EuskirchenAmateur-Astrofotograf Jochen Schnichels schaut in die Sterne

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Wenn Jochen Schnichels das Rolldach seiner kleinen Sternwarte öffnet, macht er sich in klaren Nächten mit seinen beiden leistungsstarken Linsenteleskopen auf Fotojagd am Sternenhimmel – am liebsten bei kalten Temperaturen.

Wenn Jochen Schnichels das Rolldach seiner kleinen Sternwarte öffnet, macht er sich in klaren Nächten mit seinen beiden leistungsstarken Linsenteleskopen auf Fotojagd am Sternenhimmel – am liebsten bei kalten Temperaturen.

  • Der 51-jährige Jochen Schnichels aus Euskirchen hat sich der Astrofotografie verschrieben.
  • Wie er mit seiner Kamera Galaxien und Sterne in unvorstellbarer Entfernung „einfängt“, hat er uns erzählt.

Euskirchen – Wenn Jochen Schnichels in sternklaren Nächten seiner Passion nachgeht, muss er sich im wahrsten Sinne warm anziehen. Denn wenn er etwas überhaupt nicht gebrauchen kann, sind es gemütlich-warme Temperaturen. Dann wird es schwierig, seine Fotomotive scharf abzubilden. Warme Luft bewegt sich und sorgt für verwackelte Motive. Und die sind meist so weit entfernt, dass sie mit dem bloßen Auge nicht zu erkennen sind.

Der 51-Jährige hat sich der Astrofotografie verschrieben. Seine Bilder zeigen Sterne oder Galaxien. Natürlich lässt er sich auch eine totale Mondfinsternis wie die am 21. Januar nicht entgehen, als er um 6.14 Uhr bei eisiger Kälte von minus 8 Grad Celsius den Blutmond („Diesen Begriff verwenden wir Astronomen gar aber nicht“) mit seinem Haupt-Teleskop und einer daran angeschlossenen Nikon D300S bei einer Brennweite von 780 Millimetern und einer Belichtungszeit von sechs Sekunden in der Mitte der totalen Phase fotografierte.

Kopie von Lagunennebel_(M_8)

Die roten Gas- und Staubwolken des 4300 Lichtjahre entfernten Lagunennebels (M 8) fotografierte  Schnichels in Namibia. 

Der Mond erscheint tiefrot im Licht des durch die Erdatmosphäre in den Kernschatten hineingestreuten Sonnenlichts. Dabei ist seine Aufnahme so gestochen scharf , dass man unwillkürlich auf die Bildschirmlupe klickt und in den Kratern und Berghängen nach möglichen Hinterlassenschaften der Mondflüge suchen möchte.

Doch Schnichels wäre kein Astrofotograf, wenn er nicht darauf hinweisen würde, dass die hellen Punkte im Bild keineswegs Bildfehler seien, sondern trotz der vergleichsweise kurzen Belichtungszeit schwache Sterne zeigten, die mit dem bloßen Auge nicht sichtbar seien. Der Hellste von ihnen, oben rechts am Mondrand, sei übrigens der Stern SAO 97570.

Totale_Mondfinsternis_Euskirchen_Schnichels

Die totale Mondfinsternis bannte er am 21. Januar dieses Jahres in Euskirchen auf den Chip seiner Nikon. 

Schnichels, von Beruf Diplom-Verwaltungswirt und Personalabteilungsleiter der Stadt Euskirchen, hat sich seit 1985 diesem Hobby verschrieben. Damals, als er sein Einsteiger-Teleskop gegen ein richtiges Newton-Teleskop austauschte, schoss er sein erstes Astrofoto. Seit 2006 hat er sich mit viel technischem und handwerklichem Geschick eine kleine Sternwarte eingerichtet, in der er nachts das Rolldach öffnet, um seine Teleskope computergesteuert auf ferne Sterne und Galaxien auszurichten.

Astrofotograf seit Kindheit begeistert

Seine Begeisterung für den Sternenhimmel wurzelt in einem Kindheitserlebnis: 1976 verbrachte er als Neunjähriger seine Sommerferien auf dem Bauernhof seiner Großeltern in Frohngau. Als er in dem Jahrhundertsommer eines Nachts nicht habe schlafen können, sei er noch einmal auf den Hof gegangen. In dieser Nacht habe er zum ersten Mal in seinem Leben den mit Sternen übersäten Himmel über der Eifel so richtig wahrgenommen. Völlig fasziniert davon, habe er seine Großmutter am Morgen mit Fragen überhäuft, die diese so gut wie möglich zu beantworten versuchte. Im Bücherschrank der Großeltern habe er das Buch „Weltall und Urwelt“ gefunden, in dem er weitere Antworten fand. Das Buch bildete den Grundstock seiner eigenen Fachbibliothek, die heute mehr als 100 astronomische Druckwerke umfasst.

Kopie von Galaxie_(M_83) Schnichels

Deutlich weiter entfernt ist mit 15 Millionen Lichtjahren die Südliche Feuerrad-Galaxie (M 83), die er ebenfalls in Namibia ablichtete.

Zunächst mit dem Fernglas des Vaters, Anfang der 80er-Jahre dann mit dem selbstersparten, wackeligen Einsteigerfernrohr begann er, den Sternenhimmel zu erkunden und zu studieren.

Diese Leidenschaft hat ihn bis heute nicht losgelassen. Nicht ohne Stolz führt er die technische Ausstattung seiner kleinen Sternwarte vor. Die ist nicht „von der Stange gekauft“. Für den auf einer selbstgegossenen, schwingungsgedämpften Säule montierten Triplet-Apochromaten (ein Linsenteleskop) mit 130-Millimeter-Öffnung und 780 Millimetern Brennweite, den er 2004 in den USA kaufte, musste er 15 Monate warten. Daneben hat er einen lichtstarken Takahashi-Apochromaten aus Japan, mit dem er bei einer Öffnung von 106 Millimetern und einer Brennweite von 530 Millimetern die meisten Fotos schießt.

Schnichels bewegt sich im Grenzbereich dessen, was Fotografie leisten kann. Das wird ersichtlich, wenn er seine Galaxien ins Visier nimmt. Computergesteuerte Elektromotoren richten das Teleskop auf das gewünschte Ziel aus und gleichen die Erdrotation aus. Manchmal über Stunden oder gar Nächte hinweg bannt er die Aufnahmen auf den bis auf minus 50 Grad herabgekühlten Chip der CCD-Kamera. Manchmal sind es 30 oder mehr Aufnahmen eines Objekts, die er später im Rechner miteinander „verheiratet“.

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„Ich will eine Galaxie so zeigen, als stünde man direkt vor ihr.“ Kein einfaches Unterfangen, denn Informationen über die Farben der von ihm fotografierten Objekte liefern nicht etwa seine Teleskope. Die kommen vom astronomischen Datenzentrum in Straßburg.

Die Recherchen sind für ihn nicht minder spannend. „Ich möchte nicht nur schöne Bilder machen, mich interessiert auch die Physik, die hinter dem steckt, was ich fotografiere.“ Erst nach der Bearbeitung in seinen Computerprogrammen zeigen sich die gigantischen Gas- und Staubwolken des 4300 Lichtjahre entfernten Lagunennebels in ihrer roten Farbenpracht. Eben so, als stünde man direkt davor.

„Heute“, so Schnichels, „gelingen den Amateuren Fotos, die vor 20 Jahren noch den Profis mit ihren riesigen Teleskopen vorbehalten waren.“ Wobei die Profis gerne auf die Arbeit engagierter Amateure rund um den Globus zurückgriffen. Denn den Profis fehle einfach die Zeit, bestimmte Sterne so intensiv zu untersuchen. Außerdem könnten gerade die Amateure sehr schnell reagieren, wenn etwa ein Stern explodiere.

Einen Traum teilt Schnichels mit unzähligen seiner Kollegen. Er würde gerne miterleben und fotografieren, wie in unserer Milchstraße eine Supernova entsteht. Die letzte Entstehung einer Supernova habe sich 1987 in der 160 000 Lichtjahre entfernten Großen Magellanschen Wolke abgespielt. In der Milchstraße ereigne sich das alle paar hundert Jahre. Die Chancen stehen für Schnichels nicht einmal schlecht: Zum letzten Mal geschah dies 1604.

www.starlightphoto.de

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