AboAbonnieren

GroßtauschtagIn Bergneustadt hatten die Sammler besondere Briefmarken im Visier

Lesezeit 3 Minuten
Der Sammler Friedrich Dörre nimmt eine Briefmarke unter die Lupe.

Der Sammler Friedrich Dörre nahm die Briefmarken ganz genau unter die Lupe.

Beim großen Tauschtag des Bergneustädter Briefmarkensammlervereins konnten am Samstag Interessenten ihre Sammlungen begutachten lassen.

„Mit den Briefmarken, das ist so eine Mischung aus ,Bares für Rares’ und ,Indiana Jones’“, sagt Thilo Nagler und blättert aufmerksam ein Album durch. Manchmal nimmt er die Lupe zu Hilfe. Eine Frau möchte wissen möchte, ob das in steifes Kunstleder gebundene Erbstück vielleicht ungeahnte Kostbarkeiten enthält. „Manchmal ist tatsächlich ein echtes Überraschungsei dabei“, schmunzelt der Verbandsprüfer. „Aber man muss aufpassen, dass es sich nicht um eine gut gemachte Fälschung handelt.“

Beim großen Tauschtag des Bergneustädter Briefmarkensammlervereins konnten am Samstag Interessenten ihre Sammlungen begutachten lassen, den ganzen Vormittag lang wurde im Krawinkelsaal getauscht und gehandelt.

Mit den Briefmarken, das ist so eine Mischung aus „Bares für Rares“ und „Indiana Jones“.
Thilo Nagler, Experte im Verband philatelistischer Prüfer

Coronabedingt gab es drei Jahre dazu keine Gelegenheit, auch das 75-jährige Jubiläum des Vereins im vergangenen Jahr konnte nicht richtig gefeiert werden. Außer Briefmarken waren auch Münzen und Postkarten im Angebot, selbst Exotisches wie ein russischer Briefmarkenkalender, und dabei wurde natürlich heftig gefachsimpelt.

Die Erbin mit dem Sammelalbum hatte Pech – alles schön bunt, aber leider nicht viel wert, lautete das ernüchternde Urteil des Gutachters. Zu viele DDR-Marken, die damals inflationär gedruckt wurden, um Devisen in die Kassen zu spülen. Kein wertvoller Fehldruck dabei, auch keine Rarität, wie etwa die erste deutsche Briefmarke, die am 1. November 1849 als „Bayern Einser“ verkauft wurde. Kassenwart Friedrich Dörre kennt sich aus, er habe fast alle deutschen Briefmarken bis zur Gegenwart, meint er, für ihn sind sie ein Zeugnis deutscher Geschichte im Miniaturformat.

Noch immer ist Briefmarkensammeln ein männlich dominiertes Hobby

Im Alter von sechs Jahren entdeckte der heute 72-Jährige seine Leidenschaft für die bunten Papierchen, wie damals viele Jungen. „Es gab ja kein Fernsehen, kein Internet, kein Geld für Reisen“, erinnert sich der Bergneustädter. Da ließ sich über den säuberlich sortierten Marken von der großen, weiten Welt träumen. Heute sind die Jungs von damals gesetzte Herren, 28 Mitglieder zählt der Verein, der Vorsitzende Dieter Depner ist mit 62 Jahren einer der Jüngsten. Noch immer ist Briefmarkensammeln ein männlich dominiertes Hobby. „Leider ein aussterbendes, denn der Nachwuchs fehlt“, bedauert Depner. „Dabei gibt es so vielfältige Möglichkeiten, manche sammeln nach Ländern, andere nur Dinosaurier.“

Einige Sammler haben zu Hause ein ganzes Zimmer nur für Briefmarken. Wie schön für Manfred Kittel, als er die fehlende Schmalspurbahn-Marke beim Nachbarn entdeckt! Beim Betrachten der Schätze werden auch Erinnerungen wach. Wenn es früher hieß „Ich zeig dir meine Briefmarkensammlung“, dann war das oft genug ein Code für einen heimlichen Flirtversuch im Jugendzimmer.

Zwei Sammler betrachten ein Album mit Briefmarken.

Geschichtszeugnisse im Miniformat, das sind die Marken für (v.l.) Dieter Depner, und Manfred Kitte.

Manch einer träumt davon, eine Marke zu ergattern, die Audrey Hepburn mit Zigarillo zeigt. „Die Auflage wurde eingestampft, weil die Schauspielerin an Lungenkrebs starb“, erzählt Depner. „Aber es soll weltweit noch acht Stück davon geben, eine davon in Bergisch Gladbach. Dafür wurden 130 000 Euro plus Aufpreis gezahlt“, glaubt er zu wissen.

Auch wenn heute meist per schnödem Aufkleber oder Stempel das Beförderungsentgelt für Briefe und Päckchen bezahlt wird – jedes Jahr gebe die Post noch immer „echte“ Briefmarken mit 50 bis 60 verschiedenen Motiven heraus, weiß Dörre. Ein Programmbeirat entscheidet jeweils über die Motivvorschläge fürs übernächste Jahr.

Besonders innovationsfreudig sei der allerdings nicht, findet Verbandsprüfer Nagler: In der Schweiz gebe es Stoffbriefmarken, in Norwegen welche auf Fischhaut und in Österreich eine Corona-Briefmarke, die auf Klopapier gedruckt wurde. Die waren allerdings im Krawinkelsaal diesmal nicht mit dabei.