„Das Ahrtal ist wieder da“Erster Autofreier Aktionstag in Blankenheim seit Corona

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Tausende Radfahrer und Radfahrerinnen bevölkerten die B 258 zwischen Blankenheim und Antweiler beim autofreien Sonntag zur Tour de Ahrtal.

Tausende Radfahrer und Radfahrerinnen bevölkerten die B 258 zwischen Blankenheim und Antweiler beim autofreien Sonntag zur Tour de Ahrtal.

Blankenheim/Ahrhütte – Mehrere Tausend Radfahrer und Radfahrerinnen, dazu etliche Leute auf Inlineskates freuten sich gestern über die erste Tour de Ahrtal nach zweijähriger Corona-Pause. „Es geht nicht weit, aber weiter“ lautete das Motto der 15. Auflage des autofreien Aktionstages entlang der B 258 und der L 73. Wegen der Hochwasserschäden vom Juli 2021 war die Strecke auf 23 Kilometer zwischen Blankenheim und Antweiler verkürzt worden.

An neuen Slogans und Mottos für die 15. Auflage des Aktionstages mangelte es bei der Eröffnung am Sonntagvormittag auf dem Curtius-Schulten-Platz in Blankenheim nicht. Es sei „das Zeichen des Tages: Das Ahrtal ist wieder da!“, so Landrat Markus Ramers. Amtsvorgänger Günter Rosenke sprach von einer „Wärmflasche fürs Herz“, die er mit schönen Ereignissen wie dem Radaktionstag verbinde.

Ahrtal Tour: Emotionales Erlebnis für alle Beteiligten

Und auch Blankenheims Bürgermeisterin Jennifer Meuren sowie ihr Amtsvorgänger Rolf Hartmann strahlten mit dem Sonnenschein um die Wette. Meuren appellierte: „Jeder Meter, jede einzelne Fahrt mit dem Rad ist wie ein kleiner Eifelurlaub.“ Hartmann wiederum, Miterfinder der Tour de Ahrtal, gab zu, „dass das schon was Emotionales ist, hier wieder zu stehen“.

Er sprach mutmaßlich für viele, die sich im Anschluss an den Segen für die Aktiven durch Theologin und Seelsorgerin Andrea Felden auf die 23 Kilometer lange Strecke bis Antweiler machten: „Das Schönste am Radfahren sind die Pausen.“

Wie viele es dann waren, die in den Folgestunden die autofreien Straßen und die parallel verlaufenden Radwanderwege bevölkerten, mochte die Polizei nicht sagen. Man gehe von „Tausenden“ aus, so die vorsichtige Schätzung. An die 10 000 könnten es trotz verkürzter Strecke wegen der noch bestehenden Hochwasserschäden ab Antweiler gewesen sein.

Aktionstag seit Jahren beliebt

„Jedenfalls schon früh viele“, so Agnes Mahlberg aus Ahrhütte. Die 83-Jährige muss es wissen, sie hat alle bisherigen 15 Veranstaltungen mitgemacht – am Stand für belegte Brote und Kaffee. Mahlberg stand am Eifalia-Schmetterlingsgarten und unweit des schon früh dicht umringten Getränkewagens. Zur Tour de Ahrtal feierte Ahrhütte die Dorfkirmes, und die Ahrhüttener Musikanten spielten deshalb auch für die Zweiradfreunde ein Ständchen. Sie packe mit an, weil das Dorf nach der Hochwasserkatastrophe „jede Hand gebrauchen kann“, so Mahlberg. Deshalb habe sie auch ihren Urlaub am Bütgenbacher See in Ostbelgien unterbrochen.

Wie sie waren Hunderte von Ehrenamtlichen im Einsatz, um den Zweiradfreunden den Spaß zu ermöglichen: Freiwillige Feuerwehren, Polizei und allein 46 Ehrenamtliche des DRK-Kreisverbands Euskirchen.

Und natürlich Männer und Frauen wie Agnes Mahlberg sowie die Aktiven des Radsportvereins Oberahr.

Ahrtour ist eine Genießertour

Inka, Peter und Konrad aus Reifferscheid und Aachen ließen es auf ihren Inlinern langsam angehen, auch wenn es durchaus ihr Plan war, von Blankenheim nach Antweiler und wieder zurück zu rollen. „Das hier ist ja nicht nur das Fahren von A nach B. Es ist die ganze Atmosphäre, die so schön ist, und das tolle Angebot, das an den Aktionspunkten auf uns wartet. Eben eine richtige Genießertour“, so Peter aus Reifferscheid.

Inka, Peter und Konrad (von rechts) aus Reifferscheid und Aachen fuhren Abschnitte der „Tour“ auf ihren Inlineskates im „Starlight Express“-Stil.

Inka, Peter und Konrad (von rechts) aus Reifferscheid und Aachen fuhren Abschnitte der „Tour“ auf ihren Inlineskates im „Starlight Express“-Stil.

Das sahen viele der Teilnehmer in Ahrdorf ähnlich, wo unweit der alten Ahrbrücke im Umfeld des Bürgerhauses die Dorfgemeinschaft nicht nur Kaffee und Kuchen und eine Grillstation auf halber Strecke bereithielt. Dazu kam eine kleine Informationsbörse – etwa mit dem Bürgerverein Uedelhoven, der an den Geburtstag der von den Nationalsozialisten ermordeten Anne Frank am 12. Juni mit einer Plakatausstellung erinnerte. Auch die Ehrenamtsagentur des Kreises Euskirchen war vertreten, die Nordeifel Tourismus GmbH warb für Radwandern in der Region, und Hauptsponsor e-regio verteilte Luftballons an die Kleinen.

Am Bürgerhaus waltete unterdessen der „lizenzierte Grillmeister“, Ortsvorsteher Ralf Ruland, seines Amtes am Rost. „Es ist gut, dass die Leute endlich wieder rauskommen. Das ist auch gut für den Zusammenhalt im Dorf“, so seine Einschätzung. Der Erlös des Tages wird für den Erhalt und die Sanierung des Ahrdorfer Bürgerhauses verwendet, dessen Küche zwar schon neu, Saal und Theke aber noch von den Hochwasserschäden gezeichnet sind.

Wo Gerd Jajchik anrollte, waren ihm bewundernde Blicke sicher.

Wo Gerd Jajchik anrollte, waren ihm bewundernde Blicke sicher.

Alles das nahm auch Gerd Jajchik aus Honnef zur Kenntnis. Wenn auch aus einer gewissen Höhe herab. Jajchik, in Schiebermütze, Schutzbrille, Pluderhose und edel handgenähtem Schuhwerk im Stil des leicht versnobten Freizeitsportlers der Wende des 19. zum 20. Jahrhundert gekleidet, fuhr auf seinem originalen Hochrad von 1880 die Tour de Ahrtal mit. 48 Zoll Vollgummi vorne, 20 Zoll hinten, dazu am Rahmen ein kleiner Stahltritt für den schwungvollen Abstieg. Das will gelernt sein, ansonsten drohe „der tiefe Fall“, so Jajchik. Selbstredend ist er mit seinem Gefährt Mitglied in einem Verein gleichgesinnter Freunde des Großrades.

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Flutschäden teilweise immernoch sichtbar

Im Vergleich zu ihm war Laura aus Dollendorf mühevoller unterwegs. Auf Inlineskates schob sie Töchterchen Malie (zwei Jahre) im Kinderwagen, hinter sich die sechsjährige Lotta auf ihrem Kinderrad im Schlepptau. „Es ist schön, dass die Tour de Ahrtal wieder stattfindet“, so Lauras Meinung. Unterwegs hatte sie auch den vom Hochwasser betroffenen Campingplatz von Ahrdorf passiert. Für sie eine Erinnerung an eine dramatische Zeit, als sie hier Helfertage verbrachte.

Da ging Uwe Fährmann aus Mechernich gerade anderes durch den Kopf. Dicht am Ahrufer unterhalb der Ahrdorfer Brücke tunkte er den Vorderreifen seines Fahrrades Zentimeter für Zentimeter ins Wasser. Ein Platter, nur wo? „Aha – hier!“, deutete er wenige Minuten später aufs Gummi. „Ich bin froh, dass es hier den Reifenreparaturservice gibt. Jetzt wird geflickt, und dann geht es weiter!“

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