Neues ESA-Zentrum entstehtIn Köln wird simuliert, wie es sich auf dem Mond lebt

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Luna am Europäischen Astronautenzentrum

Köln – Seit 1972 gab es keine bemannte Mondmission mehr. Aber noch in diesem Jahrzehnt möchte die amerikanische Weltraumbehörde NASA gemeinsam mit der Europäischen Raumfahrtorganisation ESA mit dem Bau einer festen Basis auf dem Mond beginnen (Artemis-Programm). Möglich, dass sich die Astronauten auf ihre Aufgabe zuvor in Köln unter realistischen Bedingungen vorbereitet haben werden. Denn am Europäischen Astronautenzentrum (EAC) wird in Kürze ein Mondsimulationszentrum gebaut.

„Europas Ziel ist es, alle zukünftigen Astronautinnen und Astronauten, die auf dem Mond landen, in der Luna-Anlage in Köln auszubilden, um eine vollständige Simulation einer Mondmission auf der Erde in einer entsprechenden Umgebung, mit den richtigen Werkzeugen und der richtigen Betriebsunterstützung zu ermöglichen“, sagt Projektleiter Jürgen Schlutz. „Die ESA kann bereits auf viele Erfahrungen aus der Astronautenausbildung sowie der menschlichen und robotischen Weltraumforschung zurückgreifen. Mithilfe von Luna und unserem Partner DLR wollen wir diese Erfahrungen weitergeben und Europa die Möglichkeit geben, bei den Vorbereitungen zur weiteren Erforschung des Mondes und schließlich des Mars ganz vorn mitzuspielen“, sagt Schlutz weiter.

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Im zweiten Quartal 2022 soll mit dem Bau von Luna am Europäischen Astronautenzentrum in Köln begonnen werden.

Endlich wird Luna gebaut, könnte man sagen, denn das Gemeinschaftsprojekt der ESA und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit dem sperrigen Namen „ESA-DLR Luna“ in Köln sollte eigentlich längst fertig sein. Wäre nicht 2017 auf dem eigentlichen Bauplatz eine seltene Waldeidechsenart entdeckt worden. So musste zum Schutz der Reptilien für die etwa 1000 Quadratmeter große Anlage ein neuer Standortgefunden werden.

Luna soll in Köln noch 2022 an den Start gehen

„Der erste Spatenstich ist im 2. Quartal 2022 geplant, und wir streben an, dass Luna bis Ende 2022 in Betrieb genommen werden kann“, sagt Schlutz. Die Haupthalle wird ein 700 Quadratmeter großes sogenanntes Regolith-Testfeld enthalten, das aus einem Mondstaubsimulator namens EAC-1 besteht und mit einer steuerbaren Beleuchtung ausgestattet ist, um die Oberflächenbedingungen und Experimente zuverlässig in einem lunaren Tag-Nacht-Zyklus sowie für verschiedene Standorte auf der Mondoberfläche nachzustellen. Der Schwerpunkt werde dabei zunächst auf den Eigenschaften der Polargebiete liegen, so Schlutz. Weitere Vorbereitungsräume, Labore und unterstützende Infrastruktur werden die Gesamtfläche der Anlage auf 1000 Quadratmeter erhöhen.

Vom Mond zum Mars

Das Europäische Astronautenzentrum in Köln mit seinem Team aus Personal des DLR-, der französischen Raumfahrtagentur CNES und der Italienischen Raumfahrtagentur ASI bietet derzeit ein Astronautentraining für die Internationale Raumstation (ISS) sowie ein analoges Training im Freien und unter Wasser an.

„Luna soll die Lücke zwischen der Raumstation und dem bestehenden analogen Training schließen, um auf die einzigartigen Herausforderungen auf dem Mond vorzubereiten, wie etwa Transportmöglichkeiten, Mobilität auf der Oberfläche, Kommunikationseinrichtungen und Autonomie sowie die raue, staubige Umgebung auf dem Mond“, erklärt Projektleiter Jürgen Schlutz.

Die ESA ist Partner im Artemis-Programm der NASA. Ziel des Vorhabens ist eine nachhaltige Siedlung auf dem Mond aufbauen, um sich auf Missionen zum Mars vorzubereiten.Erwartet wird deshalb, dass auch viele kommerzielle und internationale Partnerorganisationen Luna nutzen möchten. (kmü)

In einem angrenzenden Wohnmodul, dem sogenannten „Future Lunar Exploration Habitat“ (FLEXHab), das ein mögliches Mondbasismodul darstellen soll, werden die Astronautinnen und Astronauten leben und arbeiten. Sowohl das FLEXHab als auch die Haupthalle werden durch Solarenergiesysteme mit Brennstoffzellentechnologie versorgt.

Luna, sagt Schlutz, wird ein „wertvoller Test- und Forschungsstandort für eine Vielzahl von Aktivitäten sein“: Astronautentraining und Forschungssimulation, insbesondere für die Zusammenarbeit von Teams auf der Mondoberfläche und Teams auf der Erde; Simulation, Validierung und Betrieb von Robotersystemen; Mensch-Maschine-Interaktionen; Anwendungen von virtueller Realität (VR) und erweiterter Realität (AR); Forschung und Entwicklung für Materialien, Werkzeuge und Fertigung, einschließlich des Umgangs mit Mondstaub und der Verwendung von lokal gewonnenen Mondprodukten sowie regenerative Energiesysteme.

Luna, so ist Projektleiter Schlutz überzeugt, werde auch von der Nähe zu den Einrichtungen und dem Fachwissen des Europäischen Astronautenzentrums und der DLR-Forschungsinstitute profitieren, wie dem Institut für Raumflugbetrieb und Astronautentraining und dem Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin. (kmü)

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