Zukunft der IHK-Zentrale gesichertWie geht die Stadt Köln mit ihren Denkmälern um?

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IHK Köln

Der Hauptsitz der IHK Köln in Köln, Unter Sachsenhausen 10–26.

  • Eine neue Zukunft des denkmalgeschützten IHK-Baus ist in Aussicht – im Gegenteil zu anderen Denkmälern in der Stadt.
  • Wir zeigen auf, welche Denkmäler bald nicht mehr bestehen könnten.
  • Sind Denkmäler zu komplex für lohnende Sanierungen? Sind Denkmäler mittlerweile eher Problemfälle als Schaufenster in frühere Epochen? Wie geht eine Stadt mit Denkmälern um?

Köln – Nach mehr als sechs Jahrzehnten ist Denkmal Nummer 6920 zwar immer noch schön anzuschauen – aber mittlerweile aus der Zeit gefallen, unter anderem beim Brandschutz. Deshalb belastet das Haus aus dem Jahr 1952 an „Unter Sachsenhausen“ die Industrie- und Handelskammer Köln (IHK). Die Kammer ist nach jahrelanger Planung an der Sanierung gescheitert.

Mittlerweile will sie sich eine Sanierung des Baus für 57 Millionen Euro nicht mehr leisten. 2022 zieht sie ins rechtsrheinische Büroviertel „I/D Cologne“ – 70 Jahre nach der Eröffnung ihres aktuellen Stammhauses (wir berichteten). Trotz der ellenlangen Mängelliste haben laut IHK schon die ersten potenziellen Käufer ihr Interesse bekundet, obwohl der Bieterwettbewerb noch nicht mal eröffnet ist. Mindestens 13,3 Millionen Euro fordert die Kammer.

Prominente Bauten als jahrelange Fragezeichen

Eine neue Zukunft des denkmalgeschützten IHK-Baus ist zumindest in Aussicht – ganz im Gegenteil zu anderen Denkmälern in der Stadt. Einige prominente von ihnen verkommen zu Dauer-Provisorien (siehe Info-Kasten), es stellen sich viele Fragen zu den Gründen: Sind Denkmäler zu komplex für lohnende Sanierungen? Sind Denkmäler mittlerweile eher Problemfälle als Schaufenster in frühere Epochen? Wie geht eine Stadt mit Denkmälern um? Und wie interessant sind Denkmal-Sanierungsfälle mit vielen Auflagen wie der IHK-Bau für Käufer? Stadtkonservator Thomas Werner sagt: „Das hängt vom Gebäude ab – das kann man leider nicht pauschal beantworten. In der Regel sind Umnutzung und energetische Ertüchtigungen im gewissen Umfang immer möglich.“

Kölner Denkmäler: Geschichte und aktueller Status

Das frühere Rautenstrauch-Joest-Museum: 1906 eröffnete das Völkerkundemuseum am Ubierring, 2008 machte das Haus zu und eröffnete 2010 im Neubau am Neumarkt. Nach der Schließung diente es bis 2017 als Depot, stand dann leer. Danach entwickelte sich das Gebäude ein bisschen zum Wanderpokal der möglichen Nutzungen: Casino, Kino, Kunsthochschule für Medien, auch eine Interims-Zentralbibliothek war angedacht, falls sie während der Sanierung komplett hätte dicht machen müssen. Jetzt läuft der Umbau, ab Sommer 2020 sollen übergangsweise Schüler dort lernen.

Status: Umbau zur Schule

Das Zeughaus: Zwischen 1594 und 1606 wurde das Gebäude erstellt, seit 1958 stellt das Stadtmuseum aus. Doch das ist bald vorbei, weil saniert werden muss. Zunächst zieht das Museum nächstes Jahr ins frühere Modehaus Sauer, ab 2028 in die geplante „Historische Mitte“. Was aus dem Zeughaus wird? Offen, mögliche Nutzer laut Verwaltung: Stadt, Land, Bund. Allerdings veranschlagten Gutachter Sanierung plus Erweiterung auf 93,14 Millionen Euro. Wer soll das zahlen – zumal Museumsdirektor Mario Kramp sagte: „Der Ausbau des Zeughauses wäre eine zweite Oper und würde uns ins Verderben reißen.“ Status: unklar

Die Bastei: 1924 errichtete Wilhelm Riphahn die Bastei , im Zweiten Weltkrieg zerstören Bomben das Bauwerk, Riphahn baut sie bis 1958 auf. Auch das Restaurant öffnet. 1985 renoviert Betreiber Hans-Werner Blatzheim, ab 1997 dürfen nur Gesellschaften das Restaurant nutzen, Rettungswege und Brandschutz machen Probleme. 2000 verkauft die Stadt die Bastei an die Messe, 2018 kauft sie sie zurück, untersucht den Sanierungsbedarf. Aktuell ist die Bastei geschlossen, wer sie betreibt, steht nicht fest. Investoren und der Denkmalschutz streiten um Ausbau.

Status: Sanierung, Betreiber noch offen

Bei aller Schönheit bringen die alten Bauten viele Sanierungsprobleme mit sich. Denkmalschutz und Hauseigentümer müssen austarieren, was geht und was nicht geht. Das weiß auch Knut Kirchhoff, Chef des Kölner Immobiliendienstleisters Jones Lang LaSalle; er sagt: „Im Zweifel kann ein Investor nicht alles so umsetzen, wie er möchte, er muss eben Kompromisse mit dem Denkmalschutz machen.“ Und der Investor muss aufgrund der Denkmal-Vorgaben damit rechnen, dass es länger dauert, bis sich Kauf und die Sanierung für ihn rechnen.

„Reichhaltige Innenausstattung“ geplant

Für den IHK-Bau hat Werner konkrete Ideen. Demnach steht der Bau für die Handelskammergeschichte der Stadt und gehört zu den ersten Großbauten der 50er-Jahre samt einer „reichhaltigen Innenausstattung“, unter anderem einem von nur noch fünf Paternoster-Aufzügen in Köln. Bei einer Sanierung sind laut Werner vor allem die städtebauliche Figur des Gebäudes und seine Fassade zu erhalten, zudem das Haupttreppenhaus, der Börsensaal und der Camphausen-Saal. Das Amt für Denkmalpflege beim Landschaftsverband Rheinland sagt über mögliche Veränderungen: „Denkmäler dürfen verändert werden, um sie weiter erhalten und sinnvoll nutzen zu können. Ziel jeder Maßnahme muss es aber sein, so viel an historischer Substanz wie möglich zu erhalten.“

Ein Immobilienexperte sagt über die aktuelle IHK-Heimat: „Das Haus hat seine Tücken“, er spricht auch von einer „intensiven Überarbeitung“. Doch all das schreckt mögliche Käufer wohl nicht ab, sie haben einen wesentlichen Vorteil zur IHK: Nach der Sanierung holen sie das Geld über die Miete für Büros oder Hotelzimmer wieder rein, nutzen die Räume nicht selbst oder nur zum Teil. Und das Haus liegt mitten in der Innenstadt, zu Fuß vom Hauptbahnhof zu erreichen, das ist sehr attraktiv.

Generell will der Denkmalschutz auf lange Sicht das Archiv einer Stadt erhalten. Es geht also nicht alles, was vorstellbar und machbar ist. Der Kölner Architekt Klaus Müller kennt das, er hatte mit Investoren Pläne für eine sanierte Bastei vorgelegt. Sie sahen eine größere Terrasse für das neue Restaurant vor, um mehr Leute bedienen zu können. Mehr Leute gleich mehr Umsatz, so die Rechnung. Doch Werner lehnte die Version der Terrasse ab.

Nichtnutzung bedeutet Verfall und Werteverlust

Müller sagt: „Ein Denkmal muss man ernst nehmen, es ist etwas Besonderes, das man schätzen muss. Aber mit dem gebührenden Respekt und Wertschätzung sollten Veränderungen möglich sein. Eine absolute Veränderungssperre wäre gleich zu setzen mit einer Nichtnutzung.“

Und Nichtnutzung bedeutet Verfall, gerade das will der Denkmalschutz ja verhindern. Im Fall der Bastei kaufte die Stadt das Denkmal, geht die Sanierung an. Wie das Restaurant sich verändert, ist noch unklar – und hängt auch von Werner ab. Im Januar sagte er der Rundschau: „Es gibt Leute, die sind sensibler für das Thema, und solche, mit denen müssen sie hart verhandeln und einen Kompromiss erzielen.“

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