Ein persönlicher Schicksalsschlag war 1995 Anlass zur Gründung des Vereins. Am Samstag gibt es ein Fest zum 30. Geburtstag.
SegensreichBergneustädter Verein „Patienten im Wachkoma“ wird 30

Einzigartig ist das Betreuungskonzept, das (v.r.) die Vereinsvorsitzende Mechthild Glunz mit Pflegedienstleiter Karl Heinz Andree und Verwaltungsleiterin Swetlana Fochtberger im Haus Ilona in Neuenothe umsetzt.
Copyright: Dennis Börsch
Manchmal ist es im Leben so, dass aus Schrecklichem etwas wächst, das sich für andere Menschen als segensreich erweist. Als 1994 Hildegard und Dietmar Baumhofs Tochter Ilona nach einer Operation ins Wachkoma fiel, war das für ihre Eltern ein grauenhafter Schicksalsschlag. Aber auch der erste Schritt in Richtung des Vereins „Patienten im Wachkoma“, der nun mit einem Fest sein 30-jähriges Bestehen feiert.
Ilona verstarb 1995, in dem Jahr, in dem das Ehepaar Baumhof zwischenzeitlich sein Haus in Neuenothe zu einer Pflegestation umgebaut hatte. Die Erkenntnisse und Erfahrungen der Familie führten dazu, dass sich mit Freunden, Unterstützern und Spendern im Februar 1995 „Patienten im Wachkoma“ als gemeinnütziger Verein gründete.
Warum Haus Ilona einzigartig ist
Vier Jahre später wurden die ersten Erkrankten im „Haus Ilona“ aufgenommen. Heute gibt es 32 Mitarbeiter, die derzeit sechs Menschen mit einer chronischen Bewusstseinsstörung pflegen und unter der Prämisse „Wir sind kein Heim – Wir bringen sie heim“ darauf vorbereiten, nach sechs bis neun Monaten in die häusliche Versorgung zu wechseln. Die Eheleute leben inzwischen nicht mehr. Dietmar Baumhof ist im Jahr 2012 verstorben, seine Frau Hildegard 2020.
Wie Vereinsvorsitzende Mechthild Glunz betont, ist der Begriff „Wachkoma“ zwar allgemeiner Sprachgebrauch, aber nicht für alle außerklinischen Intensivpatientinnen und -patienten in Haus Ilona zutreffend. „Einige Menschen, die wir betreuen, können Signale mit den Augen oder durch Nicken geben. Darum ist chronische Bewusstseinsstörung als Beschreibung des Krankheitsbildes angemessener“, stellt die Logopädin klar.
Wir sprechen mit den Erkrankten, sagen ihnen, was wir gerade für sie tun. Ein Über-den- Patienten-hinweg-Unterhalten gibt es bei uns nicht.
Haus Ilona, seit 2012 im Besitz des Vereins, ist einzigartig – im Umgang mit den Erkrankten, im Betriebsklima, das Geschäftsführer Karl Heinz Andree als „sehr familiär“ beschreibt, und in der Art, wie Angehörige eingebunden sind. Mechthild Glunz sagt: „Wir sprechen mit den Erkrankten, sagen ihnen, was wir gerade für sie tun. Ein Über-den- Patienten-hinweg-Unterhalten gibt es bei uns nicht.“ Andree berichtet davon, dass die Mitarbeitenden sich eng verbunden fühlen, miteinander, aber auch mit der Arbeit. „Natürlich sehen wir hier schlimme Schicksale, aber durch unseren derzeit sehr guten Personalschlüssel haben wir Zeit für die Patienten und weniger Druck. Auch der Austausch untereinander ist sehr vertrauensvoll.“
Angehörige können im Haus Quartier nehmen, werden in die Pflegemaßnahmen eingebunden. Ein Muss ist das aber nicht, erläutert Mechthild Glunz. Jedoch, um mit Pflegediensten später auf Augenhöhe sprechen zu können, seien diese Einblicke in die Pflege sehr hilfreich.
Sehr besonders ist auch das Angebot der Wassertherapie. Zweimal im Jahr gibt es die Möglichkeit für Erkrankte und Angehörige, 14 Tage in Bad Laer zu verbringen. „Die Zeit im warmen Wasser im abgedunkelten Schwimmbad, umgeben von Licht- und Klangstimulation, kann sich sehr wohltuend auswirken, entspannt Muskeln und ermöglicht es auch den Pflegenden, zur Ruhe zu kommen.“
Das Jubiläumsfest zum 30-jährigen Bestehen findet am Samstag, 14. Juni, ab 11 Uhr auf dem Vereinsgelände in Bergneustadt, Am Heshahn 4, statt. Informationen rund um und Kontakt zum Verein gibt es auch im Internet.