Der Fahrgast Nummer 100Engelskirchener Bürgerbus bringt Senioren zum Impfzentrum

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Ein Geschenk vom Fahrer: Jürgen Simeth (r.) überreicht Jubiläumsgast Manfred Pauls eine Flasche Wein.

Ein Geschenk vom Fahrer: Jürgen Simeth (r.) überreicht Jubiläumsgast Manfred Pauls eine Flasche Wein.

Engelskirchen – Da schaute Manfred Pauls einigermaßen verdutzt, als ihm Bürgerbusfahrer Jürgen Simeth eine Flasche Wein als Geschenk überreichte. Dabei wollte der 80-Jährige doch nur zum Impfen gebracht werden. Sollte das eine Stärkung sein? „Nein“, lacht er, „ich hatte ja keine Ahnung, dass ich der 100ste Fahrgast bin, den der Engelskirchener Bürgerbus zum Impfzentrum bringt.“

Eigentlich, meint Pauls, müsste es umgekehrt sein: „Ich müsste dem Fahrer als Dankeschön etwas schenken.“ Pauls ist begeistert, denn der Bus hat ihn und seine Frau Helga direkt an der Haustür in Remerscheid abgeholt. „Ich wollte es erst gar nicht glauben, als ich von dem Service in der Zeitung las. Und dass der auch noch kostenlos ist“, erzählt sie. „Ruf doch mal da an, ob das wirklich stimmt“, habe sie zu ihrem Mann gesagt.

Täglich neue Anmeldungen

Zur Feier des Tages empfingen Geschäftsführer Josef Hess, der Vorsitzende Theo Boxberg und Fahrdienstleiter Klaus Moog am Samstag an der Bushaltestelle vor dem Impfzentrum den „Jubiläumsbus“ und seine vier Fahrgäste – außer dem Ehepaar Pauls noch zwei Frauen aus Hardt und Buschhausen. Die beiden haben ihren Impftermin zu anderen Uhrzeiten. „Das macht nichts“, beruhigt Simeth. „Bisher waren sie im Impfzentrum immer so freundlich und haben unsere Fahrgäste gleich hintereinander geimpft.“

Seit Mitte Februar bietet der Engelskirchener Bürgerbusverein seinen Service an, kurz vorher hatten schon die Waldbröler begonnen, die Nümbrechter folgten. „Zuerst musste geklärt werden, dass wir über die Gemeindegrenze fahren dürfen. Außerdem mussten wir uns unter anderem verpflichten, kein Geld zu nehmen und keine regulären Fahrten ausfallen zu lassen“, erklärt Hess. Das sei nur möglich, weil sie einen zweiten Bus angeschafft hätten. Täglich kommen neue Anmeldungen, bereits jetzt sind Termine für Juni und Juli gebucht. „Viele ältere Leute in den Außenorten wüssten gar nicht, wie sie sonst zum Impfzentrum nach Gummersbach kommen sollen.“

Bürgerbus macht auch andere Fahrten

Da kann ihm Manfred Pauls nur zustimmen. Der Schwiegersohn wohnt weiter weg. „Kinder und Enkel haben ja ihre eigenen Familien, und tagsüber müssen sie arbeiten“, ergänzt seine Frau. Die beiden haben zum ersten Mal den Bürgerbus genutzt. „Aber bestimmt nicht zum letzten Mal“, haben sich die beiden jetzt vorgenommen. Denn außer Impffahrten gibt es in Engelskirchen feste Strecken und der Bus fährt auch auf Anruf. Dann kostet jede Fahrt 1,90 Euro.

„Die Impffahrten sind für uns die beste Werbung“, freut sich Moog. Gern wären die 20 Fahrer selbst geimpft, gehören sie doch altersmäßig bis auf einen selbst der Risikogruppe an. Aber sie müssen warten, bis ihr Jahrgang an der Reihe ist.

Fahrer Jürgen Simeth begleitet die kleine Gruppe inzwischen bis ins Impfzentrum. Alle vier sind gut zu Fuß. Das ist nicht immer der Fall. Wer auf Rollator oder Rollstuhl angewiesen ist, sollte das schon bei der Anmeldung sagen, auch wer besondere Hilfe braucht. Dann schickt der Verein extra dafür jemanden mit. „Als unser Fahrer einmal einem Rollstuhlfahrer geholfen hat und etwas später zurückkam, hing am Bus ein Strafzettel“, entrüstet sich Hess.

Entschleunigung durch Wartezeiten

„Das haben wir als sehr restriktiv empfunden. Schließlich engagieren wir uns doch ehrenamtlich für die Gemeinschaft und helfen nur denen, die auf Unterstützung angewiesen sind.“ Als sie sich beim Gummersbacher Ordnungsamt beschwerten, wurde das Knöllchen zwar zurückgenommen. Ihnen wurde aber unmissverständlich klargemacht, dass ihr Bus dort nicht länger halten darf.

Manfred Pauls bekommt vom Fahrer noch eine Karte mit einer groß aufgedruckten Telefonnummer. Die soll er anrufen, wenn sie fertig sind. „Da hilft gegebenenfalls auch die Person an der Abmeldung“, weiß Simeth und parkt den Bus auf dem Steinmüllergelände. Für die Wartezeit, die auch mal zwei Stunden oder länger dauern kann, hat er ein Buch dabei. „Ich betrachte das als Entschleunigung“, schmunzelt er. „Hauptsache, ich liefere alle wieder sicher an ihrer Haustür ab.“

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