Hof des Lebenshofes AuenlandEhepaar öffnet Lebenshof für Nutztiere in Lanzerath

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Neuankömmlinge im Lanzerather Auenland sind die beiden Jungschweine Rosie Gambschie und Nessa.

Neuankömmlinge im Lanzerather Auenland sind die beiden Jungschweine Rosie Gambschie und Nessa.

Bad Münstereifel-Lanzerath – Dass sich die beiden Neuankömmlinge sauwohl auf dem Hof des Lebenshofes Auenland fühlen, ist unverkennbar. Schniefend und schnaubend erforschen Rosie und Nessa nach der langen Fahrt alle Ecken in ihrem Stall. Was sie sehen, scheint ihnen zu gefallen.

Gerührt sieht Sabine Lippertz ihnen zu. Mit einem Apfel in der Hand entlockt sie den beiden Grunzlaute. Höchstes Lob, denn Rosie Gamdschie und ihre Freundin Nessa sind junge, sieben Monate alte Schweine, eine Mischung aus Husumer Landschwein und Pitrain, gerade dem Ferkelstadium entwachsen. Eigentlich als zukünftiges Kotelett gezüchtet, dürfen sie nun ihr zukünftiges Leben unbedroht von Schlachthof und Metzgermessern im Auenland genießen.

Vieles auf dem Hof wirkt provisorisch

„Eigentlich sind wir ja noch nicht so weit“, gesteht Lippertz. Mit ihrem Mann Andreas ist sie im Sommer vergangenen Jahres auf den alten Vierkanthof in Lanzerath gezogen. Vieles wirkt noch provisorisch und sieht nach viel, viel Arbeit aus, die in den nächsten Jahren gemacht werden muss. Die Ställe sind gebaut und veterinäramtlich für tauglich befunden. Neue Fenster sind installiert und das Dach ist gemacht, so dass das Leben in der großzügigen Wohnküche stattfinden kann. Hier ist immer Betrieb – und das soll auch so sein.

Auf ihrem Lebenshof geben Sabine und Andreas Lippertz Nutztieren, die sie vor dem Schlachten bewahrt haben, ein Zuhause.

Auf ihrem Lebenshof geben Sabine und Andreas Lippertz Nutztieren, die sie vor dem Schlachten bewahrt haben, ein Zuhause.

Der Lebenshof Auenland atmet den Charme von Aussteigerprojekten früherer Jahrzehnte, als Stadtkinder aufs Land zogen, um mit dem unverzichtbaren Ratgeber „Leben auf dem Lande“ von John Seymour unter dem Arm ein Schaf zu scheren oder einen Zaun zu bauen. Doch der Lebenshof soll mehr sein als eine Wohngemeinschaft von Tieren und Menschen. Hier soll eine naturverbundene Lebensweise vermittelt werden.

Andreas und Sabine Lippertz wissen, was sie tun. Er stammt aus Benenberg und betreibt ein Sachverständigenbüro für Maler und Stukkateure, sie ist gelernte Ökotrophologin. Seit fünf Jahren lebt sie vegan und veranstaltet seit drei Jahren vegane Kochkurse. „Da nehmen auch viele Nicht-Veganer teil“, betont sie.

„Gerade bei den Schweinen ist das ganz wichtig“

Ihre Lebensweise dränge sie niemandem auf. „Hierher kommen auch viele Handwerker, die erleben mich ganz normal“, sagt sie. Allgemein würden Veganer ja als Spinner gelten, die sich von Gras und Steinen ernährten und ständig missionierten. „Wenn die Leute hören, dass ich Veganerin bin, kann ich sehen, wie die anfangen zu denken“, sagt sie und lacht.

Es sei ihr wichtig, dass die Menschen beim veganen Essen auch die andere Seite sehen, die Tiere, die normalerweise für den Fleischverzehr geschlachtet werden. „Gerade bei den Schweinen ist das ganz wichtig“, betont sie. Die seien heute gar nicht mehr sichtbar, sondern oft in Mastfabriken verschwunden. „Ich will, dass die Menschen eine emphatische Verbindung zu den Nutztieren bekommen“, sagt sie.

Auch Rosie Gamdschie und Nessa waren als Fleischlieferanten gedacht. „Sie stammen von einem Nebenerwerbslandwirt in Bad Hersfeld, der in Rente geht und seinen Betrieb aufgibt“, erzählt Sabine Lippertz. Als er jedoch Dokumentationen über die Schlachthäuser gesehen habe, habe er sich entschlossen, seine letzte Generation Schweine leben zu lassen.

Kosten werden von Patenschaft getragen

Über den Tierschutzverein „Initiative Lebenstiere“, der Nutztiere, meist Rinder, kauft und ihnen einen dauerhaften Platz auf Bauernhöfen garantiert, kamen Rosie und Nessa nach Lanzerath. Ihre Kosten werden über Patenschaften von Tierfreunden getragen. Und so ist der Lebenshof Auenland auch ein Gnadenhof für vor dem Schlachten gerettete Nutztiere geworden. Drei Puten, drei Gänse und zehn Hühner nebst Hahn Gandalf sind schon eingezogen.

„Das war mir wichtig, noch vor Weihnachten Puten und Gänse freizukaufen, die ansonsten gegessen worden wären“, sagt Sabine. Die Tiere könnten auf dem Hof leben, ohne etwas dafür tun zu müssen. Wobei das nur ein Teil der Wahrheit ist. Denn alleine mit ihrer Anwesenheit stehen die Tiere auf dem Lebenshof als Erinnerung daran, dass jedes Fleisch, das verzehrt wird, einmal zu einem Lebewesen mit eigener Persönlichkeit und Geschichte gehört hat.

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