Besonderer Tag für KölnRund 37.000 Menschen beim Tag des offenen Denkmals

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Geschichten aus der Vergangenheit ließ Dagmar Lutz (M.) auf dem Geusenfriedhof lebendig werden.

Geschichten aus der Vergangenheit ließ Dagmar Lutz (M.) auf dem Geusenfriedhof lebendig werden.

Köln – An den Gräbern im Geusenfriedhof in Lindenthal hat schon seit Ewigkeiten kein nächster Verwandter oder Freund einen Blumenstrauß niedergelegt. Angehörige sind nämlich ebenso wie die Verstorbenen bereits seit langem tot. Die letzte Beisetzung auf dem ältesten protestantischen Friedhof des Rheinlandes, der 1576 angelegt worden war, fand im Jahre 1875 statt. Dichter Efeu wuchert.

Es gibt 144 liegende Platten, rund 50 niedrige Stelen und etwa 30 Grabmale aus klassizistischer Zeit. Das Anwesen hat eine mystische Aura. Dem natürlichen Verfall wohnt eine romantische Schönheit inne. Seit 1981 steht das Gelände unter Denkmalschutz und wird restauriert. So können die Grabmäler auch heute noch die Geschichten derer erzählen, zu deren Ehren sie aufgestellt wurden.

Viele Interessierte

Am Wochenende konnten Interessierte diesen Geschichten lauschen. Am bundesweiten Tag des offenen Denkmals gab es auch Führungen über den Geusenfriedhof. Weitere Stationen legten den Fokus auf das 100-jährige Bauhaus-Jubiläum. Gebäude aus den 1920er- und 1930er Jahren öffneten ihre Türen.

Geschichten aus der Vergangenheit ließ Dagmar Lutz (M.) auf dem Geusenfriedhof lebendig werden.

Geschichten aus der Vergangenheit ließ Dagmar Lutz (M.) auf dem Geusenfriedhof lebendig werden.

Darunter: das Staatenhaus, das Disch-Haus, das Hansa Hochhaus und Privathäuser. In Köln fanden mehr als 500 Veranstaltungen an über 160 Orten statt. Rund 37 000 Menschen nutzten die Gelegenheit, sich Baudenkmäler anzusehen, die oftmals nicht öffentlich zugänglich sind.

In Lindenthal führte Stadtführerin Dagmar Lutz durch die Geschichte des Friedhofs. „Dieser Friedhof ist ein historischer Ort, aber eben nicht nur. Die Kombination ist spannend“, erklärt sie und verweist auf den 2007 aufgestellten Altar. An ihm feiern Gläubige am Ostersonntag das Abendmahl.

Symbolik auf vielen Grabmälern

Die Symbolik auf vielen Grabmälern, deren Restaurierung bis zu 8000 Euro kostet, sei besonders spannend. Häufig anzutreffen: die sich selbst verschlingende Schlange, die für die Ewigkeit steht, der Schmetterling als Symbol der Auferstehung oder der Sensemann. Manche Symbole haben einen weniger religiösen Bezug. Familienwappen und Andeutungen zum Beruf sind ebenfalls häufig zu finden.

Auf dem Grabstein eines gewissen Jan Becker etwa, der 1598 verstorben und dessen Grab als eines der am ältesten erhaltenen auf dem Friedhof gilt, ist sehr deutlich eine Brezel zu erkennen. „Auch wenn wir es nicht genau wissen: In Kombination mit seinem Nachnamen geht man stark davon aus, dass er Bäcker von Beruf war“, so Lutz.

Geschichten aus der Vergangenheit ließ Dagmar Lutz (M.) auf dem Geusenfriedhof lebendig werden.

Geschichten aus der Vergangenheit ließ Dagmar Lutz (M.) auf dem Geusenfriedhof lebendig werden.

Überhaupt sei es nicht so, dass auf dem Friedhof nur arme Leute beerdigt wurden – auch wenn der Name zunächst anderes vermuten lässt. „Geusen“ leitet sich aus dem französischen Wort für Bettler ab. Die – aus den Niederlanden kommenden – protestantischen Freiheitskämpfer wurden so abwertend genannt.

Im katholischen Köln waren sie zwar vor Verfolgung geschützt, durften ihre Religion aber nicht öffentlich ausüben. Auch eine offizielle Bestattung stand ihnen zunächst nicht zu. Letzteres änderte sich erst mit der Eröffnung des Geusenfriedhofs, der damals allerdings noch außerhalb der Tore Kölns lag.

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