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Arbeitstag im PanoramabadSchwimmmeister Andreas Bolte passt in Engelskirchen auf

Lesezeit 5 Minuten

Schwimmmeister Bolte hat immer ein Auge auf die Becken.

Engelskirchen – Seit Mai ist das generalsanierte Panoramabad in Engelskirchen geöffnet. Es ist die erste „normalen Saison“ ohne Coronabeschränkungen seit der Wiedereröffnung nach den umfangreichen Arbeiten. Wir haben den Betriebsleiter und Schwimmmeister Andreas Bolte einen Arbeitstag lang begleitet.

Stille Liegen und ein Roboter-Kollege

7.51 Uhr: Noch ist es ganz still auf den Liegewiesen und auf der Rutsche. Das Becken strahlt himmelblau. „Das neue Bad ist so schön wie ein neues Badezimmer zu Hause! Es wurde aber auch Zeit, das alte Bad war mit 52 Jahren arg in die Jahre gekommen. Schnittverletzungen durch kaputte Fliesen gehören jetzt zum Glück der Vergangenheit an“, sagt Andreas Bolte.

Ein Roboter reinigt das Becken über Nacht.

Zusammen mit drei Kollegen hat er schon den modernen Tartanbelag der Wege mit dem Hochdruckreiniger abgespritzt. Der Boden entpuppte sich als schick, aber auch pflegeintensiv. Jetzt macht der Betriebsleiter seinen Rundgang durch die Technik im vor den Besuchern verborgenen Untergrund des Bades, prüft den Chlorgasvorrat die Zählerstände, spült die dicken Filter, die innerhalb von zweieinhalb Stunden das komplette Wasser reinigen. „Am Wasserverbrauch kann ich erkennen, ob irgendwo ein Leck ist“, sagt er.

Oben im Becken wartet im Wasser Boltes „bester Kollege“: Ein schwerer Roboter, der über Nacht Bahn für Bahn den Boden absaugt. „Er ist nie krank!“, scherzt der Schwimmmeister. „Wir lassen ihn am Abend bei Startblock eins ins Wasser und morgens wartet er brav auf dem Grund bei Startblock sechs, dass wir ihn wieder rausholen.“ Früher musste die Reinigung per Hand mit Ziehstangen gemacht werden.

Gespräche mit den Stammgästen

10 Uhr: Kaum öffnet das Bad für Besucher und Besucherinnen, ist Gerda Pahnke da. Seit 1964 schwimmt die heute 84-Jährige hier täglich eine halbe Stunde, seit 55 Jahren kauft sie alljährlich eine Saisonkarte. Ein Schwatz mit Bolte, der seit 1996 hier arbeitet, gehört dazu: Beide reden über legendäre Frühstücke mit Lachs und Ei – und „mit sogenannten Herztropfen zum Aufwärmen an Startblock zwei“, zwinkert die alte Dame.

Ein Plausch mit Stammgästen ist drin.

An Zeiten, als draußen Schnee lag, von den Duschen Eiszapfen herab hingen und das Wasser trotzdem 24 Grad warm war erinnert der Schwimmmeister. „Damals kostete das Heizöl sechs Pfennig.“ Heute wird auf allen Dachflächen mittels Photothermie Energie erzeugt, „die Knackpunkte sind witterungsbedingt vor allem im Mai und September. Da wünschen wir uns an Stelle der nicht mehr zeitgemäßen eine Stützheizung durch Wärmepumpen.“

„Der persönliche Empfang ist einfach sehr wichtig“

10.58 Uhr: An der Kasse wartet Familie Stern mit den Kindern Noah, Joel und Julian auf ihre Quittungen. Sie sind zum ersten Mal hier seit dem Umbau des Bades und sind gespannt, wie es geworden ist. „Viel Spaß!“, wünscht Rita Römer freundlich. Sie ist eine der Ehrenamtlichen des Fördervereins, die im Schichtbetrieb am Empfang sitzen, und gibt alles über einen Touchscreen ins neue digitale Kassensystem ein. Vom anfangs geplanten komplett automatisierte Betrieb sei man schnell wieder abgerückt.

„Manche Besucher sind überfordert. Nur die Besitzer von Saison- und Zehnerkarten scannen ihren Barcode selbst“, erzählt Bolte. „Der persönliche Empfang ist einfach sehr wichtig“, findet er, „wir sind ja ein Familienbad. Unsere Ehrenamtler sind die guten Seelen des Schwimmbads“ – die sich über weitere Unterstützung freuen würden, ergänzt Römer.

Keine Zeit fürs Mittagessen

13.02 Uhr: Das Bad füllt sich. Bolte hat Aufsicht, mal am Beckenrand, mal vom Turm aus. Die Nichtschwimmer im Blick behalten, Jugendliche ermahnen, dass immer nur einer ins Wasser springen darf, „damit sie sich nicht den Hals brechen“, Insektenstiche verarzten.

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Zum Mittagessen kommt der Schwimmmeister nicht. „Wir können ja nicht weg, manchmal auch zehn oder zwölf Stunden nicht.“ Ein kleines Kabuff, wo man mal ein Ei kochen könne, sei sein „zweites Zuhause“, scherzt er. An ruhigen Tagen wie heute sind sie zu zweit. Wenn es – wie für Dienstag erwartet – heiß wird und über 2000 Besucher am Tag erwartet werden, zu viert oder zu fünft, einschließlich der Rettungsschwimmer.

Die Spielaktionen, die nächste Moonlightparty am 13. August mit bis 1000 ausgelassenen Gästen, das sind schon Herausforderungen. Und eine große Verantwortung. Zum Glück habe er, seit er 1984 als Schwimmmeister begonnen habe, noch nichts wirklich Schlimmes erlebt. Ältere Menschen, die es nicht mehr an den Beckenrand schaffen, Nichtschwimmer, die ins Tiefe geraten, allergische Schocks – „zum Glück sind wir immer rechtzeitig gekommen“, sagt der 54-Jährige.

Der Tag nähert sich dem Ende

15.10 Uhr: Es gibt ein Problem mit der Einlasstür. Bolte ruft den Service an, damit ein Techniker kommt. „Da war wohl Gewalteinwirkung im Spiel.“ Gleich werden seine Kollegen von der Spätschicht übernehmen, werden das Bad reinigen, wenn um 19.30 Uhr die letzten Besucher gegangen sind. Sommerurlaub? Kein Gedanke dran! Ein einziges Mal hat er es geschafft, im August an die Nordsee zu fahren – vor zwei Jahren, als wegen Corona das Bad geschlossen war.

15.30 Uhr: Ein letzter Blick zum Becken und über die Freiflächen. Feierabend. Bolte liebt es, „wenn alle glücklich sind, die Kollegen, die füreinander einspringen. Und das Lächeln in den Gesichtern der Besucher“, erzählt er auf dem Weg zum Parkplatz. Den besten Augenblick seines Arbeitstages allerdings verpasst er an diesem Tag. Den erlebt er nur, wenn er Spätschicht hat. „Abends, wenn alles still wird und sogar der Wasserspeier nicht mehr rauscht – das ist am schönsten! Dann bin ich froh, wenn alles gut gegangen ist. Wenn alle fröhlich nach Hause gegangen sind.“