Hilfe bei den letzten LebensfragenPilotprojekt für eine islamische Seelsorge startet

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Seat Uzeirovski leitet ein Pilotprojekt, in dem hauptamtliche islamische Seelsorger ausgebildet werden. Das Projekt soll bundesweit ausstrahlen.

Seat Uzeirovski leitet ein Pilotprojekt, in dem hauptamtliche islamische Seelsorger ausgebildet werden. Das Projekt soll bundesweit ausstrahlen.

Seat Uzeirovski weiß nur zu gut um den Bedarf. Es ist noch gar nicht so lange her, da saß er im Krankenhaus und wartete sorgenvoll auf das Ende einer Operation eines nahen Angehörigen. Wie gerne hätte er in den bangen Stunden ein Gespräch mit einem Seelsorger geführt. Doch es war keiner da – schon gar kein islamischer. Der islamische Theologe weiß davon zu berichten, dass am Krankenbett gläubiger Muslime nicht selten Priester sitzen, um seelsorgerische Gespräche zu führen. Für zwischenmenschliche Belange mag das angehen. In Fragen des Glaubens ist es aber wohl eher Behelf. Rund fünf Millionen Muslime leben in Deutschland, allein 120 000 davon in Köln, doch die muslimische Seelsorge steckt größtenteils in den Kinderschuhen, beruht im Kern auf ehrenamtlichem Engagement.

Wissenschaftlichen Beirat gegründet

Der Ditib-Bundesverband ist nun unter der Federführung von Seat Uzeirovski angetreten, um das zu ändern. Der Moscheeverband Ditib führt in Köln ein Pilotprojekt durch. Es werden hauptamtliche islamische Seelsorger ausgebildet. Seat Uzeirovski leitet die Kurse. Wenn der Erfolg sich einstellt, soll das Projekt von Köln aus über die ganze Republik ausstrahlen.

Tag der offenen Moschee am 3. Oktober

1997

fand erstmals am Tag der Deutschen Einheit auch der Tag der offenen Moschee statt. Den Termin hat der Zentralrat der Musilime in Deutschland (ZMD) bewusst gewählt, um die Zugehörigkeit der Muslime zu Deutschland zu zeigen.

Vielfältige Veranstaltungen finden am kommenden Montag in Köln in der Ditib-Zentralmoschee, Venloer Straße 160, statt. Dort gibt es zwischen 9 und 18 Uhr ein Programm auf zwei Ebenen. Es steht unter dem Motto „Knappe Ressourcen – große Verantwortung“.

Führungen mit einer Dauer von etwa einer halben Stunden können ohne Anmeldung besucht werden. Auch am Mittagsgebet um 13.26 Uhr und am Nachmittagsgebet um 16.30 Uhr ist eine stille Teilnahme möglich.

Eine Podiumsdiskussion zum Gebetsruf am Freitag findet in der Zeit von 14.30 bis 15.30 Uhr im Konferenzraum statt. Die Teilnehmer sind: Dr. Zerkeriya Altug, Abteilungsleiter für Gesellschaft und Zusammenarbeit, Murat Sahinarslan, Direktor des Moschee-Forums und die beiden Religionsbeauftragten der Zentral Moschee Köln, Gökhan Uygun und Mustafa Kader.

Eine Fotoausstellung ist im Ausstellungssaal der Zentralmoschee zu sehen. Kulinarisches gibt es in der Passage. Von 12 bis 12.45 Uhr referiert Baraa Abu El-Khair von Nour Energie e.V. im Bibliothekssaal zum Thema „Moscheen zwischen Klimakrise und Transformation.“

Die Abu Bakr Moschee am Höninger Weg 5 in Zollstock bietet zum Tag der offenen Moschee ebenfalls die Möglichkeit zu Begegnung und Austausch an. Es gibt auch ein Kinderprogramm. Gäste sind in der Zeit von 11 bis 17 Uhr willkommen. (dha)

Am Anfang brauchte es erst einmal ein solides Fundament für das Projekt. „Wir haben einen wissenschaftlichen Beirat ins Leben gerufen“, erklärt Osmanbey Sahin, der für die Ditib die Abteilung Familien und Sozialdienste leitete. Auf dieser Basis ist ein Ausbildungskursus entwickelt worden, der 400 Unterrichtseinheiten umfasst. Die Ausbildung zum hauptamtlichen islamischen Seelsorger besteht aus zwölf Modulen, die in 30 Lehrerveranstaltungen vermittelt werden. Alle zwei Wochen findet ein Wochenendseminar statt. 240 Theorieeinheiten und 160 Stunden Praktikum muss absolvieren, wer islamischer Seelsorger werden will. „In unserem ersten Seminar haben wir zwölf Teilnehmer“, kann Sahin berichten. Zwei der Teilnehmer kommen aus Köln, andere aus München, Hamburg oder Hannover. „Alle haben ein Theologiestudium, eine Berufsausbildung und Gemeindeerfahrung“, sagt der Abteilungsleiter. Im Laufe der Ausbildung fänden regelmäßig Analysen statt. „Zusammen mit dem wissenschaftlichen Beirat evaluieren wir stetig, wie erfolgreich unser Konzept ist“, so Sahin. Unter anderem unterstützt die Uni-Klinik in Köln das Pilotprojekt, ein Teil der Praktikumsstunden können dort absolviert werden.

Warum es eine islamische Seelsorge braucht

Dass Menschen egal welchen Glaubens Seelsorge benötigen, steht wohl außer Frage. Doch was macht eine islamische Seelsorge aus? „Natürlich geht es bei unserer Ausbildung sowohl um religiöse Aspekte wie auch um Belange des allgemeinen Lebens“, sagt islamischer Theologe und Seelsorger Seat Uzeirovski.

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Doch gerade in den „letzten Dingen des Lebens“ wird deutlich, warum es eine professionelle islamische Seelsorge braucht, die genauso institutionalisiert ist wie die christliche Seelsorge. „Gläubige Muslime wollen am Ende ihres Lebens weniger über die Vergangenheit sprechen, Erlebnisse oder Ereignisse nochmals aufarbeiten. Ihnen ist es vielmehr wichtig, über das Kommende zu sprechen, über den Tag der Auferstehung, das jüngste Gericht und das Paradies“, erklärt Uzeirovski.

Während gläubige katholische Christen die letzte Salbung oder die Eucharistie erwarten, wollen Muslime das muslimische Glaubensbekenntnis in arabischer Liturgie sprechen. Aber auch wenn es um Fragen des Lebens geht, sei es gut, wenn der Seelsorger Wissen um die religiös-kulturellen Hintergründe besitzt.

Von Köln soll Signalwirkung ausgehen

Wenn das erste Seminar für hauptamtliche muslimische Seelsorger in Köln abgeschlossen ist und die Erfahrung mit dem Pilotprojekt das Ausbildungskonzept abgerundet haben, will die Ditib es weiter ausdehnen – und das nicht nur räumlich. „Für die Zukunft denken wir neben der Krankenhausseelsorge auch an Gefängnisseelsorger, Notfallseelsorger und in letzter Instanz auch an Militärseelsorger“, sagt Osmanbey Sahin.

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