ReportageSo arbeiten die Frauen und Männer vom Grünflächenamt gegen den Wildwuchs

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Stanislaus Klar kämpft gegen den Wildwuchs. 

Köln – „Heute ist mein Lieblingswetter. Nicht zu warm, nicht zu kalt und ein paar Wolken“, freut sich Frederic Lorbach. Zusammen mit seinem Mitarbeiter Stanislaw Klar lädt der Gärtner gegen halb 8 Uhr morgens im Friedenspark in der Südstadt seinen kleinen Lastwagen ab. Schubkarre, Harke, Freischneider, Heugabel. Viel sprechen müssen die beiden Männer nicht. Sie sind ein eingespieltes Team, arbeiten seit vier Jahren zusammen. „Eigentlich sind wir in unserer Kolonne zu dritt. Aber der Kollege ist in Urlaub“, sagt Vorarbeiter Lorbach. Drei Männer, die unter anderem für Volksgarten, Römer- und Friedenspark zuständig sind. Eine fast unlösbare Aufgabe.

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Frederic Lorbach beim Einsatz im Friedenspark

„Es wächst ja immer weiter, eigentlich könnte man immer weiterarbeiten“, sagt Thorsten Kunze. Der Gärtnermeister schaut als Vorgesetzter sämtlicher Kolonnen im Bereich Innenstadt möglichst täglich in möglichst vielen Grünflächen vorbei. Heute entdeckt er im Friedenspark Reste von einer nächtlichen Party. Vor einer Bank steht ein ausrangierter Holztisch, Verpackungen von Sixpacks liegen auf dem Boden, in einer Wodkaflasche schwimmt ein letzter Rest. „Das muss weg“, sagt der Gärtnermeister und sammelt ein paar lose Tischbretter vom Rasen. Besonders aufgebracht wirkt er nicht. In Köln als Großstadt haben die Grünflächen eine ganze Menge unterschiedlicher Nutzer: Hundehalter, Sportler, Ruhesuchende, Sonnenanbeter, Familien, Partypeople, Obdachlose. „So lange alle aufeinander Rücksicht nehmen, ist alles gut“, meint Kunze.

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Viel zu tun gibt es derzeit beim Kölner Grünflächenamt

Aber das ist oft nicht der Fall. „Glasscherben sind unser größter Feind“, sagt er. Einmal die Woche sei durchschnittlich der Reifen eines Mähers platt, weil er durch Glas gefahren sei. „Wir haben schon immer einen Ersatzreifen dabei.“ Noch schlimmer und gefährlicher seien die Glasscherben auf Kinderspielplätzen. An zweiter Stelle der Ärgernisse rangiert der Hundekot. Wenn der in den Mäher oder Freischneider kommt, kann er sich auch schon mal auf dem Arbeitenden verteilen.

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Frederic Lorbach bei der Arbeit 

Lydia Schmitz ist ihre „eigene Kolonne“

Zumindest wenn der nicht so gut geschützt ist wie Lydia Schmitz. Sie fährt den Großflächenmäher, einen Wagen, der es auf 40 Stundenkilometer bringt und einen Streifen von rund 3,50 Metern mähen kann. Schmitz hat eine Sonderstellung. „Im Sommer mache ich seit sieben Jahren nichts anderes als mähen. Ich bin meine eigene Kolonne“, sagt sie fröhlich. Heute mäht sie um die „artenreiche Wiese“ im Hang im Friedenspark. Eine Fläche von rund 2000 Quadratmetern gibt es davon im Friedenspark. In einem großen Quadrat stehen hier Wildkräuter und -blumen. „Sehr viele Leute fragen, warum da was stehen bleibt“, sagt Schmitz. Sie gibt dann gerne die städtische Broschüre zum Thema „Stadtgrün naturnah“ aus.

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Lydia Schmitz

In den vergangenen Jahren hat sich einiges geändert im städtischen Grün. Die ökologische Vielfalt, die den Artenschutz fördert und Insekten und Kleintieren Rückzugsmöglichkeiten und Nahrung bietet, wird wichtiger genommen. Langfristig sollen in jedem Stadtbezirk zehn Hektar solcher „Wildkräuterwiesen“ entstehen.

Auch in der Anlage hinter dem Fort im Friedenspark sprießen neben violetten Lavendelbeeten kniehohe Langgräser und abgeblühter Wiesensalbei. Ausgerüstet mit zwei Freischneidern stapfen Klar und Lorbach durch das Gras. Immer von der einen auf die andere Seite schwingen sie die Geräte. Während Lorbach mit seinem Sägeblatt-Freischneider die grobe Vorarbeit macht, müht sich sein Kollege mit dem Faden-Freischneider ab, die Flächen zwischen der Umzäunung zu schneiden. „Das mit den Zäunen um die Beete ist extrem aufwändig“, gibt Lorbach zu, „Aber wenn wir sie nicht haben, laufen die Leute überall durch.“

Zerstörungswut verursacht viel Arbeit

Stadtgarten ist der älteste Park

2.800 Hektar umfassen die städtischen Grünflächen. Das entspricht fast 4000 Fußballfeldern. Hinzu kommen etwa 700 Kinderspielplätze. Es gibt zudem rund 80000 Straßenbäume , deren Baumscheiben und Beete gepflegt werden sollten.

650 Kilometer etwa nimmt das so genannte Straßenbegleitgrün ein.

Der älteste Park innerhalb der Stadt ist der Stadtgarten, angelegt im Jahr 1828. Hier gibt es vor allem sehr alten Baumbestand.

Der Friedenspark entstand ab 1914 rund um die Festungsanlage des Fort I. 2002 wurde eine kleine Straße im Friedenspark nach Hans Abraham Ochs benannt. Der achtjährige Schüler war hier 1936 von Mitgliedern der Hitlerjugend als „Halbjude“ angepöbelt und zusammengeschlagen worden und starb an den Folgen. 2012 wurde ein kleines, aus Basaltsteinen im Boden verlegtes Denkmal für die Friedenshymne Imagine von John Lennon eingeweiht.

Der Turnus, in dem Rasenflächen in Parks gemäht werden, liegt bei acht Mal. Vor allem als Liegewiesen genutzte Flächen, versucht das Grünflächenamt kurz zu halten. Gerade im Sommer werden die Mähzeiten möglichst früh am Tag durchgeführt, damit niemand vertreiben werden muss. (dha)

Auch heute sind nicht wenige Pfähle umgekippt, der Kaninchendraht niedergetrampelt. „Wir müssen die Zäune fast jede Woche richten“, sagt Kunze. Immerhin: Wenn der Lavendel im nächsten Jahr groß ist, soll der Zaun weg. Der um das große Feld mit Oregano vor dem historischen Laubengang indes soll bleiben. Um Hunde fernzuhalten. „Jeder kann hier gerne Oregano für seine Pizza mitnehmen“, sagt Kunze und zerreibt ein paar Blätter zwischen den Fingern während er zum John-Lennon-Denkmal geht.

Anders als der Volksgarten mit seinem gepflegten Rosengarten, ist der Friedenspark an vielen Stellen nur notdürftig gepflegt. In der pittoresken Allee, die zu einem Torbogen führt, wuchern die Blätter. „Vor hundert Jahren war das tippi toppi“, sagt Kunze. „Sicher gab es da mehr Personal für die Gartenpflege“, sind sich Lorbach und Klar einig. Selbst als Lorbach vor fünf Jahren mit seiner Arbeit begann, war die Kolonne noch zu viert. Jetzt pflegt die Dreierkolonne so gut sie kann nach einem festgelegten Turnusplan.

Die Männer können sich nicht ständig kümmern. Nicht nur weil sie auch noch für andere Grünflächen zuständig sind. „Wenn es heiß und trocken ist, dann wird einer abgezogen und muss gießen“, sagt Kunze. Und Verkehrssicherung und Sicherheit auf Spielplätzen gehen sowieso immer vor.

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