Kreis EuskirchenCDU-Fraktionschef Josef Reidt tritt ab

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Dass die Zukunft des Schleidener Krankenhauses gesichert wurde, erfülle ihn mit Freude, sagt Josef Reidt.

Dass die Zukunft des Schleidener Krankenhauses gesichert wurde, erfülle ihn mit Freude, sagt Josef Reidt.

Kreis Euskirchen – Seine Wahl fällt auf das Krankenhaus in Schleiden. Die Redaktion hat Josef Reidt den Treffpunkt für das Gespräch aussuchen lassen. Es soll aber bitteschön ein Ort sein, der ihm während seiner politischen Laufbahn ans Herz gewachsen ist.

„Als ich 1974 in den Kreistag kam, bin ich auch in das Kuratorium des Krankenhauses gekommen“, begründet der Bronsfelder seine Wahl. Zum Ende des Jahres ist Reidt als Chef der CDU-Kreistagsfraktion abgetreten – nach gut 27 Jahren im Amt.

Überraschendes hält er bereit

Kaum einer hat die Politik im Kreis in den vergangenen Jahrzehnten derart mitgeprägt, kaum einer hat die Höhen und Tiefen der Kommunalpolitik so hautnah erlebt – und kann diese Ereignisse in so ruhigem Ton, aber dennoch spannend erzählen. Auch Überraschendes hält er bereit.

So etwa, als das Gespräch auf die Kreistagswahl 2009 kommt. Sie hätte Reidt um ein Haar das Ende seiner politischen Karriere bereitet. „Josef, was machen wir denn ohne Dich?“– der Ausruf der damaligen CDU-Kreistagsabgeordneten Thea Hutter machte die Runde. Für einige Stunden war Reidt draußen. Spät am Abend hieß es dann: Reidt ist drin – ganz knapp, über ein Ausgleichsmandat.

Sein Wahlkreis galt als sicher

Dass Reidt überhaupt einmal auf einen Reservelistenplatz angewiesen sein würde, war so nicht vorgesehen. Sein Schleidener Wahlkreis galt als sicher, doch 2009 war er nicht in „seinem“ Wahlkreis nominiert, sondern in dem, in dem FDP-Kandidat Markus Herbrand serienmäßig die Direktmandate holte – auch dieses Mal, gegen Reidt. Die CDU hatte ihn schlicht falsch aufgestellt – aus Versehen, hieß es.

Doch nun, acht Jahre später, überrascht Reidt mit der Aussage: „Ich glaube nicht an solche Zufalle.“ Das klingt nach Intrige. Denkt er etwa, dass ihn jemand vorsätzlich in den anderen Wahlkreis „versetzt“ hat? Wenn ja, wer? Ein Fraktionsmitglied? „Ausgeschlossen“, antwortet Reidt. Jemand aus dem Parteivorstand? „Das bleibt ja dann nur übrig“, entgegnet er: „Ich habe aber keine Beweise. Außerdem hätte ich selbst ja besser aufpassen müssen.“

Laute Töne sind nicht sien Ding

Der 70-Jährige lächelt vielsagend. Laute Töne sind nicht sein Ding, obwohl er sie bei anderen zu schätzen weiß. „Ich habe Peter Milz und Werner Schumacher immer bewundert“, erinnert er an die früheren CDU-Urgesteine, die in Nullkommanix ganze Dorfsäle wahlweise mitreißen oder gegen sich aufbringen konnten. „Die haben polarisiert“, so Reidt: „Die hatten aber auch immer absolute Mehrheiten.“

Dass Reidt mal aus dem Sattel geht, kommt eher selten vor. Die Bad Münstereifeler Christdemokraten können sich rühmen, das geschafft zu haben, als sie mitten in der Legislaturperiode 2009 bis 2014 von der Kreistagsfraktion forderten, die große Koalition zu beenden. „Das hat mich aufgeregt“, gesteht Reidt: „Wir hätten uns doch völlig unglaubwürdig gemacht.“ Genau das machte er den Freunden dann beim Parteitag auch klar. Seitdem ist das Thema vom Tisch.

„Eine heftige politische Niederlage“

Die Listengemeinschaft mit der SPD, 2009 erstmals geschlossen und 2014 verlängert, habe sich bewährt, sagt Reidt. Kreisparteichef Detlef Seif hätte sich lieber mit der FDP verbündet, doch dafür war Reidt nicht zu haben.

Mit den Liberalen habe er so seine Erfahrungen gemacht: 1993, als die FDP gegen die CDU ihren Parteifreund und damaligen Euskirchener Beigeordneten Dr. Ingo Wolf zum Oberkreisdirektor machte. Dazu hatten sich die Liberalen mit SPD und Grünen zusammengetan. Zusammen hatten sie eine Stimme Mehrheit. Reidt bezweifelt aber, dass damals in geheimer Wahl fraktionsscharf abgestimmt wurde: „Ich glaube, dass einige CDU-Leute Dr. Ingo Wolf gewählt haben.“ Das hieße aber auch, dass aus dem anderen Lager Stimmen für den CDU-Kandidaten Leyendecker gekommen sein mussten. Für Reidt war die Wahl Wolfs jedenfalls „eine heftige politische Niederlage“, das „FDP-Trauma“ gab’s obendrein. Lange ist’s her, aber nicht vergessen. Auf der Habenseite seiner Amtszeit verbucht Reidt die „Erfolgsstory“ Konversion Vogelsang: „Wir hätten aber keine Mittel aus Brüssel oder Düsseldorf dafür bekommen, wenn nicht die Furcht davor gewesen wäre, dass in den Ruinen dort oben eine Pilgerstätte der Braunen hätte entstehen können.“

Dass sich die Kreiskrankenhaus GmbH, deren Verwaltungsratschef er ist, zu einem gesunden Konzern entwickelt habe – und nach der Fusion auch die Zukunft des Hospitals in Schleiden gesichert wurde, erfülle ihn mit Freude. So nennt er den verstorbenen Kreiskrankenhaus-Geschäftsführer Dr. Hans Rossels auch als einen der drei Weggefährten, denen er Dank schulde. Die beiden anderen seien CDU-Kreisfraktionsgeschäftsführer Bernd Kolvenbach und Manfred Poth, der Allgemeine Vertreter des Landrats. Über mangelnde Loyalität könne er ohnehin nicht klagen. „Es gab niemanden unter den Jüngeren in der Partei, der an meinem Stuhl gesägt hätte“, stellt er fast ein bisschen verwundert fest und fügt mit einem Lächeln hinzu: „Das war bei uns früher anders. Wir wollten schon neue Wege gehen, damals.“

Ein langer Weg liegt hinter Reidt: von den zum Teil heftigen politischen Diskussionen mit dem Vater, einem CDU-Ratsmitglied in Bronsfeld, bis hin zum Fraktionschef der stärksten Partei im Kreis. Den Posten möchten nun seine beiden Stellvertreter – Ute Stolz (Kall) und Günter Weber (Euskirchen) – übernehmen. „Ich habe meine Wahl getroffen, werde es aber nicht öffentlich sagen“, ahnt Reidt die Frage voraus.

Er wird es beobachten aus dem politischen Abklingbecken eines einfachen Kreistagssitzes heraus – bis zum Ende der Legislaturperiode 2020. „Dann“, so Josef Reidt, „ist aber endgültig Schluss.“

Josef Reidt über Landrat Rosenke

„Anfangs war unser Verhältnis gut“, sagt Josef Reidt über Günter Rosenke. Als Reidt nach dem Tod seines Vorgängers Werner Schumacher 1990 das Amt des CDU-Fraktionsvorsitzenden im Kreistag übernahm, war Rosenke Geschäftsführer der Fraktion. „Da hat er gute Arbeit geleistet“, so Reidt. Anders als Schumacher habe er der Fraktion und deren Geschäftsführer mehr Freiheiten gelassen: „Ich habe einen anderen Führungsstil eingeführt.“ Zum Bruch mit Rosenke sei es im Vorfeld der Landratswahl 2015 gekommen, als Rosenke erneut kandidierte. Reidt wirft Rosenke „Wortbruch“ vor. Rosenke habe nämlich 2009 in einem Gespräch zugesagt, 2015 nicht mehr anzutreten.

Erst daraufhin habe die CDU 2009 beschlossen, nicht gegen Rosenke, der kurz zuvor aus der CDU ausgetreten war, Wahlkampf zu führen. Rosenke bestreitet, dass es eine solche Zusage gegeben hat. (sch)

Josef Reidt über Clemens Pick

Dass der damalige Landtagsabgeordnete Clemens Pick 2009 mitten im Wahlkampf seine Landratskandidatur und den Posten als CDU-Kreischef hinwarf, kann Reidt auch heute noch nicht nachvollziehen.

„Er hatte doch damit rechnen müssen, dass Rosenke, nachdem er gegen Pick bei der Aufstellung zum Landratskandidaten verloren hatte, als parteiloser Kandidat antreten würde“, so Reidt: „Damit hat Clemens Pick die Partei ins Chaos gestürzt.“ Nach dem spektakulären Rücktritt Picks ging es in der CDU im Kommunalwahljahr 2009 hoch her.

„Das war teilweise peinlich“, erinnert sich Reidt an die ziemlich hilflos wirkende und letztlich erfolglose Suche nach einem neuen Landratskandidaten. Seitdem stellt die CDU im „schwarzen“ Kreis nicht mehr den Landrat – ein Zustand, der sich 2020 ändern sollte, so Reidt. (sch)

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