Kommentar zur FlutkatastropheEin Albtraum, der einfach nicht endet

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Hochwasser Bad Münsterleifen

Hochwasser in der Innenstadt von Bad Münstereifel am 16. Juli 2021 

Köln – Die Stille sei das Schlimmste gewesen, sagen die, die es überlebt haben. Die Stille nach den plötzlich verstummenden Hilferufen aus der Dunkelheit, von Ertrinkenden, denen niemand mehr helfen konnte. 184 Menschen verloren in der Nacht vom 14. Juli 2021 ihr Leben in den Fluten. Familien wurden zerstört, Existenzen, ganze Dörfer. Eine Katastrophe unfassbaren Ausmaßes, die offenbarte, dass unser hochzivilisiertes Land den Wassermassen hilflos ausgesetzt war.

Ein Jahr danach ist klar: Versagt hat in dieser Nacht ein ganzes System. Angefangen von der fehlenden Kommunikationsstruktur bis zur unzureichenden technischen Ausstattung in den Einsatzzentralen – die Behörden waren für eine solche Lage überhaupt nicht aufgestellt.

Hinzu kam: Die allgemein verfügbaren und eindeutigen Warnungen des Wetterdienstes vor außergewöhnlichem Starkregen konnte offenbar niemanden richtig einordnen.

Die Frage nach der Verantwortung

Wer trägt die Verantwortung für das Versagen? Auf der Suche nach einer Antwort beschäftigen sich Untersuchungsausschüsse und Staatsanwälte seit Monaten mit einem undurchsichtigen Geflecht missglückter Krisen-Kommunikation. Die Ergebnisse sind überschaubar. Verantwortliche sind bei dem Hin- und Hergeschiebe der Zuständigkeiten kaum auszumachen.

Jemand wie NRW-Innenminister Reul, der selbst mit dem Finger auf sich zeigte und den Fehler einräumte, keinen Krisenstab einberufen zu haben, ist da die große Ausnahme. Ein Albtraum für die Betroffenen. Mit der Ahnung, dass am Ende niemand persönlich zur Verantwortung gezogen werden könnte, setzt sich für sie die Katastrophe fort. Für die materiellen Schäden der Flut stehen rund 30 Milliarden Euro Wiederaufbauhilfe bereit. Aber die Menschen in den betroffenen Gebieten brauchen mehr als die finanzielle Unterstützung. Sie brauchen jetzt auch das Vertrauen in ein funktionierendes System. Ein System, das einer Starkregen-Flut standhalten würde, weil Prognose-Tools, Warnketten, Hochwasser-Schutz, Katastrophen-Management sinnvoll ineinandergreifen und Wetter-Daten richtig eingeordnet werden können.

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Das alles ist versprochen. Aber das reicht nicht. Vertrauen aufbauen heißt, dass die Pläne und Empfehlungen auch schnell realisiert werden. „Langwierige und komplizierte Verfahren“, wie sie etwa der Landrat im Kreis Euskirchen wahrnimmt, bewirken das Gegenteil. Und jeder Tag, der damit vergeht, verlängert den Albtraum der Flutopfer. Jetzt liegt es in den Händen der Politik, auf eine zügige Umsetzung der Versprechen hinzuwirken.

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