Urteil in Sicht, Sanierung nichtStrafprozess zum Archiveinsturz endet im Oktober

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Die Einsturzstelle des Stadtarchivs in Köln

Köln – Die 10. Große Strafkammer am Landgericht hat genug zum Einsturz des Stadtarchivs gehört. Richter Michael Greve schloss am Freitag, am 44. Verhandlungstag, die Beweisaufnahme. Am Mittwoch (10 Uhr im Saal 142) will Oberstaatsanwalt Torsten Elschenbroich sein Plädoyer halten. Vier bis fünf Stunden hat er dafür angekündigt, und – völlig ungewohnt – eine Bild-Präsentation. Nach zwei oder drei weiteren Prozesstagen für die Plädoyers der Verteidiger der vier Angeklagten und einer Beratungspause von etwa zehn Tagen ist für Mittwoch, 10. Oktober, ein Urteil zu erwarten.

Dennoch kann die Unglücksstelle am Waidmarkt nicht für die Sanierung freigegeben werden. Laut Gerichtssprecherin Miriam Müller kann im Zivilprozess jeder Verfahrensbeteiligte jederzeit Untersuchungswünsche äußern. So sei auch die Arbeit von Professor Hans-Georg Kempfert noch nicht getan. Er hat seinen Ermittlungsauftrag von der 5. Zivilkammer erhalten und war im Strafprozess lediglich Zeuge. Die Arbeitsgemeinschaft der am U-Bahn-Bau beteiligten Firmen hat ihre Untersuchungswünsche nicht aufgegeben, nur weil sie im Strafprozess abgelehnt wurden. So blockiert der Zivilprozess weiter die Unglücksstelle. Nach einer Berechnung der Stadt Köln geht es darin um eine Schadenssumme von 1,3 Milliarden Euro. Eine Verjährung droht nicht, aber es besteht auch kein Zeitdruck.

Und gerade der Zeitdruck im Strafverfahren, in dem nur bis zum 2. März 2019 ein Urteil gesprochen werden darf, sorgte am letzten Tag der Beweisaufnahme für Unmut. Simon Groß, Verteidiger eines Bauüberwachers der KVB, bezeichnete den „Zeitdruck“, den das Gericht zusätzlich aufgebaut habe, indem es nicht einmal die Hälfte der angesetzten Verhandlungstage nutzt, als „nicht dem Grundsatz eines fairen Verfahrens“ entsprechend. Er wollte weiter zeitversetzt, schriftlich Fragen an seinen Mandanten beantworten. Doch Greve hatte nach einer Fragerunde mit 21 schriftlichen Antworten keine weiteren Fragen – auch weil er Zeit und Nutzen abwägte.

„Ihr Mandant hatte acht Monate Zeit, sich zu äußern“, sagte Greve. Am 17. Januar hat der Prozess begonnen, dieser Angeklagte schwieg bis zum 43. Prozesstag. Seine Vorgesetzte schweigt weiter. Deren Verteidiger widersprach, als Greve den Vollzug des „Selbstleseverfahrens“ feststellte. Tausende Aktenseiten hatten die Anwälte auf Anordnung des Gerichts anzuschauen und das als „unmöglich“ bezeichnet. Die Kammer beschloss: Es war genug Zeit, unter anderem an den ausgefallenen Prozesstagen.

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