Ärztemangel in Köln70 Kassenärzte suchen Nachfolger – Workshop soll helfen

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In den Dienst des Patienten stellen viele Ärzte ihr eigenes Leben. Doch die Praxis muss auch die eigene Altersvorsorge sichern.

In den Dienst des Patienten stellen viele Ärzte ihr eigenes Leben. Doch die Praxis muss auch die eigene Altersvorsorge sichern.

  • In Köln sind momentan mehr Arztpraxen auf dem Markt, als Interessenten.
  • Dabei sind die Wartelisten für Kassenarztsitze lang.
  • Wieso viele Ärztinnen und Ärzte trotzdem Probleme haben, Nachfolger zu finden.

Köln – „Ich möchte endlich einmal zwei Wochen am Stück Urlaub machen können oder ein Wochenende frei haben“, sagt die Kölner Ärztin, die schon lange jemanden sucht, der ihre Praxis übernehmen möchte. Doch bisher: Fehlanzeige. Sie versteht das nicht: Schließlich sei das Einzugsgebiet gut, „und die Patienten hätten es verdient, dass sich weiter jemand um sie kümmert“.

So wie ihr geht es auch anderen Ärzten in Köln, und nicht mehr nur in Kalk oder Chorweiler, also Stadtteilen mit wenig Privatpatienten. „Es sind mehr Praxen auf dem Markt als Interessenten“, sagt Jürgen Zastrow, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO) in Köln. Nicht nur die Hausärzte, auch die Fachärzte suchten Nachfolger, und es würden mehr: Schließlich sei jeder dritte Arzt in Nordrhein über 60.

Workshop der KVNO „Praxisabgabe“ soll helfen

Wer als selbstständiger Kassenarzt in den Ruhestand gehen will, meldet das der KVNO und startet damit ein Nachbesetzungsverfahren. Einen Nachfolger suchen die meisten trotzdem selbst, denn sie wollen für Praxiseinrichtung, Geräte und Patientenstamm Geld bekommen. „Die Praxis ist ihr Unternehmen, in das sie selbst viel hineingesteckt haben. Der Verkauf dient auch der Altersvorsorge“, erklärt Christopher Schneider, ein Pressesprecher der KVNO.

Hausärzte in Köln

743 Hausärzte mit Kassenzulassung gibt es aktuell in Köln, das ist ein Hausarzt auf 1460 Einwohner. Davon praktizieren 504 linksrheinisch und 239 rechtsrheinisch. Mit einem Versorgungsgrad von 110 Prozent ist Köln rein rechnerisch überdurchschnittlich gut mit Hausärzten versorgt: Das heißt, es sind sogar etwas mehr Hausärzte zugelassen, als es offiziell Sitze gibt. Wer gesetzlich Krankenversicherte behandeln will, muss sich um solch einen Sitz bewerben. Köln gehört zu den geschlossenen Planungsbereichen, hier gibt es keine offenen Sitze. Nur wenn einer frei wird, wird er nachbesetzt. In ländlichen Gebieten sieht das anders aus: Im Rheinland gibt es insgesamt 250 offene Hausarztsitze. (sab)

Die will heute im Workshop „Praxisabgabe“ in Düsseldorf etwa 30 Hausärzten zeigen, wie sie ihre Praxis an den Mann oder die Frau bringen können. Denn wenn die Interessenten die Auswahl haben, entscheidet die Attraktivität der Praxis: Wie neu die Einrichtung oder die Geräte sind, ob es eine Einzel- oder Gemeinschaftspraxis ist. „Wir empfehlen, mindestens zwei Jahre vor dem geplanten Ruhestand anzufangen, sich damit auseinanderzusetzen.“

2600 Fachärzte auf der Warteliste

Rund 70 Nachbesetzungsverfahren laufen nach Angaben der KVNO zur Zeit für Köln, 20 davon für Hausärzte und 50 für Fachärzte. Demgegenüber steht eine Warteliste von etwas über 1000 Ärzten, die Interesse an einem Hausarztsitz in Köln angemeldet haben.

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Bei den Fachärzten stehen rund 2600 auf der Warteliste. Das klingt nach viel, aber Christopher Schneider relativiert: Viele würden sich schon Jahre, bevor sie wirklich bereit wären, auf die Warteliste setzen lassen. Denn wenn es tatsächlich mehrere Bewerber um einen Kassensitz gebe, entscheide die Wartezeit.

Seit 2013 nur drei Kassensitze stillgelegt

Letztendlich muss die Zulassungsstelle der KV zustimmen, auch wenn sich Arzt und möglicher Nachfolger schon einig sind. Sie prüft zum Beispiel, ob der Bewerber die nötigen fachlichen Qualifikationen mitbringt. Und sie kann auch entscheiden, ob ein Kassensitz beibehalten oder stillgelegt wird. Grund könnte zum Beispiel sein, dass die Praxis kaum Patienten hatte. „Das passiert aber selten“, sagt Schneider. Seit 2013 legte die KV Nordrhein in Köln ganze zwei Sitze still, einen im hausärztlichen und einen im psychotherapeutischen Bereich.

HNO-Arzt Jürgen Zastrow weiß aus eigener Erfahrung, dass es nicht leicht ist, einen geeigneten Nachfolger zu finden: Auch er möchte aufhören. Von Bewerbern höre er vor allem drei Worte: „Work-Life-Balance“. Seine eigene Einstellung, erst Feierabend zu machen, wenn der letzte Patient gegangen ist, sei vielen jungen Ärzten fremd.

Christopher Schneider spricht lieber von der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die viele anstrebten. Besonders Ärztinnen würden sich heute gerne in Gemeinschaftspraxen anstellen lassen oder sich einen Sitz mit Kollegen teilen.

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