Rohdaten-SpeicherungWie ein Urteil die Kölner Blitzer außer Kraft setzen könnte

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Blitzen kann er, der Blitzer am Lentpark. Aber ob er zur Messung auch richtig eingestellt ist, gibt er nicht preis.

Blitzen kann er, der Blitzer am Lentpark. Aber ob er zur Messung auch richtig eingestellt ist, gibt er nicht preis.

  • Ein Urteil des saarländischen Verfassungsgerichtshofes könnte schwerwiegende Folgen haben.
  • Prozessbeobachter erwarten ein Urteil, das für Geschwindigkeitsmessgeräte das vorläufige Aus bedeuten könnte.
  • Sollten sie Recht behalten, hätte die Stadt Köln ein massives Problem.

Es ist in aller Regel ein Schreckmoment. Es blitzt. Der Autofahrer schaut zum Straßenrand – und dann ohne Umschweife auf den Tacho. Meist stimmt der abgelesene Wert dann annähernd mit der Geschwindigkeit überein, die einige Tage später auf dem Bußgeldbescheid steht. Ist die Strafe im verschmerzbaren Bereich, wird es eh nicht mehr so genau genommen. Doch was, wenn der zur Last gelegte Wert, von der abgelesenen Geschwindigkeit deutlich abweicht? Dann ist der Autofahrer in Beweisnot. Messfehler nachzuweisen, ist nahezu ein Ding der Unmöglichkeit.

Das vorläufige Aus für die Messgeräte?

Mit diesem Umstand beschäftigt sich zurzeit der saarländische Verfassungsgerichtshof. Prozessbeobachter erwarten ein Urteil, das angeblich für die meisten Geschwindigkeitsmessgeräte in Deutschland das vorläufige Aus bedeuten könnte. Und sollten sie Recht behalten, hätte die Stadt Köln ein massives Problem. Denn vor dem Gericht in Saarbrücken geht es um Blitzer, wie sie auch vom Ordnungsamt der Domstadt betrieben werden.

Geschwindigkeit, Datum, Uhrzeit, Kennzeichen und je nachdem auch noch ein unschmeichelhaftes Foto: Das sind die Daten, die dem Autofahrer nach dem Vergehen ins Haus flattern und die auch abgespeichert werden. Doch was ist mit den Daten, die etwas über das Messverfahren aussagen: Messwinkel, Messpunkte, Position des Autos? Die wären nötig, sollte der Verdacht bestehen, die Messung war fehlerhaft. Diese sogenannten Rohdaten werden aber in aller Regel von den Messgeräten nicht gespeichert. Ein Umstand, über den der Präsident des saarländischen Verfassungsgerichtshofes deutlich sein Missfallen geäußert hat. Er beschäftigt sich mit dem Fall eines Transporterfahrers, der in einer 30er-Zone 27 Stundenkilometer zu schnell gewesen sein soll. Doch bei dem Prozess ging es nur noch am Rande um das vergehen. In den Fokus rückte hingegen, dass der Fahrer wegen der fehlenden Rohdaten keine Chance hat, die Schuld von sich zu weisen. „Es geht um sehr grundsätzliche Fragen von Verteidigungsrechten und Fairnessangeboten“, wird der Richter in „Spiegel online „ zitiert. Die Verhandlung ist beendet. Das schriftliche Urteil wird für Anfang Juli erwartet.

Kontrollen in Köln

Die Geschwindigkeit überwacht die Stadt zurzeit mit sieben Radarwagen, zwei „Blitzertonnen“, einer semistationären Anlage (im Anhänger) und 39 stationären Blitzern.

In 2017 gab es wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen Einnahmen der Stadt in Höhe von 2,9 Millionen Euro durch mobile Geräte und 9,8 Millionen Euro durch stationäre Geräte.

Und was hat das mit Köln zu tun? Sehr viel. „Die Rohdaten werden von den Geschwindigkeitsüberwachungsanlagen der Stadt Köln nicht in den digitalen Falldaten eines Verstoßes abgebildet und auch nicht separat gespeichert“, so die Antwort eines Stadtsprechers auf die Anfrage der Rundschau. Im Klartext: Nicht ein Blitzer der Stadt speichert Werte, die Aussagen darüber zulassen, ob der Messvorgang technisch einwandfrei verlaufen ist. Köln fühlt sich dennoch mit diesem Verfahren im Recht. Und zumindest nach jetziger Gesetzeslage stimmt das auch. Die Geräte entsprechen den Vorschriften. Das Messverfahren ist standardisiert. Doch Beobachter gehen davon aus, dass es durch das Urteil in Saarbrücken neue Standards geben wird. Müsste die Technik tatsächlich umgestellt werden, wären die Karten bei allen nicht abgeschlossenen Verfahren neu gemischt. Die jetzigen Blitzer könnten vorerst die Arbeit einstellen.

„Das gilt erst einmal nur fürs Saarland“

Doch Elke Hübner, Rechtsanwältin beim ADAC Nordrhein, gemahnt zur Gelassenheit. „Fordert das Urteil das Speichern der Rohdaten, gilt das erst einmal nur fürs Saarland.“ Für eine Strahlkraft über das kleinste Bundesland hinaus sei wohl ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vonnöten. Dass der Streit um die Rohdaten dort landet, ist allerdings gar nicht unwahrscheinlich. Schon liegt bei der höchsten Instanz ein vergleichbarer Streitfall aus Bamberg vor. Auch dort will ein Geblitzter Einsicht in die Messdaten bekommen. Immer mehr Autofahrer und Richter fordern also ein, dass die Messverfahren bei der Blitzer transparent und nachprüfbar sein sollen.

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