fügte Rechtsanwalt Özer Arslan an, der vor dem Arbeitsgericht den Betriebsrat des Verteilzentrums vertritt.

Die Firma dm wollte sich auf Anfrage der Redaktion nicht äußern. „Den angesprochenen Vorgang wollen wir weder beschreiben noch kommentieren. Wir bitten um Verständnis“, teilte die dm-Pressestelle mit.

Richter Dr. Daniel Krämer versuchte beim Güte-Termin am Mittwoch zwischen den Parteien zu vermitteln. Dieser Versuch scheiterte. Genau wie eine betriebliche Mediation vor einigen Monaten. „Dieser Termin, dieses Verfahren ist der traurige Höhepunkt der Eskalation“, sagte Krämer, der versuchte, beide Seiten von einem Neuanfang zu überzeugen – notfalls auch mit personellen Veränderungen.

Es sei schließlich offensichtlich, dass die Zusammenarbeit nicht so funktioniere, wie sich der Gesetzgeber das vorstelle. „Vielleicht gibt es ja ein Ausstiegsszenario, wo Sie nicht Ihr Gesicht verlieren, Herr Betke“, sagte der Richter. Und fügte hinzu: „Das wäre für die Belegschaft aber ein harter Schritt.“

Betke erteilte diesem Vorschlag nach dem gescheiterten Gütetermin eine Absage. Sehr zur Freude der Mitarbeitenden vor dem Amtsgericht. „Wir haben Micha gewählt und er hat immer für uns gekämpft. Ich freue mich, dass er jetzt für sich kämpft“, sagte ein Mitarbeiter.

Und Betke? Der freute sich über die Solidarität, die er erfährt. Die dm-Mitarbeiter haben für den 20. September wieder ihr Kommen zugesichert. Um 11.45 Uhr steht dann der Kammertermin vor dem Arbeitsgericht an.

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