„Wir brauchen mehr Pflegekräfte“Scheidender SBK-Geschäftsführer Ludorff zieht Bilanz

Lesezeit 4 Minuten
Auch mit 67 Jahren hat Otto B. Ludorff noch Freude an der Arbeit als Geschäftführer der Sozial-Betriebe Köln.

Auch mit 67 Jahren hat Otto B. Ludorff noch Freude an der Arbeit als Geschäftführer der Sozial-Betriebe Köln.

Köln – Otto B. Ludorff geht Ende des Jahres in Ruhestand. Beim Festakt zum 90-jährigen Bestehen der Sozial-Betriebe-Köln wird der langjährige Geschäftsführer offiziell verabschiedet. Mit dem 67-jährigen SBK-Chef sprach Eveline Kracht.

Sie wirken trotz hoher Belastung immer ziemlich entspannt und gehen erst jetzt, mit 67 Jahren, auf eigenen Wunsch in den Ruhestand . . .

Ich bin bis heute mit Freude bei der Arbeit, wir haben die Abläufe stringent organisiert und ich habe Mitarbeiter, die mich gut unterstützen. Ansonsten ist meine Devise: Wat mutt, dat mutt, aber immer freundlich, menschlich und erklärend.

Eine gute Organisation hat sich auch bei den fünf Evakuierungen der Bewohner in Riehl nach den Bombenfunden bewährt.

Ja, das war jedes Mal eine Herausforderung, die wir aber erfolgreich bewältigt haben.

Was haben Sie in 32 Jahren noch so alles gestemmt?

Am schwierigsten war die langwierige Umwandung der städtischen Einrichtung in eine gemeinnützige GmbH. Die Selbstständigkeit war aber der richtige Schritt, um die großen Herausforderungen zu bewältigen: mehr Wirtschaftlichkeit zu erreichen, Neubauten und Modernisierungen voranzutreiben und ein Qualitätsmanagement aufzubauen. Wir haben zudem alle Unternehmensprozesse auf Tauglichkeit und Effizienz überprüft und schreiben seit Jahren schwarze Zahlen. Allein am Standort Riehl haben wir mit den sechs neuen Pflegeheimen jüngst 50 Millionen Euro investiert.

Wie stehen die SBK-Einrichtungen für Senioren und Behinderte heute da?

Wir müssen noch die Standorte Dellbrück, Bocklemünd und ein Haus in Riehl modernisieren, dann verfügen alle über Einzelzimmer. Ein weiteres Pflegeheim in Riehl wird noch gebaut. Als ich hier anfing, gab es in der Regel Zwei- und Dreibettzimmer.

Was erwarten Altenheim-Bewohner am meisten?

Sie möchten Ansprache und Angebote an Aktivitäten haben, fachlich auf hohem Niveau gepflegt und ärztlich betreut werden.

Schaffen die Mitarbeiter all das vor dem Hintergrund des Personalmangels in der Pflege?

Mit gebremstem Schaum. Die Mitarbeiter opfern sich teils auf und müssen robust sein. Wir brauchen einfach mehr Betreuungs- und Fachpflegepersonal. Unsere Stellen sind zwar alle besetzt, wir benötigten aber 30 Prozent mehr, um die Arbeitssituation zu entspannen. Pflegekassen und Sozialhilfeträger zahlen bis jetzt aber nicht mehr Stellen. Für Köln wird bis 2030 ein zusätzlicher Bedarf an 3800 bis 7200 Fachpflegekräften prognostiziert.

Inwieweit können Sie dem Mangel gegensteuern?

Wenn Mitarbeiter ausfallen, versuchen wir etwa über Zeitarbeitsfirmen Vertretungen zu kriegen, um den Personalstand wenigstens zu halten.

Reicht die Zahl der Pflegeplätze in Köln überhaupt noch aus?

Nein, wir stellen fest, dass es in Köln angesichts der Altersentwicklung schon wieder Wartelisten gibt. In den letzten Jahren sind zu wenig stationäre Einrichtungen in den Planungsprozess gelangt. Offizielle Zahlen liegen noch nicht vor, aber bis 2030 erwarten wir allein in Köln einen zusätzlichen Bedarf an 1300 Heimplätzen.

Wie hat sich die Bewohnerstruktur gewandelt?

Früher waren die Senioren weit unter 80 Jahren, als sie zu uns kamen. Durch die ambulanten Hilfen sind sie heute im Schnitt 83. Auch der Anteil der dementiell Erkrankten ist extrem gestiegen. In den Häusern der SBK sind weit mehr als 70 Prozent dement. Weil die Senioren bei Aufnahme oft schwerstkrank sind, beträgt ihre Verweildauer nur noch ein halbes Jahr. Mitte der 80er Jahre blieben sie im Schnitt über anderthalb Jahre bei uns.

Was fordern Sie, um in Zukunft würdige Pflege sicherzustellen?

Neben zusätzlichem Personal unbedingt eine bessere Bezahlung der Pflegefachkräfte. Berufsanfänger verdienen heute 32 000 brutto im Jahr, rund 40 000 Euro nach fünf Berufsjahren. Ganz wichtig ist auch, dass wir viel mehr ausbilden.

Davon ist schon lange die Rede. Wieso ändert sich das nicht?

Die Ausbildungsstätten sind vom Land chronisch unterfinanziert. Für einen Altenpflege-Schulplatz werden pro Monat nur 280 Euro gezahlt, es müssten aber 400 Euro sein.

Haben Sie Angst davor, eines Tages selbst pflegebedürftig zu werden?

Nein, und ich weiß auch schon, wo ich da hingehen würde – nämlich hierhin.

von den riehler Heimstätten zu den SBK

Otto B. Ludorff stand 32 Jahre an der Spitze der Sozial-Betriebe-Köln (SBK), die früher „Riehler Heimstätten“, dann „Zentren für Senioren und Behinderte“ hießen. Am 29. Dezember hat der Jurist seinen letzten Arbeitstag. Er bleibt aber weiter Vorsitzender beim Landes- und Bundesverband der kommunalen Senioren- und Behinderteneinrichtungen. Seine Nachfolge als SBK-Geschäftsführerin tritt Gabriele Patzke an. Die 58-jährige Diplom-Sozialarbeiterin ist seit vielen Jahren Ludorffs Stellvertreterin.

Zu den Sozialbetrieben gehören unter anderem sechs stationäre Pflegeeinrichtungen mit 14 Häusern in Köln, dazu 1000 Service-Wohnungen, zwei ambulante Pflegedienste, sechs Behindertenheime - und werkstätten sowie eine Ausbildungs- und eine Fortbildungsstätte.

Die SBK beschäftigen 1400 Mitarbeiter und betreuen 3200 Menschen, davon 1100 stationär Pflegebedürftige. Die gemeinnützige GmbH ist bundesweit die größte Einrichtung zur Pflege sowohl von Senioren als auch Behinderten. (KE)

Rundschau abonnieren