RJM-Direktorin Snoep im Interview„Wir brauchen mehr Grün in der Innenstadt“

Lesezeit 5 Minuten
Nanette Jacomijn Snoep mag gerne Kastanien wie diese am Rautenstrauch-Joest-Museum, aber auch Linden und Platanen.

Nanette Jacomijn Snoep mag gerne Kastanien wie diese am Rautenstrauch-Joest-Museum, aber auch Linden und Platanen.

  • Nanette Jacomijn Snoep ist Direktorin des Rautenstrauch-Joest-Museums, spricht im Interview über ihre Wünsche für die Kölner Innenstadt.
  • Eigentlich hatte sie sich in Köln auf mehr Regen eingestellt.
  • Im Interview verrät sie, warum zehn Minuten im Garten für sie ein Wundermittel sind.

Köln – Frau Snoep, warum möchten Sie über Grün reden?

Weil das ein wichtiges Thema ist und mir persönlich am Herzen liegt. Ich bin ein Naturmensch.

Haben Sie einen grünen Daumen?

Ich denke schon. Als junges Mädchen habe ich einige Jahre in einem kleinen Dorf in Nord-Holland gelebt. Dort hatte meine Mutter einen wunderbaren Garten. Ich bekam ein paar Quadratmeter, um die ich mich selbst kümmern durfte. Da war ich sieben Jahre alt. Meine Großmutter hat mir zum Geburtstag immer Pflanzen geschenkt. Sie hat mir die Liebe zum Gärtnern vermittelt, die seitdem ein Teil meines Lebens ist.

Was verbinden Sie mit einem Garten?

Das ist Entspannung pur für mich. Dort kann ich mich wunderbar erden. Das ist übrigens ein tolles Wort in der deutschen Sprache, erden. Das drückt es wunderbar aus. Man gräbt in der Erde, und schon ist man bei sich selbst. Aller Stress fällt von einem ab. Ich erzähle Ihnen ein Beispiel: Die Familie meines Mannes hat ein Haus südlich von Paris. Dort haben wir bis zu unserem Umzug nach Dresden gewohnt. Wenn ich von der Arbeit gestresst nach Hause kam, hat mein Mann immer gesagt: „Geh’ erst mal zehn Minuten in den Garten.“ Das war genau richtig. Heute verbringen wir unsere Ferien gerne dort.

Zur Person

Nanette Jacomijn Snoep (48) stammt aus Utrecht. Mit 18 ging sie nach Paris, studierte Anthropologie und Kulturmanagement, wirkte ab 1999 beim Aufbau des Musée du quai Branly mit. Das nationale französische Museum für außereuropäische Kunst wurde 2006 eröffnet. Als Kuratorin entwickelte sie dort gemeinsam mit Fußballstar Lilian Thuram eine viel beachtete Ausstellung über „die Erfindung des Wilden“ – ein kritischer Blick auf den europäischen Umgang mit fremden Kulturen.

2012 zeigte die Bundeskunsthalle eine von ihr konzipierte Ausstellung. Ab 2015 leitete Snoep die Staatlichen Ethnographischen Sammlungen Sachsens mit den Völkerkundemuseen in Dresden, Leipzig und Herrnhut. Anfang 2019 übernahm sie die Leitung des Rautenstrauch-Joest-Museums in Köln. (fu)

Empfinden Sie Köln als eine grüne Stadt?

Köln ist eine tolle Stadt, und es gibt auch viel Grün hier. Aber das meiste davon ist recht weit vom Zentrum entfernt, wie der Grüngürtel. Ich würde mir wünschen, dass wir auch in der Innenstadt mehr Grün hätten. Gerade bei der zunehmenden Hitze im Sommer fällt einem auf, wie viel Stein, Beton und Asphalt um einen herum ist. Es braucht mehr kleine grüne Inseln in der City mit Bäumen, die Schatten spenden und das Klima und die Lebensqualität der Kölner verbessern. Dafür zu sorgen, ist eine wichtige Aufgabe für die Zukunft. In Dresden, wo ich vorher gearbeitet habe, ist die Innenstadt deutlich grüner.

Wie gefällt Ihnen das Klima in Köln?

Ich hatte mir den Sommer nicht so heiß vorgestellt. Nach 25 Jahren Paris und vier Jahren Dresden dachte ich, es wird hier so ähnlich regenreich wie in Holland. Aber es ist deutlich wärmer als an der Nordseeküste. Köln ist eben die nördlichste Stadt Italiens (lacht). Da kann mehr Grün also nicht schaden!

Angesichts der Wohnungsnot fordern einige schon, in Köln auch Grünflächen und Kleingärten zu Bauland zu machen.

Um Himmels Willen, nein. Das Grün ist so wichtig für die Lebensqualität der Stadt. Wir brauchen mehr Natur, nicht weniger. Die Parks müssen unantastbar sein. Und auch die Kleingärten darf man nicht für Bauprojekte opfern. Sie sind nicht nur wichtig für die Artenvielfalt und bieten Lebensraum für bedrohte Vögel und Insekten. Sie sind auch ein besonderes Kulturerbe in Deutschland mit einer langen Tradition – sozusagen Inseln der Freiheit und „ideale Orte“ inmitten eines stark von Industrie und Verkehr geprägten Stadtraums. Das gilt es unbedingt zu schützen.

Haben Sie denn überhaupt noch Zeit fürs Gärtnern?

Momentan nicht. Ich bin seit Januar in Köln, die ersten sechs Monate hier waren sehr arbeitsintensiv. Ich habe in einer kleinen Wohnung alleine gewohnt und bin an den Wochenenden zu meinem Mann und den Kindern nach Dresden gefahren. Ich habe meine Familie sehr vermisst, aber wir wollten, dass die Jungs das Schuljahr dort in Ruhe beenden, bevor sie nach Köln kommen. Die Zeit, die ich nicht gearbeitet habe, habe ich mit Wohnungssuche verbracht.

Sind Sie fündig geworden?

Ja, endlich. Mitte Juni haben wir eine Wohnung in Neuehrenfeld gefunden, diesen Monat ziehen wir um. Ich freue mich riesig darauf. Wir haben in Köln zwar keinen Garten, aber dafür zwei Balkone. Die will ich natürlich bepflanzen. Außerdem gibt es einen begrünten Hinterhof, und in der Straße pflegen einige Leute sogar selbst die Beete an den Bäumen. Das ist toll! Da haben wir großes Glück gehabt.

Das könnte Sie auch interessieren:

Ihre Söhne sind 7, 11 und 17 Jahre alt. Wie haben Sie es geschafft, Erziehung, Familienleben und Ihren Vollzeitjob unter einen Hut zu bekommen?

Die Jungs sind alle in Paris geboren, dort bekommt man viel mehr Unterstützung bei der Kinderbetreuung als in Deutschland. Und meine Freundinnen und Kolleginnen hatten auch alle mehrere Kinder, man hilft sich untereinander. Hinzu kommt, dass mein Mann freiberuflich arbeitet und auch viel Zeit mit den Kindern verbringt. Meine Jungs sind außerdem sehr flexibel. Sie haben sich in Dresden schnell eingewöhnt, obwohl sie anfangs nur französisch und niederländisch sprachen, aber kein Deutsch. Dagegen war die Umstellung nach 25 Jahren in Frankreich für mich ein echter Kulturschock.

Was bedeutet es Ihnen, Mutter zu sein?

Ich finde es herrlich, Kinder zu haben. Wenn ich mich zu meinem Jüngsten auf den Fußboden setze und mit ihm spiele, wird alles andere unwichtig. Am liebsten verbringe ich Zeit mit meinen Kindern in der Natur.

Rundschau abonnieren