Fatih Cevikkollu„Das einzige, was heute schlechter, ist der Blick in die Zukunft“

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Stammgast im Gloria: Bis auf eine feierte Fatih Cevikkollu alle Premieren hier. 

Köln – Der Kölner Schauspieler und Kabarettist Fatih Cevikkollu (49) feiert an diesem Freitag im Gloria Premiere mit seinem Solo-Programm „Zoom“. Lia Gasch hat mit ihm gesprochen.

Herr Cevikkollu, Sie gehen mit einem neuen Programm auf die Bühne in Zeiten, die nicht zum Lachen sind. Worum geht es bei „Zoom“?

„Zoom“ ist ein warmes Lagerfeuer in Zeiten digitaler Kälte. Es erzählt die Geschichte einer Gesellschaft, die aus dem Fenster springt und auf dem Weg nach unten sagt: „Bis hierher ist alles gut gegangen!“ Es geht um uns und welche Bilder wir voneinander haben. Der Punkt ist, dabei die Widersprüchlichkeiten aufzuzeigen, zum Beispiel die Vereinsamung der Menschen bei totaler Vernetzung.

Was sprechen Sie dabei genau an?

Die Themen sind die, die gerade auf der Straße liegen. Es geht zum Beispiel um die Fußballweltmeisterschaft in Katar, die vor der Tür steht. Klar, dort sind Menschenrechte eine Fußnote, da sind wir hier in Europa deutlich weiter, wir ertränken sie im Mittelmeer. Der Grundsatz sollte sein, dass Menschen da sind, um geliebt zu werden und Gegenstände, um benutzt zu werden. Wir leben in einer Zeit, in der Menschen benutzt und Gegenstände geliebt werden.

Viele Leute empfinden die aktuelle Situation als belastend. Warum brauchen wir genau jetzt Kabarett?

Ich würde die Grundannahme, dass wir in düsteren Zeiten leben, nochmal relativieren wollen. Die Teilhabe von Menschen in der Gesellschaft ist gewährleistet, wie sie es noch nie war. Es sitzen viel mehr Menschen am Tisch und reden mit. Jetzt ist alles besser als früher. Das einzige, was heute schlechter ist als früher, ist der Blick in die Zukunft. Wenn wir nach vorne schauen, merken wir: Die Grundlage für unser Leben auf diesem Planeten ist einem System unterworfen, das wir kapitalistisch nennen und unsere Grundlage zerstört. Das versuche ich ein bisschen zu beleuchten. Und wenn die Leute dabei auch noch lachen, ist es ja gar nicht mal so verkehrt.

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Auf wen ist Ihr Programm gemünzt?

Wenn Du Interesse am Gedanken dahinter hast, wenn Du Freude an zusammenhängenden Sätzen hast, dann bist Du richtig. Wer hören kann, ist willkommen!

Finden Sie es manchmal schwer, Ihren humorvollen Blick auf die Dinge zu behalten?

Es fällt mir nicht schwer, weil das im Prinzip immer das Ventil ist. Wenn Christian Lindner sagt: „Ich habe die Befürchtung, die Menschen denken jetzt, wir sind als Partei links“, sage ich: Ne, das denken wir nicht. Das einzige, was an Dir links ist, ist Deine Rolex. Es springt Dich sozusagen an. Humor ist Befreiung.

Was bedeutet es Ihnen, dass die Premiere von „Zoom“ in Köln stattfindet?

Ich komme aus Köln und hatte bis auf die erste alle Premieren im Gloria und finde das auch toll. Sobald ich da die Plätze füllen konnte, habe ich das immer gerne gemacht.

Sind Sie vor einer Premiere noch aufgeregt?

Das ist mein siebtes Solo-Programm. Aufgeregt ist man natürlich, aber die Freude überwiegt. Es ist fantastisch: Du hast den unverschämten Zustand, dass Menschen zu dir kommen, sich hinsetzen und sagen: „Erzähl mir!“ Ich freue mich darauf.

Tickets für die Premiere kosten 26 Euro, Beginn um 20 Uhr.

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