Gastronomen helfen GastronomenDehoga verteilt Spenden in Bad Münstereifel

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Vertreter des Dehoga in Gesprächen mit von der Katastrophe betroffenen Gastronomen und Hoteliers.

Vertreter des Dehoga in Gesprächen mit von der Katastrophe betroffenen Gastronomen und Hoteliers.

Bad Münstereifel – Die Bestürzung stand Ingrid Hartges, Hauptgeschäftsführerin des deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga), deutlich ins Gesicht geschrieben. Bislang kannte die Berlinerin die Bilder der verheerenden Zerstörungen durch die Flutkatastrophe nur aus dem Fernsehen. Im Rahmen einer Spendenaktion der bereits 2002 gegründeten Flutopferhilfe des Dehoga war sie am Montag mit einigen Kollegen nach Bad Münstereifel gekommen, um mit betroffenen Gastronomen über die geplante Hilfe durch den Verband zu sprechen.

„Ich bin tief erschüttert von den Eindrücken und den zahlreichen unbeantworteten Fragen“, so Hartges. Diesen Fragen wolle man sich nun gemeinsam stellen und habe dafür mit insgesamt 591080,79 Euro an Spenden – Stand 15. Oktober – eine Grundlage geschaffen, die zeitnah an die Gastronomen und Hoteliers ausgezahlt werden sollen.

„Kollegen helfen Kollegen“, betonte Christoph Becker, Geschäftsführer des Dehoga-Verbandes Nordrhein. Dies habe jedoch nicht erst mit der Spendensammlung, sondern schon unmittelbar nach der Flut begonnen. „Innerhalb kurzer Zeit wurden Flutopfern 1500 Zimmer zur Verfügung gestellt, wo sie kostenlos unterkommen konnten. Zudem fahren nach wie vor tagtäglich Caterer mit 500 Essen pro Tag in die betroffenen Gebiete. Das ist eine gigantische Hilfsbereitschaft.“ Mit den Einnahmen der Spendenaktion soll nun der Wiederaufbau in Angriff genommen werden. Zudem enthalte die Hilfe des Verbands auch zahlreiche Sachspenden, wie Patrick Rothkopf, Präsidiumsmitglied Dehoga NRW, erklärte: „So können wir die Betriebe schnell mit gebrauchten Spülmaschinen und anderen Einrichtungen versorgen.“

Es müsse mehr bundesweite Koordinierung geben

Neben den finanziellen Sorgen stehen die Gastronomen und Hoteliers vor zahlreichen weiteren Hindernissen. „Bis heute gibt es an vielen Stellen noch keinen Gas- oder Stromanschluss. Auch die Bahnverbindung nach Bad Münstereifel ist komplett abgerissen“, so Becker.

Auch der Versuch, die Wiederaufbaumaßnahmen anrollen zu lassen, bereite große Schwierigkeiten, wie Michael Griese, der Inhaber des Bistros „Tapferes Schneiderlein“, erklärte: „Allein der Antrag auf Unterstützung durch den Staat ist mit vielen Bedingungen verknüpft.“ Demnach müssen dem Antrag Angebote aller Handwerker beiliegen. „Seit zwei Wochen warte ich jetzt schon vergeblich auf diese Angebote“, so Griese. Die Handwerksbetriebe seien nach der Flut völlig überlastet, die Wartelisten reichten schon jetzt teils bis Mitte des kommenden Jahres: „Das ist ein Thema, das bundesweit angegangen und koordiniert werden muss, nicht auf Landesebene. Wenn der Handwerker aus Stotzheim nicht kann, muss man sich eben an einen aus dem Umland wenden.“

Doch selbst an dieser Stelle endet die Liste der Probleme nicht. Auch die Lieferzeiten für Einrichtungen wie individuelle Brandschutztüren oder neuen Normen entsprechenden Spülmaschinen seien enorm lang. Zudem beklagte Becker den Zustand der Infrastruktur in den betroffenen Gebieten: „Die Politik steht maximal in der Verantwortung. In einem solchen Katastrophenfall erwarte ich, dass beispielsweise die Bauarbeiten an der A61 auch am Wochenende weitergehen.“ Schließlich habe es wenig Sinn, wenn die Geschäfte wieder öffnen können, Besucher jedoch keine Möglichkeit haben diese zu erreichen.

Von 90 Prozent Umsatzeinbußen sprach Michael Starkel, Hotelier und Vorsitzender des Stadtmarketingvereins, selbst in Hotels, die ausreichend Platz für Gäste zur Verfügung haben: „Es ist ein Widerspruch, Werbung für einen Urlaub zu machen, wenn in der Stadt nur ein Café und ein Restaurant geöffnet und die nur schwer erreichbar sind.“ Generell beklagte der gebürtige Schweizer die Langsamkeit der deutschen Bürokratie: „Nach der Flut hat es zwei Wochen gedauert, bis in Bad Münstereifel ein funktionierender Sendemast stand.“ Bis dahin sei er regelmäßig mit dem E-Bike in umliegende Orte gefahren, um sich über die Lage zu informieren. „Eigentlich ist Deutschland doch ein hoch technisiertes Land. Doch in dieser Katastrophe lässt die Hilfe lange auf sich warten“, stimmte Hartges zu. Dies zeigte sich auch in der Überzeugung aller Anwesenden, die nicht mehr mit der Einrichtung einer Bahnverbindung in die Kurstadt vor dem Jahr 2024 rechnen.

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Trotz aller Sorgen und Probleme zeigten sich die Bad Münstereifeler kämpferisch. „Ich habe eine Kaffeemaschine und kann Kuchen backen. Damit versuche ich, mein Café zumindest samstags und sonntags am Laufen zu halten“, berichtete Alexandra Welter, Betreiberin der Weinstube „En de Höll“. Speisen für ihre Gäste bereite sie auf einem kleinen Zwei-Platten-Induktionsherd zu. „Ich habe den größten Respekt vor den Betroffenen, die sich nicht kleinkriegen lassen“, so Hartges. Zwar liege vor allen Beteiligten noch ein langer und steiniger Weg, doch diesen wolle man – nicht nur durch die Spendenaktion – gemeinsam gehen: „Die Dehoga-Familie wird zusammenstehen, um wieder zuversichtlicher in die Zukunft schauen zu können.“

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