Viele GemeinsamkeitenFriedrich Merz lobt Jochen Ott für seine klaren Positionen

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Einig sind sich Friedrich Merz (CDU, l.) und Jochen Ott (SPD), wenn es um die Grundlagen der Demokratie geht.

Einig sind sich Friedrich Merz (CDU, l.) und Jochen Ott (SPD), wenn es um die Grundlagen der Demokratie geht.

Köln – Man hätte nicht unbedingt damit gerechnet, dass Kölns früherer SPD-Chef Jochen Ott (45) ausgerechnet den Wirtschaftslobbyisten und CDU-Politiker Friedrich Merz (63) um eine Rezension seines neuen Buches „Mehr Politik wagen. Wie wir die Demokratie vor dem Kapitalismus retten“ bitten würde. Zumal Merz 2008 eine Schrift mit dem Titel „Mehr Kapitalismus wagen: Wege zu einer gerechten Gesellschaft“ veröffentlicht hat. Doch wer die beiden am Dienstag gemeinsam im Greven Verlag erlebt, wird Zeuge erstaunlich vieler Gemeinsamkeiten. Er habe Ott 2017 im Aufsichtsrat des Flughafens Köln-Bonn kennengelernt, erzählt Merz und stellt sofort klar: „Sie waren dort mein heftigster Gegner.“ Doch man habe sich zusammengerauft. Bei der Lektüre des Buchs habe er „den einen oder anderen Widerspruch“ entdeckt und „ich teile bei weitem nicht alle Schlussfolgerungen“. Doch gebe es vieles, was ihm sehr gut gefalle und das er genau so sehe.

„Uns bewegt beide der Niedergang der großen deutschen Volksparteien SPD und Union. Wir haben keine Freude daran, wenn es dem anderen schlecht geht“, betont Merz. Ein großer Teil der Bevölkerung wende sich von der Politik ab, immer weniger Menschen seien bereit, sich politisch zu engagieren – diese Erosion der Basis der Demokratie sei ein gravierendes Problem, das Ott zu Recht thematisiere. Sein Buch sei keine Autobiografie, keine Abrechnung, keine wissenschaftliche Bestandsaufnahme, sondern „eine Streitschrift eines engagierten Sozialdemokraten für mehr Demokratie“ und ein „flammendes Plädoyer für eine Politik von unten“.

Merz zeigt Sympathie für Otts Vorschlag, eine Wahlpflicht einzuführen – sein Vorschlag lautet: Macht die Zahl der Sitze der Länder im Europaparlament abhängig von der Wahlbeteiligung. Einig sind sich beide auch, dass die Abschaffung der Wehrpflicht ein Fehler gewesen sei, sie habe Bindung zwischen Staat und Bürgern geschaffen. Der Staat dürfe nicht bloß als „Serviceagentur“ verstanden werden, die Demokratie beinhalte „Rechte und Pflichten“. Das Buch sei lohnenswert, weil Ott „eine klare Positionsbestimmung“ liefere, so Merz, schließlich lebe die politische Kultur vom Streiten um Inhalte: „Wir können uns nicht alle in der Mitte aufhalten, dann wird es eng und diffus.“ Auf die Frage, ob sich in dem Buch eine erneute OB-Kandidatur ankündigt, antwortet Ott: „Mit 2020 hat das gar nichts zu tun.“

Jochen Ott. Mehr Politik wagen. Greven Verlag. 96 Seiten. 15 Euro. ISBN 978-3-7743-0916-6

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