Interview mit Sitzungspräsident Volker Weininger„Da will man auf der Bühne sterben“

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Entgleiste Gesichtszüge, grobe Motorik: Als „Sitzungspräsident“ spielt Volker Weininger den Betrunkenen. (Foto: Meisenberg)

Entgleiste Gesichtszüge, grobe Motorik: Als „Sitzungspräsident“ spielt Volker Weininger den Betrunkenen. (Foto: Meisenberg)

Ihr Kollege Markus Krebs ist bei der Aufzeichnung der ZDF-Fernsehsitzung entnervt von der Bühne gegangen. Haben Sie da Mitleid?

In solch einer Situation willst du am liebsten auf der Bühne sterben. So etwas ist sehr unschön. Das hat jeder schon erlebt, meist ist das sehr kurios und nicht vorhersehbar. In Düsseldorf ist Markus Krebs bei der Fernsehsitzung abgefeiert worden.

Sie waren ebenfalls bei der TV-Sitzung in Düsseldorf, wo die Redner nicht ganz so lange auf der Bühne stehen. Ist das ein Vorteil?

Der Auftritt in Düsseldorf dauerte 15 Minuten, in Köln ist es auch nicht viel länger. Es gibt aus meiner Sicht keine gravierenden Unterschiede. Es ist generell schwierig, eine Sitzung, die fünf Stunden dauert, fürs Fernsehen auf zweieinhalb Stunden zu komprimieren. Das lässt sich nicht so einfach lösen.

Verfallen sie in Selbstzweifel, wenn mal eine Rede nicht ankommt?

Ich bin selbstkritisch und versuche zu analysieren, woran es lag. Wenn man sich eine blutige Nase holt, hat man oft eine Stunde später die nächste Chance, das wieder zu korrigieren. Es gibt wenige Redner, bei denen es egal ist, wo und zu welcher Uhrzeit sie auftreten.

Wie anstrengend ist Ihr Job wirklich?

Wenn man an einem Wochenende acht bis neun Auftritte hintereinander hat, dann kann es schon mal stressig werden. Da verschwimmt tatsächlich schon manchmal, wo man gerade noch war, wo man ist und wo man noch hinmuss.

Das liegt aber nicht am Kölsch? Der Sitzungspräsident trinkt ja ganz gerne mal einen.

Man hat tatsächlich nach dem Auftritt schon versucht, mich davon abzuhalten, mich ins Auto zu setzen (lacht). In der ersten Session habe ich echtes Kölsch auf der Bühne getrunken. Da habe ich gelernt, dass man besser nur nippt und das Glas dann stehen lässt. Mittlerweile trinke ich auch schon mal alkoholfreies Bier. Wenn man vor dem Auftritt tatsächlich Alkohol bräuchte, sollte man seine Arbeit doch mal kritisch hinterfragen. Das gilt ja nicht nur für die Bühne, auch für jeden anderen Job.

Wie kommen Sie von Auftritt zu Auftritt?

Mit meinem Fahrer Peter Heitmann. Er ist ganz erfahren und fährt schon seit 25 Jahren im Karneval. Für mich ist das super. Ich mache das ja erst seit drei Jahren, und Peter kennt wirklich Hinz und Kunz. Er kennt fast jeden Saal und weiß, wo der Bühneneingang ist.

Wie ist der Sitzungspräsident entstanden?

Die Figur spiele ich schon seit 15 Jahren, entstanden ist sie im alternativen Karneval in Koblenz. Es hat mich immer gereizt auszuprobieren, ob der Sitzungspräsident auch im richtigen Karneval funktioniert. Schließlich parodiert die Figur ja viele Muster im Karneval.

Gibt es denn ein Erfolgsrezept, um ein guter Redner zu werden?

Wichtig ist, dass man ein Alleinstellungsmerkmal hat. Zum Beispiel bei Marc Metzger, dass er vorgeblich nie eine Rede hat, oder bei Bernd Stelter, dass er immer sehr aktuell ist. Oder Fritz Schopps, der Reimredner. Da weiß man direkt, wofür ein Redner steht. Wenn man dann immer weiter an sich arbeitet, sich fragt, wo noch Luft nach oben ist, und nicht stehen bleibt, dann kann das funktionieren.

Nehmen Sie manchmal auch Ihre Familie mit zu den Auftritten?

Überhaupt nicht. Meine Frau ist Amerikanerin und kennt Karneval nicht wirklich. Und wir haben einen kleinen Sohn, der ist dreieinhalb Jahre alt, den möchte ich noch nicht mit in die Säle nehmen. Aber er kennt den Sitzungspräsidenten natürlich. Wenn er in der Zeitung jemanden sieht, der eine Narrenkappe aufhat, dann sagt er immer: „Der geht arbeiten.“

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