Schutz für Eifel-WälderFörster Wohlleben wird mit Forderung zum Medienstar

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Peter_Wohlleben

Nicht nur der Wald, sondern auch die Bühne scheint mittlerweile sein Zuhause zu sein: Seit Januar läuft ein Film über Peter Wohlleben und seine Wald-Thesen im Kino.

  • Seit Verfilmung seines Buches „Das geheime Leben der Bäume“ ist die Bekanntheit von Peter Wohlleben rasant gestiegen.
  • Der Förster aus Bad Münstereifel ist auch Podcaster, Waldführer, Naturschützer und Waldhüter.
  • Wir treffen Wohlleben in der Waldakademie in Wershofen.

Hümmel – Der Terminkalender von Peter Wohlleben ist voll. Nach der Anfrage dieser Zeitung Mitte Juli schlägt seine Frau Miriam einen Termin vor, der noch gut drei Wochen in der Zukunft liegt. Kein Wunder, denn Wohlleben ist sehr gefragt. Erst im August öffnet sich ein einstündiges Zeitfenster.

Peter Wohlleben ist gelernter Förster. Doch inzwischen glänzt er auch als Autor und in der Hauptrolle der Verfilmung seines bislang erfolgreichsten Buches „Das geheime Leben der Bäume“, das vor fünf Jahren erschien. Aus dem Förster ist ein Medienstar geworden. Das Spannende an dem, was er gerade erlebe, seien die Menschen, die er treffe, sagt er. Um für ihn interessant zu sein, müssten sie nicht berühmt sein, sondern „was auf dem Kasten haben“.

Digitaler Förster macht sich für Wald stark

Der Mann, der in Hümmel (Rheinland-Pfalz) am Rand des Bad Münstereifeler Stadtgebiets lebt, ist auch Podcaster, Waldführer, Naturschützer und Waldhüter, wie er berichtet. Auf Facebook lädt er beinahe täglich ein Video hoch, in dem er Fragen über den Wald und Bäume beantwortet und sich zu Themen wie kranken Laubbäumen, der Forstwirtschaft und der Holzkohle äußert. Klar, dass er auch bei Instagram aktiv ist.

Auf der Straße angesprochen werde er in der Eifel-Gemeinde nicht, als Autor werde man von den Leuten eher mit dem Namen als mit Bildern verknüpft. Für den Dokumentarfilm habe ihn ein Kamerateam anderthalb Jahre beinahe jede Woche begleitet. Als „dokumentarische Entdeckungsreise zu den letzten Geheimnissen vor unserer Haustür mit spektakulären Naturfilm-Sequenzen und ungesehenen Wald-Bildern“ preist die Produktionsfirma Constantin Film den Streifen an. Der 56-Jährige hat 100 Minuten Zeit, seine Sicht auf den Wald zu vermitteln.

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Wir treffen ihn in der Waldakademie in Wershofen, die Wohlleben mit seinem Sohn Tobias (26) Ende 2016 gegründet hat. Im Privathaus in Hümmel ist das Treffen nicht möglich. Das Privatleben bleibe Privatleben, sagt seine Frau.

Der Junior begann ein Geografie-Studium und ist jetzt Geschäftsführer der Akademie. Zurzeit wird sie dank der Einnahmen durch Bücher und Film zu einem Campus ausgebaut. Sein Vater arbeitet dort, wenn er denn mal Zeit hat.

Das Gebäude der Akademie ist sehr modern und minimalistisch eingerichtet. Im Inneren fällt sofort das viele Holz ins Auge: Holzregale, in denen Wohllebens Bücher und Magazine stehen, Holzschreibtische, eine Holzküche, eine Holztreppe und der Holzboden – umrahmt von weißen Wänden mit großflächigen Waldbildern. Das ist auf den ersten Blick überraschend. Denn Wohlleben kritisiert in seinen Büchern die Kahlschläge der Holzindustrie. Die Förster, die seiner Meinung nach durch wirtschaftliche Interessen mehr gegen den Wald als für ihn arbeiten, nennt er Holzproduzenten: „Da muss man ehrlich sein. Förster wollen Holz produzieren. Das ist nicht gut für die Umwelt.“ Das ist für ihn kein Widerspruch: „Es ist legitim, Holz zu nutzen.“

Holz nachhaltiger als Rohstoff nutzen

Er ist allerdings der Überzeugung, dass man davon wegkommen müsse, etwa 60 Millionen Kubikmeter Holz aus dem In- und Ausland pro Jahr in Deutschland für Strom und Heizung zu verbrennen. Täte man das nicht, ginge es den Wäldern besser. Die 60 Millionen Kubikmeter seien genau die Menge, die im Jahr in Deutschland zu verschiedensten Zwecken abgeholzt werde. Der Nutzungsdruck auf die Wälder in Deutschland müsse erheblich heruntergefahren werden. Holz müsse nachhaltig genutzt und Ökosysteme in Takt gehalten werden, um die Chance zu haben, Bäume großflächig zu erhalten.

Der Strom in der Waldakademie werde etwa durch Solarenergie gewonnen, so der Mann aus Hümmel: „Die Forstwirtschaft hat die Wälder so ramponiert, dass sie den Temperaturwechsel nicht mehr aushalten.“ Das sei auch die Ursache dafür, dass die Wälder für den Klimawandel nicht mehr gewappnet seien.

Clevere Bäume

Das Wissen über den Wald, die Bäume und das Ökosystem hat Wohlleben nach eigenem Bekunden aus seiner eigenen Erfahrung als Förster gewonnen. Seit er 23 Jahre alt ist, übt er diesen Beruf aus. In Wershofen ist Peter Wohlleben stellvertretender Revierleiter für etwa 400 Hektar Wald, der zum Großteil nicht mehr herkömmlich bewirtschaftet wird. Viel Wissen stamme auch aus Gesprächen mit Wissenschaftlern, Studien und der eigenen Forschung in der Waldakademie.

In seinen Thesen, die sowohl im Buch als auch im Film vorkommen, geht es immer um den Baum als außergewöhnliches Lebewesen, das solidarischer und sozialer ist, als wohl viele gedacht hätten.

Bäume, die miteinander kommunizieren, sich gegenseitig vor Feinden warnen und um ihren Nachwuchs kümmern. „In einem Dokumentarfilm kommen nie Quellen vor“, sagt er. Anders sei das in seinem Buch, in dem er jede seiner Thesen belege. (smh)

Durch schwere Maschinen sei der Boden derart beschädigt worden, dass die Wurzeln nicht mehr genug Wasser speichern könnten und die Bäume verdursteten. Über die Hälfte der Waldflächen sterbe in den nächsten Jahren hierzulande ab, sagt Wohlleben. Die konventionelle Forstwirtschaft könne die Bäume nicht mehr retten. Und der Klimawandel, den er nicht kleinreden wolle, sei dabei nur der Tropfen auf den heißen Stein. Mehr Urwälder müssten her. Wälder, die sich selbst versorgten, fordert er. Alte Wälder kühlten sich selbst „unglaublich gut“ runter, das wirke sich auch auf die Temperatur der umliegenden Flächen aus. „Zusätzlich regnet es mehr“, sagt Wohlleben. So etwa im Hambacher Forst, den er Hambacher Wald nennt. Seine Wunschvorstellung: 20 Prozent der Wälder in Deutschland sollten zu großflächigen Schutzgebieten erklärt werden, 80 Prozent so bewirtschaftet werden, dass sie den Schutzgebieten sehr ähnelten.

Googelt man Peter Wohlleben, erscheinen nach diversen Links zu persönlichen Seiten und Accounts auch kritische Artikel mit Rezensionen zum Film und Interviews mit Wissenschaftlern, die seine Thesen mehr für ein Märchen als für harte Fakten halten. Wohlleben diskutiert gerne mit der Gegenseite und hat auch schon Kritiker in die Waldakademie zum Gespräch geladen, wie er sagt. Er hätte dies auch vor Publikum getan, doch das hätten seine Gäste nicht gewollt.

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