Neue StellplatzsatzungIn Kölns Innenstadt sollen 40 Prozent Parkplätze wegfallen

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Rares Gut: Stellplätze in Köln

Rares Gut: Stellplätze in Köln

  • Die Stellplatzsatzungin Köln wird verändert und das mit teils drastischen Folgen.
  • In einigen Stadtvierteln werden bis zu 50 Prozent weniger Parkplätze bereitstehen.

Köln – „Fährst das über das Wochenende Weg? Bist du verrückt, ich habe einen Parkplatz!“ Ein Running-Gag in Köln, nicht zuletzt in Sülz und Ehrenfeld, wo Parkplätze ein besonders rares Gut sind. Und sie könnten noch deutlich rarer werden. Das Verkehrsdezernat hat Hand angelegt an die sogenannte Stellplatzsatzung. Sie regelt, wieviele Stellplätze bei Neu- und Umbauten geschaffen werden müssen. Die Messlatten dafür sollen deutlich niedriger gehängt werden, mit spürbaren Folgen. Im Kern der Innenstadt beispielsweise sollen dadurch 40 Prozent der Parkplätze wegfallen.

Autos weg, Wohnungsbau her?

Ein Schlag, zwei Stoßrichtungen: Dass ein Bauherr weniger Geld fürs Parken ausgeben muss, soll den Wohnungsbau fördern. Dass in der Innenstadt kaum noch freie Parkplätze zu finden sein werden, soll den Autoverkehr vertreiben.

„Ich vermisse das Gesamtkonzept“

Dr. Roman Suthold.

Dr. Roman Suthold.

Dr. Roman Suthold ist Verkehrsexperte des ADAC Nordrhein. Er ist ausgewiesener Experte der Kölner Verkehrsverhältnisse und wird von der Stadtverwaltung immer wieder beratend zu Rate gezogen.

„Ich vermisse bei vielen Verkehrsmaßnahmen der Kölner Stadtverwaltung das Gesamtkonzept“, sagt Suthold auf die modifizierte Stellplatzsatzung bezogen. „Eine solche Maßnahme kann nicht einfach für sich alleine stehen, sie muss Teil eines Gesamtkonzeptes sein.“

Dass es fehlt an einem übergreifenden Katalog , macht der ADAC-Experte unter anderem an mangelnden Alternativen zum motorisierten Individualverkehr fehlen würden. „Es gibt kaum Mobilitätsstationen in den Vierteln. Auch gibt es in keinem nennenswerten Umfang Quartiersgaragen. „London beispielsweise hat das Auto aus der Innenstadt verdrängt und reichlich Alternativen geschaffen. Auch Düsseldorf ist da klar weiter als Köln.“ Darum bräuchte es zumindest für die Stadtteile umfassende Konzepte, wenn es das für das ganze Stadtgebiet schon nicht gebe.

Der Parkdruck sei jetzt schon in einigen Stadtteilen sehr hoch, das Angebot an Stellplätzen weit unter dem Bedarf. Suthold geht davon aus, das er durch die geänderte Stellplatzsatzung kontinuierlich steigen wird. Auch wenn es sicherlich Jahre brauche, bis sich die Zahl der Stellplätze durch Neu- und Umbaumaßnahmen bis zu 40 Prozent reduziere. (ngo)

Um beides eventuell zu erreichen, musste gar nicht viel verändert werden an der Satzung. Schon immer flossen der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) und die Nähe zu Versorgungseinrichtungen in den Faktor ein, wie viele Stellplätze pro Quadratmeter Wohnraum geschaffen werden müssen. Doch beim ÖPNV lag das Augenmerk allein auf den Stadtbahnen. Jetzt fallen auch die Linienbusse ins Gewicht.

Auch können sich Bauherrn mehr noch als bisher aus dem Zwang, Parkplätze zu schaffen, befreien. Wenn beispielsweise bei Bürobauten Ladestationen für E-Autos oder ein Fahrradverleih vorgesehen sind, schmilzt die Zahl der Stellplätze dahin. Die Auswirkungen auf den Wohnungsbau macht die Verwaltung an einem handfesten Beispiel fest. Nach bisheriger Satzung muss je Wohneinheit ein Stellplatz geschaffen werden. Die überarbeitete Fassung sieht vor, dass bei zwei Wohnungen, die jeweils nicht mehr als 50 Quadratmeter umfassen, nur noch ein Stellplatz geschaffen werden muss. Anders bei den Fahrrädern. Für einen Drahtesel muss es bei einer 50-Quadratmeter-Wohnung immer einen Stellplatz geben. Bei größeren Wohnungen muss für jeweils 30 Quadratmeter ein Fahrradstellplatz vorhanden sein.

Mit diesem Maßstäben ist das Verkehrsdezernat an den Stadtplan herangegangen und hat das in den einzelnen Vierteln einmal durchgerechnet. Die Wirkung ist enorm. Im Innenstadtkern würde es auf lange Sicht 40 Prozent weniger Parkplätze als bisher geben. In Park-Brennpunkten wie Sülz oder Ehrenfeld würde die frei verfügbare Pkw-Stellfläche um bis zu 30 Prozent sinken. In Deutz geht es sogar runter auf 50 Prozent der jetzigen Parkplätze.

Mehr Verkehr und weniger Geld?

Das Zurückdrängen des Autos aus der Stadt soll auch die Luftqualität verbessern. Aber geht der Schuss nicht nach hinten los, wenn sich durch die Reduktion der Stellplätze der Parksuchverkehr drastisch erhöht? „Wir bewegen uns da in einem Spannungsfeld“, räumt Klaus Harzendorf, Leiter des Amtes für Straßen und Verkehrsentwicklung, ein. Doch er glaubt, der allgemeine Trend wird seiner Sache Rückenwind verschaffen. Schon jetzt liegt der Anteil der autofreien Haushalte in einigen Vierteln der Innenstadt bei 60 Prozent.“ Diese Entwicklung werde den Druck senken.

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Aber es gibt noch ein Spannungsfeld. Weil jeder Quadratmeter Wohnraum in der Innenstadt Gold wert ist, kaufen sich viele Bauherren frei von der Pflicht, Parkraum schaffen zu müssen. Dann wird die sogenannte Stellplatzablöse fällig. Das sind keine Unsummen, aber die Stadt nutz das Geld, um den ÖPNV oder auch alternative Fortbewegungsangebote wie Mobilitätsstationen in den Vierteln zu fördern. Müssen jedoch weniger Stellplätze geschaffen werden, fließt zwangsläufig auch weniger Stellplatzablöse. „Uns kommt es nicht darauf an, Einnahmen zu generieren, sondern unser Ziel zu erreichen“, sagt Harzendorf. Und das Ziel sei nun mal, den Autoverkehr zurückzudrängen und den Wohnungsbau anzuschieben

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