Film„Wussten Sie das über Zollstock?“ bringt Geheimnisse ans Licht

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Voll besetzt war der Pfarrsaal der Gemeinde St. Pius. Dort präsentierten die Mitglieder des „Clubs Kölner Filmer“ erstmals ihren Zollstock-Film.

Voll besetzt war der Pfarrsaal der Gemeinde St. Pius. Dort präsentierten die Mitglieder des „Clubs Kölner Filmer“ erstmals ihren Zollstock-Film.

Köln – Der Stadtteil Zollstock hat eine Indianersiedlung, einige Kneipen und grenzt insgesamt an sieben Kölner Stadtteile. Sein Name leitet sich von einem kleineren Zollhaus ab, das an dem Schnittpunkt einer der Feldwege des um Köln führenden Bischofsweg stand. Zollstock besitzt ein eigenes Wappen, das vom ehemaligen Rektor der Volksschule Zollstock und Gründer des Allgemeinen Bürgervereins Köln-Zollstock, Joseph Rosenzweig, entworfen wurde. Kabarettist Jürgen Becker ging in Zollstock zur Schule und ohne Ellen Muck gäbe es in Zollstock viel weniger Kunst und Kultur – schon gewusst?

Antoni Skorniewski, Helmut Raatschen, Gerd Steinenbach und einige Mitstreiter haben sich in diese und weitere Insider-Details des Stadtteils hineingegraben – dabei ist auch eine Art Liebeserklärung an den Stadtteil entstanden. Ihr Film mit dem Titel „Wussten Sie das über Zollstock?“ wurde nun im Pfarrheim St. Pius uraufgeführt.

Veedel hatte früher einen schlechten Ruf

Die drei Autoren sind „Urgesteine“ des „Club Kölner Filmer e.V.“ und einst waren die Filmer im FC-Heim zu Hause, anschließend war der Verein lange Zeit im Kolpinghaus untergekommen. „Dann wurde dort umgebaut, wir mussten umziehen und fanden hier in der St.-Pius-Gemeinde neue Räumlichkeiten – zuvor hatten wir alle nichts mit Zollstock zu tun“, erinnert sich Steinenbach. Er selber lebt in Seeberg und kannte Zollstock nur vom Hörensagen, „das Veedel hatte früher eher einen schlechten Ruf“.

Auch Antoni Skorniewski, von allen liebevoll Toni genannt, kannte sich ursprünglich in Zollstock nicht aus. „Ich bin gebürtig aus Bickendorf, später zog ich nach Dellbrück. Im Club bin ich seit 1980“, berichtet er.

Indianersiedlung darf nicht fehlen

Die Idee, einen Film über die neue „Wohnstätte“ des Vereins zu machen, entstand vor einigen Jahren. „Wir hatten damals einen Kurzfilm gedreht und merkten, dass es hier so viele liebenswerte Ecken gibt,“, erinnert er sich an die ersten Überlegungen rund um den nun zum ersten Mal gezeigten 50-minütigen Film über Zollstock.

„Unsere ersten Ansprechpartner waren Ellen Muck und Barbara Lücke, nach und nach haben wir immer mehr Zollstocker kennen gelernt – und waren immer begeisterter“, so der Filmemacher. Ihm persönlich gefalle an Zollstock vor allem die Indianersiedlung, auch Jupp Hilche, „ein Zollstocker Original“, habe ihn beeindruckt. Hilche wohnt mit seinem Hund in der Herthastraße, die beiden haben dort ein ebenerdiges Wohnzimmer – jeder, der hier mal vorbeigekommen ist, kennt die beiden.

Von Kriegserlebnissen und dem alten Waschhaus

„Auch Walter Raab, der diese Bilder hier im Pfarrsaal gemalt hat, ist ein ganz wunderbarer Künstler“, kommt Skorniewski ins Schwärmen. Alle, die mit dem Film beschäftigt waren, merkten schnell, dass der schlechte Ruf schon lange nicht mehr gerechtfertigt ist. Das Veedel hat viele Gesichter und viele spannende Geschichten zu erzählen. Kriegserlebnisse und auch die Zeit nach dem Krieg kommen zur Sprache. Jürgen Becker berichtet im Film von seiner Zeit auf der Rosenzweigschule. Die Pänz aus dem Kindercafé́ „Kleks“ werden gezeigt, das alte Waschhaus, welches heute ein Nachbarschaftstreff ist, kommt vor, und natürlich sind auch Fortuna-Fans in dem Film zu Wort gekommen.

Zwei Jahre haben die Mitglieder des Vereins und Initiatoren des Films gearbeitet, um diesen so perfekt wie möglich zu gestalten. „Das ist schon richtig viel Arbeit, einen solchen Film zu machen“, weiß Walter Clemens, ein weiterer „Hobby-Filmer“. Die meisten der Macher sind seit Kindesbeinen an mit großer Leidenschaft dabei und wissen, auf was sie sich einlassen.

„Seit 1957 filme ich, das ist in mir verankert“, weiß Steinenbach, der mittlerweile 83 Jahre alt ist. Seine erste Kamera kaufte er auf Kredit, „anfangs war das nicht leicht, das Equipment war teuer“, sinniert er. „Aber die alten Kodak-Filme, die sind bis heute farbecht“, ergänzt der Filmer. „Wir haben viele Termine vereinbart, Drehorte aufgesucht, sind mit dem Equipment angereist – wir machen das ja alles ohne Helfer, das war schon anstrengend“, stellt er fest – doch man sieht ihm an, wie stolz und glücklich er nun in Anbetracht der Premiere ist.

Hunderte Besucher bei der Premiere

Glücklich zeigt sich auch Ellen Muck, die „Erfinderin“ des Kunst- und Kulturzentrums „Halle Zollstock“. „Das Besondere an Zollstock ist, dass es einfach viele Menschen gibt, die Lust haben, etwas im Viertel zu bewegen. Der Bürgerverein, die Macher des Zollstocker Dienstagszugs, die kommunalen Politiker, die Interessengemeinschaft Theophanoplatz, man könnte noch viele aufzählen und noch lange weitersprechen“, schwärmt sie.

Wie viele Fans der kleine Stadtteil und auch die Filmemacher haben, zeigt die Premiere: Hunderte Besucher sind gekommen. „Ich habe es noch nie erlebt, dass der Pfarrsaal so voll ist“, begrüßt Bodo Schmidt vom Bürgerverein Zollstock, merkbar gerührt, die Menschen. Er und seine Vereinskollegen hatten sich im Vorfeld bereit erklärt, das Catering des Abends zu übernehmen und bei der Veranstaltung ein wenig zu helfen. „Wir sind einfach begeistert“, fügt er noch an und dann beginnt auch schon die Vorführung. 50 Minuten lang nahmen die Autoren des Films die Menschen mit auf eine Reise durch ihr Viertel.

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