Thalhof in Zülpich-NiederelvenichFlut machte aus der Hof- eine Schicksalsgemeinschaft

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Der Thalhof ist zu einem Stück Heimat geworden: Carola und Josef Evers vor einem der zerstörten Tiny-Häuser. 

Zülpich-Niederelvenich – Die verwunschen-idyllische Lage in einer Niederung am östlichen Ortsrand von Niederelvenich wurde den Bewohnern des Thalhofes während der Überflutung zum Verhängnis: Die Wassermassen, die sich nach dem Starkregen ihre Wege suchten, füllten die Senke, in der der alte Hof steht. In nur wenigen Stunden stand das gesamte Anwesen unter Wasser.

Die reißende Flut machte aus der Hof- eine Schicksalsgemeinschaft: Die 13 Frauen, Männer und Kinder verloren größtenteils ihr gesamtes Hab und Gut und stehen vor dem Nichts. Die meisten sind künstlerisch und freiberuflich tätig. Werkstätten, Instrumente, Theaterkulissen und vieles mehr wurden komplett zerstört. „Für alle Thalhöfer ist der materielle Schaden immens, der emotionale schwer ermesslich“, heißt es seitens der Gemeinschaft.

Flügel aus dem Jahr 1890 zerstört

„Rund 30 Stunden lang wurde hier mit sieben Pumpen gearbeitet“, erzählt Musiker Terry Truck, der mit Mela Tschanter im Haupthaus des Thalhofs lebt und arbeitet. Erst als die Wassermassen weg waren, konnten die Bewohner das wahre Ausmaß der Schäden erkennen: Trucks Musikstudio beispielsweise wurde komplett zerstört. Einschließlich seines Steinweg-Flügels aus dem Jahr 1890, der ihn beinahe seine gesamte Künstlerkarriere hindurch begleitet hat. „Wegwerfen kann ich es nicht, auch wenn es nur noch Schrott ist“, so der Pianist, der an der Seite von Georgette Dee zu internationaler Bekanntheit kam.

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Der Thalhof  in Niederelvenich versank förmlich in den Fluten des Rotbachs. 

Auch für Josef und Carola Evers ist der Thalhof zu einem Stück Heimat geworden. Ihre erstklassig gebauten Tiny-Häuser sind komplett zerstört worden. „Corona hat uns schon hart zugesetzt, aber das jetzt...“, sagt der selbstständige Trauerredner und fügt an: „Von einem Tag auf den anderen ist die vertraute Gegenwart Geschichte geworden.“ Versicherungen werden für die Thalhof-Bewohner nur bedingt einspringen.

Crowdfunding

Um den Wiederaufbau des Wohn-, Arbeits- und Lebensraums Thalhof zu ermöglichen, wurde eine Crowdfunding-Aktion gestartet, mit der mindestens 75 000 Euro zusammenkommen sollen. Auch der Verein FairZülpich beteiligt sich an der Spenden-Sammelaktion. (hn)

www.betterplace.me/hochwasser-schaeden-wiederaufbau-des-thalhofs

„Die Elementarversicherung hat man uns vor Jahren gekündigt, denn offiziell ist das hier Überflutungsgebiet – auch wenn es das so noch nie gegeben hat“, sagt Mela Tschanter. Auch eine Familie mit zwei kleinen Kindern, die gerade erst eingezogen ist, steht vor dem Nichts. Ihre Wohnung als auch die Bogenbauwerkstatt von Familienvater Matthias Klein wurde bis unters Dach vom Rotbach durchflossen. Alles ist kaputt gegangen.

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„Als Gemeinschaft schweißt uns dieses Ereignis noch mal sehr zusammen“, sagt Mela Tschanter. Das erst sechs Monate alte Tiny House, das sie an Feriengäste vermietet hat, wurde von den Wasser- und Schlammmassen auf die Seite gekippt. „Ich weiß noch nicht, wie wir es wieder aufrichten können.“

Experte macht wenig Hoffnung

Ein erster Blick eines Sachverständigen am Mittwochnachmittag war für die Thalhof-Gemeinschaft eher ernüchternd: Putz, sämtliche Türen, Fenster, selbst Steinböden – alles muss raus und erneuert werden. Neben Handwerkern unterschiedlichster Gewerke braucht man auf dem Thalhof nun dringend zahlreiche Bautrockner, um Folgeschäden zu vermeiden.

„Schritt für Schritt, einen Fuß vor den anderen“, so laute die Devise, sagt Terry Truck: „Irgendwie wird es weiter gehen.“ Selbst der Premiere des neuen Programms in der nächsten Woche sieht er optimistisch entgegen: „Eigentlich hätte ich jetzt zwei Wochen durchproben müssen. Aber ein altes Zirkuspferd wie ich schafft das auch so.“

Und am Ende, so hoffen zumindest alle, wird der Thalhof wieder der paradiesische Ort werden, der er für die Menschen dort einmal war. 

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