„Haben mir viel beigebracht“Masih Samin ist Verhaltenstherapeut für Hunde

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Kuschelalarm: Masih Sahim mit Fritz.

Köln – Wenn Masih Samin durch den Stadtwald spaziert, ist er nicht zu übersehen. Dunkler Mantel, breites Lächeln und nicht ein oder zwei, sondern gleich vier Hunde, die an der Leine neben ihm herlaufen. Lässt er Fritz, Mädchen, Lisel und Thea frei, toben sie ein bisschen herum, ruft er sie, tapsen sie eifrig auf ihn zu und sehen dabei ein bisschen aus wie die Daltons aus Lucky Luke. Sie hören auf seine Stimme, richten sich nach seiner Körpersprache. Man merkt schnell: Sie vertrauen Masih Samin blind.

Der 34-jährige Kölner ist Hundeverhaltenstherapeut von Beruf, wobei Beruf hier auch eher ein Platzhalter ist. Denn Masih Samin brennt, lebt für seinen Job. „Ich höre nie auf, mit meinen und auch anderen Hunden zu arbeiten“, erklärt er lachend. „Und ich lerne jeden Tag immer noch so viel dazu.“

„Lassie“ lässt die Liebe aufflammen

Seine Liebe zu den Vierbeinern entdeckte er bereits im frühen Kindesalter. Damals lebte er mit seiner Familie in Moskau, hatte mit sechs zum ersten Mal Farbfernsehen und sah den Klassiker „Lassie“. Die wunderschön-kitschige Geschichte über die Freundschaft zwischen einer Collie-Dame und einem Jungen, berührte Masih zutiefst. „Schon klar, das war sehr idealisiert“, lacht er. „Aber von dem Zeitpunkt wusste ich einfach: Ich brauche einen Hund.“

Nach dem Abitur jobbte er in Tierheimen, arbeitete ehrenamtlich für Tierschutzorganisationen und machte 2012 dann eine zweijährige Ausbildung zum Hundeverhaltenstherapeut – Ein Traum, der wahr wird. Heute arbeitet der Kölner mit größeren Gruppen, aber auch mit Einzelfällen: Angsthunde, oder auch solche, die traumatische Erlebnisse hinter sich haben. Was er dabei immer wieder merkt ist, dass kaum ein Hund sich ohne Grund aggressiv oder auch störrisch verhält.

Das sei auch der Punkt, an dem man ansetzten müsse: Herausfinden, welche Geschichte dahintersteckt und gegen die schlechten Erfahrungen arbeiten. „Wenn dein Hund Gästen gegenüber misstrauisch ist, sollte man ihn nicht unbedingt dafür schimpfen.“ Vermutlich habe der Hund nur Angst, fühle sich bedroht oder verunsichert und Rüge mache das noch schlimmer. Die Besitzer sollten ihrem Tier signalisieren: „Es ist alles gut, wir haben die Situation im Griff.“

Vorausschauendes Autofahren durch den Stadtpark

Zurück im Stadtwald: „Mädchen“, Samins Kangalhündin hat Kontakt mit einem Artgenossen aufgenommen, seine anderen Vierbeiner sind von der forschen Art des fremden Hundes nicht begeistert. Der 34-Jährige macht „Mädchen“ also kurz los, gibt ihr den Freiraum, den sie für eine Interaktion braucht. Es wird ein bisschen geschnüffelt, dann kehrt sie schon wieder zu ihm zurück – alles ganz friedlich. Dabei hat „Mädchen“ als sie zu Samin kam, ein ganz anderes Verhalten an den Tag gelegt. Sie war aggressiv und die Arbeit mit ihr sei sehr zeitaufwendig gewesen. Heute lässt sie sich zutraulich den Kopf kraulen, strahlt Ruhe aus. Eine Hündin, die resozialisiert wurde.

Masih deutet während des Spazierengehens auch auf die Hunde anderer Menschen, erklärt potenzielle Konflikte, wartet vor engen Pfaden, damit es nicht zu einer kritischen Situation kommt. Ein bisschen erinnert es an vorausschauendes Autofahren. Beim Gassigehen konzentriert er sich ganz auf den Vorgang, hört keine Musik und telefoniert auch nicht. „Man muss sich mal klarmachen: Wenn ich die Leine in der Hand halte, dann geben meine Hunde ja jegliche Form der Selbstkontrolle auf“, erklärt er.

„Ich habe meinen Weg gefunden“

„Deswegen müssen sie darauf vertrauen können, dass ich die Situationen für sie regele und aufpassen.“ Auf diese Weise hätten Hunde ihm beigebracht, im Moment zu leben. Auf Spaziergängen die frische Luft, die Bewegung und die Gesellschaft der Tiere zu genießen.

Samins Job besteht nicht nur aus der praktischen Arbeit mit Hunden. Neben einem Bühnenprogramm, das aufgrund der Pandemie aktuell aussetzt, dreht er auch Ratgeber-Videos für Youtube und schreibt Bücher. „Sei höflich zu deinem Hund“, erschien bereits 2018, „Stadt-Wölfe“, wird im März herauskommen. Worum es geht? „Eine Großstadt wie Köln ist ja eigentlich ein sehr unnatürlicher Raum für Hunde“, erzählt er. Riesige LKW, tausend fremde Gerüche in Einkaufsmeilen – Masih Samin hat seine Erfahrungen mit den Vierbeinern im städtischen Raum auf rund 200 Seiten zusammengetragen.

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Wie es in Zukunft für ihn weitergeht? Am besten so wie jetzt und wenn die allgemeine Situation es zulässt, will er auch gerne zurück auf die Bühne. „Ich habe meinen Weg gefunden“, erklärt er abschließend. „Hunde haben mir so viel beigebracht und tun es immer noch. Sie sind der Mittelpunkt meines Lebens.“

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